- Hintergrund/Monetaristische Gedankenspiele und die Fed - NEWS-SERVICE, 10.05.2001, 17:52
Hintergrund/Monetaristische Gedankenspiele und die Fed
Hintergrund/Monetaristische Gedankenspiele und die Fed
von Peter Trautmann
Im Gegensatz zur Politik der Europäischen Zentralbank (EZB) spielt in den
Erwägungen der US Federal Reserve die Geldmenge eine nur untergeordnete
Rolle. Lediglich von von 1979 bis 1982 richtete sich die Fed unter dem
damaligen Notenbank-Präsidenten Paul Volcker stark nach der monetaristischen
Philosophie, die eine strikte und begrenzte jährliche Ausweitung der
Geldmenge vorsieht; im Falle der Fed war es die einfach definierte Geldmenge
M1 (auf die konkret über die"non-borrowed reserves" Einfluss genommen
wurde). Diese Politik war damals durchaus begründet, sahen sich die USA doch
hohen Inflationsraten gegenüber.
Reduziert auf die einfache monetaristische Formel, dass im Trend das
Wachstum der Geldmenge in etwa der Inflationsrate entspricht, wurde der
Schwenk zur Geldmengenpolitik als notwendig erachtet. Dennoch, die von der
Fed ausgelöste scharfe Reduzierung des Geldmengenwachstums führte zu
kräftigen Zinssteigerungen, in deren Fol
die Wirtschaft aber 1980 sowie 1981/82 zwei kurze, doch harte Rezessionen
verzeichnete. Im Herbst 1982 folgte die Abkehr vom Monetarismus und die Fed
wandte sich wie schon vor 1979 der direkten Steuerung der kurzfristigen
Zinsen zu. Der Schritt machte vor allem auch Sinn, weil sich abzeichnete,
dass die vielen Finanzinnovationen den Zusammenhang zwischen Geldmengen und
Preisen auflösten.
Nun, rund 20 Jahre später, blicken die geldpolitischen Analysten und
Kommentatoren erstmals wieder mit erhöhter Aufmerksamkeit auf die lange Zeit
verschmähten US-Geldmengendaten und die ersten Monetaristen melden sich zu
Wort. Ein Blick auf die aktuellen Daten verschafft Aufklärung: Ende März hat
die Jahreswachstumsrate von M2 angetrieben von vier Fed-Zinssenkungen bei
8,1 Prozent gelegen, Ende März 2000 war hier noch ein Wachstum von 6,1
Prozent verzeichnet worden. Für die Dreimonatsrate von M2 wurde Mitte April
sogar ein annualisiertes Wachstum von 11,8 Prozent ausgewiesen nach
lediglich 5,9 Prozent im Vergleichszeitraum 2000.
Die"Hardcore"-Monetaristen von heute machen sich deshalb bereits
erhebliche Sorgen um die zukünftige Inflationsentwicklung. So hat der
"Schatten-Offenmarktausschuss" - eine Gruppe konservativer
Wall-Street-Ã-konomen, die die Fed-Politik begutachtet - diese Woche bereits
eindringlich auf die Notwendigkeit verwiesen, die rasante Beschleunigung des
Geldmengenwachstums nicht auf die leichter Schulter zu nehmen. Die Inflation
sei nicht tot, heißt es dort, und mit Blick auf die aggressive
Zinssenkungspolitik der Fed seit Anfang des Jahres wird kritisiert:
Offensichtlich habe die Fed das langfristige Ziel der Preisstabilität aus
den Augen verloren.
So rechnen Analysten auch vor, dass das Wirtschaftswachstum dieses Jahr
allenfalls vier Prozentpunkte von derzeitige Jahresrate des
Geldmengenanstiegs von rund acht Prozent absorbieren wird. Selbst wenn auf
Grund der Existenz finanzieller Innovationen ein Teil des darüber hinaus
liegenden Geldmengenwachstums vorerst nicht nachfragewirksam wird, bestehen
erhebliche Preisrisiken, die angesichts einer jährlichen März-Inflationsrate
von 2,9 Prozent bei den Verbraucherpreisen und beim derzeitigen
Lohnstückkostendruck nicht auf die leichte Schulter genommen werden dürfen.
Zudem warnen kritische Beobachter auch davor, dass ein Teil des
Geldmengenanstiegs wie schon nach den Zinssenkungen 1997 am Aktienmarkt
landen und dort die Kurse wieder übermäßig aufblähen wird. Insgesamt steht
die Fed damit zunehmend vor dem schwierigen Spagat, einerseits die
mittelfristig drohende Inflationsbeschleunigung und vor allem die auf die
langfristigen Zinsen wirkenden Inflationserwartungen im Zaume zu halten,
aber andererseits auch die schwächelnde US-Konjunktur nicht aus dem Blick zu
verlieren. Dies führt abschließend zurück zur EZB: Den Frankfurter
Währungshütern im Eurotower bleibt dieser Zielkonflikt mit der
grundsätzlichen Ausrichtung auf Geldmenge und Preisstabilität erspart.
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