- vwd Kommentar/Ruhige Zinshand der EZB zittert nicht - NEWS-SERVICE, 26.04.2001, 17:06
vwd Kommentar/Ruhige Zinshand der EZB zittert nicht
vwd Kommentar/Ruhige Zinshand der EZB zittert nicht
von vwd Korrespondent Christian Streckert
Die ruhige Zinshand der Europäischen Zentralbank (EZB) ist bei der
routinemäßigen Überprüfung der Geldpolitik am Donnerstag nicht ins Zittern
geraten. Die in Frankfurt versammelten Währungshüter des EZB-Rats
widersetzten sich erneut den lauten Rufen nach einer Lockerung der Zinsen
zur Ankurbelung der Konjunktur - und tat
Wim Duisenberg und die anderen Vertreter im EZB-Rat nicht müde werden zu
betonen, fühlt sich die EZB primär den beiden Säulen ihrer definierten
geldpolitischen Strategie verpflichtet und sieht sich eben nicht als
Institut zur aktiven Konjunktursteuerung.
Um keine Unklarheiten aufkommen zu lassen: Natürlich kann die EZB die
Zinsen zur Ankurbelung der Konjunktur senken - wenn dies ihrem EZB-Mandat
der Wahrung der Preisniveaustabilität nicht widerspricht. Doch genau die
zweite Säule der Strategie, die Inflation, führt bei der EZB zumindest noch
zu Stirnrunzeln. Erst am Mittwoch hatte EZB-Chefvolkswirt Otmar Issing
darauf hingewiesen, dass sich die Inflationsrate (HVPI) in der Eurozone auf
Grund von Sondereinflüssen zunächst noch über dem Referenzwert von zwei
Prozent bewegen wird, bevor sie dann zurückfallen wird. Issings Aussage
wurde nicht zuletzt durch die italienischen Verbraucherpreise und die
vorläufigen Verbraucherpreise aus den deutschen Bundesländern belegt.
Zwar ließe sich hier einwenden, dass die EZB auf die Sondereinflüsse -
namentlich die Nachwirkungen des Ã-lpreisanstiegs und höhere
Nahrungsmittelpreise nach BSE - ohnehin nicht einwirken kann und damit der
Weg für eine Zinssenkung dennoch frei ist. Doch die EZB betonte stets
ausdrücklich, dass sie sich nicht an der Kerninflationsrate, sondern am HVPI
orientiert. Und letzterer enthält nun einmal die Sondereffekte und damit
keinen"zinspolitischen Ausweg" für die EZB.
So zollten auch Bankvolkswirte der EZB für ihre Zinssentscheidung
durchweg Lob:"Die Zinskontinuität der EZB ist folgerichtig", hieß es. Wer
einmal eine Strategie definiert habe, müsse sich auch daran halten. Genau
dies tat die EZB. In den Geldhäusern jedenfalls wird nunmehr erst eine
Zinssenkung für den Verlauf des zweiten Halbjahrs erwartet. Problematisch
sei dabei jedoch, dass diese Zinslockerung bei unterstellter Erholung in den
USA dann zu spät komme und"voll in den Zyklus hinein" wirke.
Für eine Zinssenkung sind politischer Druck und vehement geäußerte
Forderungen aber generell nicht förderlich. Zu dieser verspäteten Einsicht
scheinen auch Politiker und Gewerkschaften gelangt zu sein, war doch im
Vorfeld der Zinsentscheidung ein merklich geringerer Druck auf die EZB zu
verzeichnen als noch zuvor. Daran änderte auch die Aufforderung des IWF an
die EZB nichts, die Zinsen zu senken. Zudem sprang der spanische
Regierungschef Jose Maria Aznar der EZB zur Seite und plädierte
ungewöhnlich deutlich dafür, bei der abwartenden zinspolitischen Linie in
der Eurozone zu bleiben.
Die EZB mag durch ihr erneute"Wait-and-see"-Haltung zwar keine neuen
Freunde unter Wirtschaftspolitikern und Gewerkschaftern gewonnen haben. Für
ihre Reputation als Zentralbank wird die strenge Ausrichtung der
Entscheidungen an der Preisniveaustabilität förderlich gewesen sein. Dem
Euro kann dies kurz vor der Bargeldeinführung nur gut tun. Apropos Euro:
Dieser profitierte von der EZB-Entscheidung und legte bis auf 0,9021 USD zu.
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