- NEUESTER ARTIKEL VON 'STOCKS': Hohe Wetten auf die 2. Halbzeit (LESEN!!!) - Frank1, 11.05.2001, 14:47
- Danke, sehr interessant! -owT- - Sascha, 11.05.2001, 16:16
- Die Börsianerweisheit"Don't fight the FED" wird immer wichtiger! - Mappel, 18.05.2001, 11:51
NEUESTER ARTIKEL VON 'STOCKS': Hohe Wetten auf die 2. Halbzeit (LESEN!!!)
StocksWeekly (Seite 12 / Stocks Nr. 19 vom 11.5.2001)
<font size="5">Hohe Wetten auf die 2. Halbzeit</font>
Viele Investoren spekulieren auf eine Erholung der US-Wirtschaft in der zweiten Jahreshälfte. Doch die Chancen dazu stehen schlecht.
‚Das Schlimmste ist bereits überstanden’, gaben die Berufsoptimisten an der Wall Street bekannt, nachdem das US-Bruttoinlandprodukt im vergangenen Quartal um überraschend gute zwei Prozent gewachsen war. In der zweiten Jahreshälfte werde die amerikanische Wirtschaft nun definitiv wieder auf den alten Wachstumskurs einschwenken, die Gefahr einer wirklichen Rezession sei gebannt. Da die Börse die Wirtschaftsentwicklung in der Regel vorwegnehme, sei jetzt die ideale Zeit zum Aktienkauf.
Prompt verzeichneten die US-Börsenindizes in der Folge eine deutliche Kurserholung. Doc ein nüchterner Blick auf die Wirtschaftsdaten zeigt, dass die viel prognostizierte Erholung in der zweiten Halbzeit dieses Jahres, auf der die Hoffnungen vieler unter den Börsenstürmen leidenden Aktionäre beruhen, wohl ein reiner Wunschtraum bleiben wird.
Praktisch alle Indikatoren sprechen jedenfalls dafür, dass nicht so bald wieder eitel Sonnenschein einkehren wird. Vielmehr sieht es so aus, als stünde das Schlimmste, sprich eine richtige Rezession, erst noch bevor. Der US-Einkaufsmanager-Index (NAPM) für die Industrie, in der Regel ein sehr präziser vorauseilender Wirtschaftsindikator, befindet sich seit Monaten im Rezessionsbereich. Eine Abschwächung im Industriesektor wird schon länger erwartet und ist teilweise bereits Tatsache geworden.
Bedeutender ist aber der letzte Woche publizierte NAPM für den Dienstleistungssektor, der einen viel grösseren Anteil an der US-Wirtschaft ausmacht. Dieser erst seit vier Jahren erhobene Index rutschte im April zum ersten Mal in seiner Geschichte unter die Marke von 50 Punkten, was eine Rezession anzeigt.
Das deutlichste Rezessionssignal sind jedoch die Monat für Monat angekündigten Entlassungen. Im April verlor die US-Wirtschaft mehr Arbeitsplätze als irgendwann sonst seit der letzten Rezession von 1990/91. Mit einer neuen Arbeitslosenquote von 4,5 Prozent wurden letzten Freitag die Erwartungen des Marktes in negativer Hinsicht übertroffen.
Angesichts der MĂĽhe, welche die US-Unternehmen in den letzten Jahren der Hochkonjuktur damit hatten, Personal zu finden, macht es logischerweise keinen Sinn, dass sie jetzt oft 10 oder sogar 20 Prozent ihrer Angestellten auf die Strasse stellen, wenn sie in drei bis sechs Monaten bereits wieder eine Wirtschaftserholung erwarten wĂĽrden. Die US-Konzernmanager scheinen, da sie jetzt ihre Leute entlassen, im Gegensatz zu den Aktienstrategen nicht an die Geschichte ĂĽber die Erholung in der zweiten Halbzeit zu glauben.
Die Entscheidung über den weiteren Wirtschaftsverlauf liegt letztlich aber allein bei den amerikanischen Konsumenten, die über zwei Drittel des US-Bruttoinlandprodukts ausmachen. Während die Unternehmen bereits deutliche Gewinneinbrüche verzeichneten und ihre Ausgaben zurückfuhren, zeigten sich die Verbraucher zumindest bis vor kurzem noch unbeeindruckt. Mit ihrer ungebrochenen Kauflust hatten die Konsumenten den massgeblichsten Einfluss auf die guten Zahlen des ersten Quartals 2001.
Die Amerikaner geben das Geld weiterhin mit beiden Händen aus. Und leben dabei über ihre Verhältnisse. Das heisst, sie konsumieren im Durchschnitt mehr, als sie einnehmen. Die US-Sparquote ist deshalb schon seit geraumer Zeit negativ, was auch die generelle Verschuldung der Haushalte im Verhältnis zum Einkommen ansteigen liess.
Lassen sich die Verbraucher nun von den stetig steigenden Arbeitslosenzahlen verunsichern und schrauben ihren Konsum auch nur etwas zurück, wird dies zwangsläufig tiefe Bremsspuren im US-Bruttoinlandprodukt und bei den Unternehmensgewinnen hinterlassen. Sollten sie dazu übergehen, wieder einen Teil ihres Einkommens für schlechte Zeiten zur Seite zu legen, droht sogar eine schwere Rezession.
Da sich verringernde Arbeitsplatzsicherheit belastet das Konsumentenvertrauen jedenfalls auf der Einkommensseite. Die Vermögenswerte der Amerikaner wurden dagegen schon durch den Absturz des Technologiesektors arg beeinträchtigt. Einzig der grösstenteils ungebrochene Immobilienboom verhinderte, dass das Nettovermögen der US-Haushalte im letzten Jahr allzu sehr sank. Gleichwohl mussten die Haushalte im Jahr 2000 zum ersten Mal seit Jahrzehnten eine Nettoverringerung ihres Vermögens hinnehmen.
Die Frage stellt sich, wie die Konsumenten diesem Dilemma entkommen sollen: Die Vertreter einer Erholung in der zweiten Jahreshälfte und letztlich auch Notenbank-Chef Alan Greenspan verlangen von den Verbrauchern, dass sie ihr bisheriges Konsumniveau beibehalten oder sogar steigern und sich folglich noch mehr verschulden. Der Konsumrausch der Vergangenheit soll also noch etwas länger aufrechterhalten werden.
Ähnliches erwarten viele Anleger, die auf eine Erholung in der zweiten Halbzeit setzen, auch von den US-Konzernen. Um auf den alten Wachstumspfad zurückzukehren, müssten die Unternehmen ihre Investitionen auf das alte Boom-Niveau anheben. Das ist aber angesichts der riesigen Überkapazitäten, die vor allem im Technologiesektor aufgebaut wurden, eine unrealistische Erwartung. Die Entlassungswellen sprechen hier eine unmissverständliche Sprache.
Die viel beschworene Zinssenkungen durch die Notenbank sind in dieser Situation kein Allheilmittel. Tiefere Zinsen werden die Unternehmen kaum dazu bewegen können, mehr Kredite aufzunehmen, um damit ihre Überkapazitäten noch weiter auszubauen. ‚Die Zinsen zu senken und zu hoffen, dass dies die PC, Handy oder Router-Nachfrage stimulieren wird, ist das gleiche, wie 1992 in Japan zu sitzen und zu hoffen, dass durch Zinssenkungen die Preise für Golf-Club-Mitgliedschaften wieder auf eine Million Dollar steigen werden: Man versucht quasi, die Spekulationsblase erneut aufzupumpen’, kommentierte der unabhängige Anlagestratege George Noble das derzeitige Geschehen mit Anspielung auf die Verhältnisse in Japan nach der Hausse der Achtzigerjahre.
Zwar lassen sich zumindest die Verbraucher durch billigeres Geld kurzfristig durchaus zu noch mehr Konsum verleiten. Denn die seit Anfang Jahr stark gefallenen Zinsen führten zu einem gewaltigen Boom bei der Umschuldung von Hypotheken. Wobei interessanterweise die tieferen Zinsen in der Regel dazu genutzt wurden, die Hypothek entsprechend zu erhöhen, um Geld für den sofortigen Konsum zu generieren.
Früher oder später aber werden die in der Boomphase aufgebauten Exzesse nicht nur auf der Unternehmensseite, sondern auch auf der Konsumentenseite bereinigt werden müssen. Während diese Bereinigung bei den US-Firmen schon angelaufen ist und auf Grund der vorauseilenden Indikatoren vielleicht bald ihren Höhepunkt erreichen wird, steht das Grossreinemachen in den Budgets und Bilanzen der US-Haushalte noch aus. Eine baldige Rückkehr der amerikanischen Wirtschaft auf den alten Wachstumspfad ist auf Basis all dieser Faktoren unwahrscheinlich.
Die Mehrzahl der amerikanischen Aktien ist jedoch so bewertet, als stünde eine massive Gewinnerholung vor der Tür. Die Erholung in der zweiten Halbzeit wird in den Köpfen der meisten Investoren bereits als sicher verbucht, entsprechend hoch sind ihre Renditeerwartungen.
Die jüngste Umfrage der amerikanischen Anlegerzeitung ‚Barron’s’ unter US-Vermögensverwaltern ergab mit 64 Prozent einen rekordhohen Anteil von Optimisten. Die Erwartungen der Profis sind damit noch höher als im Frühjahr 2000, dem bisherigen Höhepunkt der Jahrhunderthausse. Kein Wunder sind bei dieser neuen Euphorie die Aktienpreise zum Beispiel am Kurs/Gewinnverhältnis gemessen auf einem ähnlich hohen Niveau wie vor einem Jahr. Nur um die fundamentalen Aussichten steht es heute wesentlich schlechter.
‚Dies ist der teuerste Bottom aller Zeiten’, scherzte der erfahrene Leerverkäufer James Chanos kürzlich an einer Konferenz über die Ansicht, nun sei endlich die Talsohle erreicht. Der Einsatz vieler Investoren in US-Aktien ist im Verhältnis zu den Risiken derzeit tatsächlich hoch.
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