- Albrecht Pfeiffer schreibt wieder sehr treffend - Rebell, 01.05.2001, 20:54
Albrecht Pfeiffer schreibt wieder sehr treffend
was am Aktienmarkt früher so los war und wieder los ist
Es geht schon wieder aufwärts!
Diese freudige Erkenntnis ist die Philosophie eines Spatzen, der im Maul eines schwarzen Katers auf der Treppe nach oben transportiert wird. Passend dazu sind die Schlagzeilen aus dem Wirtschaftsteil unserer Weltpostille"Süddeutsche Zeitung" vom 25. April 2001: Hochtief sieht keine Ende der Baukrise, Continental schreibt Verluste in Nordamerika, Konjunkturdaten belasten Märkte, Immobiliengesellschaft Ravensberger pleite, Beiersdorf hüllt sich in Schwiegen, Motorola schließt Handy-Fabrik, AT&T mit Verlust, Harte Zeiten für Compaq, Werbeflaute belastet ProSieben, World Access pleite, Lucent meldet Milliardenverlust, Gewinneinbruch bei Infineon, Informix veräußert Datenbanken, Restrukturierung belastet Teles, EURO sinkt nach US-Daten, usw, usw.
Sehr beruhigend für unsere Aktienfreunde ist jedoch das Interview eines Berliner Professors in der gleichen Ausgabe mit der Feststellung:"Börsencrashs sind etwas ganz Normales." Natürlich sind wir von einem Börsencrash noch monate- oder sogar jahrelang entfernt, denn bei einem richtigen Crash gibt es kilometerlange Schlangen vor den Arbeitsämtern, Suppenküchen der Heilsarmee an jeder Straßenecke und in den Hotels werden Ankommende gefragt, ob sie das Zimmer im 22. Stock zum Schlafen oder zum Runterspringen benötigen.
Auch über die Dauer von Stagnationsphasen an den Aktienbörsen herrscht allgemein Unkenntnis nach dem Motto des Großkapitals: Eine Aufklärung des Publikums über das Börsenwesen ist weder notwendig noch erwünscht, denn das wäre äußerst geschäftsschädigend! Als 1896 ein gewisser Charles Dow auf die Idee kam, die Börsenkurse der 11 besten Aktien zu addieren und dann durch 11 zu teilen, erhielt er einen Börsenindex von 40. Am 8. Juli 1983, also genau 36 Jahre später, stand der Index genau wieder bei 40! In der Zwischenzeit war der Index bis 1929 auf 186 gestiegen, was auf das Ende des 1. Weltkrieges zurückzuführen war. Die Milliardenverlust des Börsenpublikums wurden in zahllosen Publikationen bejammert. Über die Milliardengewinne, die in andere Taschen wanderten, schweigen die Chronisten höflich.
Der Höchstkurs von 386 wurde nach 1955 überwunden, also nach 23 Jahren. Die Magische Grenze von DOW 1000 wurde erst 1982 endgültig geschafft nach einer Stagnationsperiode von 27 Jahren. Dank einer gigantischen Liquiditätsschöpfung durch den US-Notenbankchef Alan Greenspan explodierte der Index innerhalb von nur 18 Jahren auf fast 12 000!
Wer nur die Börsenentwicklung der letzten 18 Jahre erlebt hat, wird von dem Glauben geprägt sein, dass es in diesem Stil so weiter geht, nur noch viel schneller und viel höher! Voraussetzung für dieses Wunder sind allerdings keine großartigen Konjunkturprognosen oder große Zinssenkungen, sondern Börsenorder zum Aktienkauf bei ständig steigenden Kursen. Unerwartete Hiobsbotschaften wie zum Anfang dieses Artikels erwähnt, könnten dieser Idee ein schnelleres Ende setzen, als unseren Börsenanalysten lieb ist.
Albrecht O. Pfeiffer
30.04.2001
<center>
<HR>
</center>

gesamter Thread: