- vwd Kommentar/Lässt die US-Rezession noch lange auf sich warten? - Der letzte Grund, 23.04.2001, 17:50
- der arme Schreibling hat wohl ein Brett vor dem Kopf... owt - YIHI, 23.04.2001, 18:15
vwd Kommentar/Lässt die US-Rezession noch lange auf sich warten?
vwd Kommentar/Lässt die US-Rezession noch lange auf sich warten?
Von vwd Readakteur Peter Trautmann
Washington (vwd) - Nachdem in der vergangenen Woche die US-Notenbank mit
ihrer überraschenden Zinssenkung für viel Diskussionsstoff hinsichtlich des
tatsächlichen Zustands der US-Wirtschaft gesorgt hat, wird die in dieser
Woche anstehende Veröffentlichung des Erstquartals-BIP für etwas mehr
Klarheit in dieser Frage sorgen können. Geht man nach den derzeit
kursierenden Konsensprognosen, wird das US-Handelsministerium am Freitag im
Rahmen seiner ersten Schätzung einen annualisierten BIP-Zuwachs von knapp
einem Prozent ausweisen.
Wenngleich also - noch? - nicht mit einer Kontraktion des
Wirtschaftsausstoßes gerechnet wird, köchelt die US-Konjunktur weiterhin auf
Sparflamme, nachdem im letzten Quartal 2000 das Wachstum noch genau ein
Prozent betragen hatte. Die meisten Analysten verweisen darauf, dass vor
allem der Konsum im ersten Quartal 2001 die tragende Stütze des US-Wachstums
gewesen sein dürfte. Von den übrigen Wachstumsfaktoren sollten dagegen
negative Impulse ausgegangen sein, allen voran von der Investitionstätigkeit
und den Lagerbeständen, deren Korrektur allerdings bereits als weit
fortgeschritten gesehen wird.
Optimisten wenden sogar ein, dass es durchaus eine Wachstumsüberraschung
geben könne, da der starke Rückgang der Importe im Februar (minus 4,4
Prozent) den einen oder anderen zehntel Prozentpunkt an zusätzlichem
BIP-Zuwachs bringen dürfte. Denn schließlich bedeuten weniger Ausgaben für
ausländische Güter, dass im Inland mehr Geld für Waren und Dienstleistungen
zur Verfügung gestanden hat. Wenn somit die USA im ersten Quartal relativ
deutlich an den Beginn einer Rezession, die ja"technisch" durch zwei
aufeinander folgende Quartale mit negativen Wachstumsraten definiert wird,
vorbei gekommen sind, stellen sich die Fragen, kommt es denn überhaupt noch
zu einer Rezession und wenn ja, wann.
Aufschluss über die weitere Konjunkturentwicklung sollten dabei die
Frühindikatoren geben, doch leider ist das Bild hier ähnlich verwirrend wie
zuletzt die Politik der US-Notenbank. Die beiden wichtigsten in den USA
miteinander konkurrierenden diesbezüglichen Indikatoren weisen nämlich nicht
unbedingt in die selbe Richtung. Während zurzeit der Index der
Frühindikatoren des viel beachteten Conference Board nicht auf eine
US-Rezession hindeutet ("Keine Rezession am Horizont", sagt das Institut)
und lediglich die Schlussfolgerung einer deutlichen Wachstumsverlangsamung
zulässt, zeigen die Frühindikatoren des weniger bekannten, aber genauso
kompetenten New Yorker Economic Cycle Research Institute (ECRI) in die
andere Richtung.
Dort nämlich lässt die Indikatorenentwicklung nur eine Schlussfolgerung
zu:"Eine Rezession kann nicht länger vermieden werden". Als sich das ECRI
das letzte Mal so schwarzseherisch gab, hatte man recht gehabt; das war vor
der US-Rezession 1990/91. Die Frühindikatoren des Conference Board waren
dagegen weniger prognosetauglich: Die Rezession 1990/91 wurde genauso wenig
antizipiert wie die Rezession von 1981/82.
Also möglicherweise doch eine Rezession, mit Beginn im laufenden zweiten
Quartal 2001? Hierfür könnte möglicherweise auch die überraschende
Zinssenkung der Fed vom vergangenen Mittwoch sprechen."Wenn es besser um
die US-Wirtschaft stehen würde, hätte die Fed dann die Zinsen erneut
zwischen zwei regulären Treffen des Offenmarktausschusses gesenkt?", fragten
sich nach diesem Schritt zahlreiche Beobachter und verwiesen dabei auch auf
die kurz zuvor noch von den US-Notenbankern geäußerte Abneigung gegen diese
Politik der"Intermeeting"-Zinsschritte.
Tatsächlich lässt sich aus der derzeitigen makroökonomischen Gemengelage
leicht ein Rezessionsszenario ableiten - so wie es auch in den Indikatoren
des ECRI zum Ausdruck kommt. Geht man davon aus, dass die Gewinnkorrekturen
vieler US-Unternehmen sich fortsetzen und entsprechend mit einem weiteren
Abbau der Arbeitsplätze reagiert wird, dann ist zunächst fraglich, ob sich
der Konsum noch lange robust zeigen wird; erste Schwächen sind bereits
auszumachen. Darüber hinaus dürfte die Investitionstätigkeit angesichts
anhaltender Überkapazitäten äußerst verhalten bleiben. Schließlich werden
auch die Exporte einer stärkeren Belastungsprobe ausgesetzt, wenn die
globale Abwärtstendenz weiter an Dynamik gewinnt.
All dies wird Wachstumspunkte kosten und gegebenenfalls eine Kontraktion
der Wirtschaft auslösen, die auch die Fed mit ihren zu späten Zinssenkungen
nicht mehr verhindern kann. Dies ist auch die Schlussfolgerung, die auch die
Aktienmärkte im Auge behalten sollten. Der in der vergangenen Woche
verzeichnete Kursaufschwung und der damit einhergehende Optimismus scheinen
verfrüht. Dass jetzt schon wieder von vielen Investoren der Aufschwung für
die zweite Jahreshälfte eingepreist wird ist riskant. Vielmehr ist es wohl
realistisch, von einer längeren konjunkturellen Durststrecke auszugehen.
<center>
<HR>
</center>

gesamter Thread: