- Ausblick/Eurozone will in Washington mit einer Stimme sprechen - Der letzte Grund, 23.04.2001, 17:02
Ausblick/Eurozone will in Washington mit einer Stimme sprechen
Ausblick/Eurozone will in Washington mit einer Stimme sprechen
Die Einschätzung der Weltwirtschaft sowie die
Reformbemühungen des Internationalen Währungsfonds (IWF) und der Weltbank
stehen am Samstag im Mittelpunkt des Treffens der Finanzminister und
Notenbankgouverneure der G-7-Staaten in Washington. Bei der Frühjahrstagung
von IWF und Weltbank am Sonntag und Montag dürften diese Themen ebenfalls
eine Rolle spielen. Aus Sicht der Europäischen Union (EU) und ihrer großen
Mitgliedstaaten geht es erneut um das Bemühen einer einheitlichen
Positionierung bei wichtigen und teils strittigen Fragen, insbesondere
hinsichtlich der Währungspolitik und der internationalen Finanzstabilität.
Die Diskussion zur weltwirtschaftlich erwünschten Geld- und Finanzpolitik
hat der IWF schon eröffnet, auch mit Blick auf die EZB vor dem Hintergrund
der globalen Abschwächung. Horst Köhler, Geschäftsführender Direktor des
IWF, hatte Anfang April in Berlin seine Überzeugung zum Ausdruck gebracht,
dass eine Zinssenkung der EZB angebracht wäre. In dem am Freitag
veröffentlichten IWF-Bericht für die Eurozone wird erneut eine"moderate
Korrektur der Zinsen" empfohlen, zumal sie stabilitätspolitisch als
vertretbar erachtet wird.
Aus dem World Eoncomic Outlook (WEO) des IWF, der offiziell am Donnerstag
in Washington bei einer Pressekonferenz vom scheidenden IWF-Chefökonomen
Michael Mussa veröffentlicht wird, ist schon durchgesickert, dass der IWF
die BIP-Prognosen 2001/2002 für das Euroland auf 2,4/2,8 Prozent und für
Deutschland auf 1,9/2,6 Prozent zurückgenommen hat. Dies bringt den
Befürwortern einer schnellen EZB-Zinssenkung Auftrieb. Nach Überzeugung von
EZB-Präsident Wim Duisenberg wird das Wirtschaftswachstum 2001/2002 mit rund
2-1/2 Prozent sein Potenzial erreichen, das die EZB mit zwei bis 2-1/2
Prozent verschlagt. Deshalb sieht diese aktuell keinen Zinssenkungsbedarf,
zumal es noch Inflationsrisiken gebe.
EZB-Präsident Duisenberg und der Eurogruppe-Vorsitzende Didier Reynders,
die in der G-7-Runde die Geld- und Finanzpolitik der Eurozone vertreten
werden, haben in Malmö einen Konsens formuliert, um mit"einer Stimme" in
Washington aufzutreten, inklusive einem Euro-Wechselkurs-Statement mit dem
Bekenntnis für einen starken Euro. Das unterstrichen in Malmö auch
Bundesbankpräsident Ernst Welteke und BdF-Gouverneur Jean-Claude Trichet,
die nur in der zweiten G-7-Runde über Fragen der IWF-Politik teilnehmen
werden, aber im EZB-Rat für die Geldpolitik mitverantwortlich sind.
Dennoch gehen Beobachter davon aus, dass die aggressive
Fed-Zinssenkungspolitik der EZB vereinzelt doch vorgehalten werden wird.
Aber auch dazu hat Duisenberg in Malmö schon auf die Unterschiede in den
Rahmenbedingungungen und vor allem in der Strategie und im Mandat der
Geldpolitik zwischen Fed und EZB hingewiesen. Zudem wird die aggressive
Fed-Strategie auch mit Skepsis von einigen Beobachtern verfolgt: Wenn es ihr
gelänge, die Konjunktur wieder schnell in Schwung zu bringen, drohe erneut
eine Blasenbildung an den Märkten. Die erwünschte Korrektur der bestehenden
Ungleichgewichte (Leistungsbilanzdefizit etc) unterbliebe.
Japans Struktur- und Vertrauenskrise wird ebenso ein wichtiges G-7-Thema
sein wie die unterschiedlichen Fortschritte der Schwellenländer. Diese
stehen mit der US-Konjunkturschwäche, den hohen Ã-lpreisen und
innenpolitischen Unsicherheiten vor neuen bzw alten Herausforderungen.
Spätestens an diesem Punkt wird die WEO-Debatte in der G-7 zum zweiten
großen Thema der IWF-Frühjahrstagung überleiten (Sonntag: International
Monetary and Financial Committee/IMFC und am Montag Development Committee
der Weltbank) mit dem Fortschrittsbericht zu den Themen Konditionalität,
Umsetzung von Codes und Standards, Einbindung des Privatsektors in die
Krisenvermeidung bzw -bewältigung und Entschuldung der ärmsten
hochverschuldeten Entwicklungsländer (HIPC-Initiative).
Die Reformdiskussion für IWF und Weltbank mit der stärkeren Fokusierung
des IWF auf sein monetäres Mandat und mit dem Ziel"Krisenprävention vor
Krisenmanagement" wird auf dieser Frührjahrstagung an zwei konkreten Fällen
kritisch zu hinterfragen sein, sowohl am"Fall Türkei" wie auch am"Fall
Argentinien". Der IWF-Reformer Allan Meltzer macht keinen Hehl aus seiner
Wertung, die Türkei und Argentinien seien"keine Fälle für den IWF". So wird
hier sicher neue IWF-Hilfe über die G-7 befürwortet werden, denn die
Bankenkrise in der Türkei hat inzwischen zu einer monetären Krise geführt
und damit einen"Fall für den IWF" geschaffen.
Höchstens andiskutiert werden dürften die nicht auf der Agenda stehenden
Fragen zu Quoten und der Quotengewichtung im IWF. Diskutiert wurde bereits
die Überprüfung der Quotenformel mit dem Ziel Vereinfachung und Anpassung an
weltwirtschaftliche Veränderungen, möglichst noch vor der nächsten
IWF-Quotenüberprüfung 2003. Hierzu hat sich bereits die Bundesbank geäußert.
Sie bezeichnete es als nicht adäquat, die Krisenempfindlichkeit eines Landes
quotensteigernd zu berücksichtigen, weil damit wirtschaftspolitisches
Fehlverhalten belohnt würde; auch sollten Bevölkerungsindikatoren keinen
Eingang in die Quotenformel finden.
Die Koordinierung der IWF-Mitglieder der EU ist seit Jahren ein Thema.
Dies findet aber seine Grenzen in der IWF-Vereinbarung, nach der nur Staaten
und keine Währungsunionen oder Freihandelszonen Mitglieder sein können. Hier
zeigt sich, dass die EU-Integration bisher nur eine Währungsunion mit einer
zentralen und supranationalen Geldpolitik geschaffen hat, aber keine
Politische Union. Das heißt, die meisten Wirtschaftspolitiken bleiben in
nationaler Zuständigkeit. Dies wird auch darin deutlich, dass der IWF einen
einheitlichen Artikel-IV-Bericht zur Geld- und Wechselkurspolitik der
Euro-Ära veröffentlicht hat (aktuell 20.4.2001), aber nationale Berichte zur
Wirtschafts-, Finanz- und Sozialpolitik der Mitgliedstaaten der Eurozone.
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