- EZB-Zinssenkung/ Ludwig(IWH): Glaubwürdigkeit aufs Spiel gesetzt - NEWS-SERVICE, 10.05.2001, 16:40
EZB-Zinssenkung/ Ludwig(IWH): Glaubwürdigkeit aufs Spiel gesetzt
EZB-Zinssenkung/ Ludwig(IWH): Glaubwürdigkeit aufs Spiel gesetzt
Berlin/Halle (vwd) - Die Europäische Zentralbank (EZB) hat nach
Auffassung von Udo Ludwig, Leiter der Konjunkturabteilung des Instituts für
Wirtschaftsforschung Halle (IWH), mit der Zinssenkung zum jetzigen Zeitpunkt
"ihre Glaubwürdigkeit aufs Spiel gesetzt". Die EZB hätte, wenn sie dem
eigenen Konzept ihrer Zinspolitik nach dem Zweisäulenkonzept weiter gefolgt
wäre, die Zinsen zum gegenwärtigen Zeitpunkt nicht senken dürfen, sagte
Ludwig am Donnerstag in einem Gespräch mit vwd.
Die Inflationsrate sei wieder gestiegen und die Geldmenge befinde sich
immer noch nicht im vorgegebenen Korridor, begründete der IWH-Experte seine
Haltung."Die Signale weisen momentan eigentlich wirklich in die andere
Richtung." Insofern habe ihn die Zinssenkung am Donnerstag"überrascht",
sagte Ludwig."Ich hätte noch an der Politik der letzten Wochen festgehalten,
um im Konzept zu bleiben", sagte der IWH-Experte. Dies gelte um so mehr, als
der Preisauftrieb zurzeit nicht auf Sondereffekte wie hohe Ã-lpreise oder
vorübergehende saisonale Wirkungen zurückzuführen sei.
Vielmehr steige die"Kerninflationsrate", bei der eigentlich ein Rückgang
erwartet worden sei."Am aktuellen Rand deuteten die Konjunkturindikatoren
eher darauf hin, dass die Zeit noch nicht reif für eine Zinssenkung ist",
sagte Ludwig. Für die Entscheidung der EZB könnten nach Meinung des
IWH-Konjunkturexperten entweder taktische oder inhaltliche Faktoren eine
Rolle gespielt haben. Möglicherweise habe die EZB dem nächsten
Zinssenkungsschritt in den USA zuvor kommen wollen. Dieser Schritt der
US-Notenbank stehe nach allen Ankündigungen voraussichtlich bevor.
Die EZB stehe schon jetzt unter Druck u
geraten, wenn in den USA noch einmal gesenkt worden wäre, im Euroraum
hingegen nicht, sagte Ludwig. Sollten solch taktische Überlegungen
ausschlaggebend für die Zinssenkung gewesen sein, sei dies nach seinem
Dafürhalten aus Erwägungen der Glaubwürdigkeit nicht richtig, sagte Ludwig.
Die Zinsen könnten nach Meinung des IWH-Konjunkturexperten aber auch gesenkt
worden sein, weil sich innerhalb der EZB die Einschätzung zur künftigen
Entwicklung der europäischen Konjunktur grundsätzlich gewandelt habe.
Bislang sei die EZB von einer sehr kräftigen Konjunktur im Euroraum
ausgegangen."Vielleicht haben sie inzwischen erkannt, dass die
Konjunkturschwäche nicht an Europa vorbeigeht und die Zinsen gesenkt, um dem
entgegen zu wirken", sagte Ludwig. Sollten dies die Beweggründe der EZB
gewesen sein, hätte sie nach Meinung von Ludwig die Zinsen um mindestens
einen halben Punkt zurücknehmen müssen."Ein Viertelpunkt Zinssenkung ist
ein Klacks und zu wenig", kritisierte der IWH-Experte. Davon könnte keine
konjunkturellen Wirkungen erwartet werden.
Nach Ludwigs Auffassung wäre es besser gewesen, wenn die EZB mit einer
Zinssenkung noch gewartet hätte."Sie hätte an ihrem Konzept festhalten
sollen", betonte der IWH-Konjunkturexperte.
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