- Antwort an DIMI - franco, 03.06.2001, 13:50
- Danke, jetzt bekommt die Diskussion Niveau und baut nicht auf Ängsten auf - Aldibroker, 03.06.2001, 15:49
- Re: Antwort an DIMI - Franco - Dimi, 04.06.2001, 15:38
- Re: Antwort an DIMI - Franco - franco, 05.06.2001, 00:23
- Summenbildung bei der debt/gdp-ratio, Preiseffekte u.a. - Franco - Dimi, 07.06.2001, 12:18
- Re: Summenbildung bei der debt/gdp-ratio, Preiseffekte u.a. - Franco - Mysterious, 07.06.2001, 21:05
- Re: Summenbildung bei der debt/gdp-ratio, Preiseffekte u.a. - Franco - JüKü, 07.06.2001, 21:17
- Re: Summenbildung bei der debt/gdp-ratio, Preiseffekte u.a. - Franco - Mysterious, 08.06.2001, 17:34
- Re: Summenbildung bei der debt/gdp-ratio, Preiseffekte u.a. - Franco - JüKü, 07.06.2001, 21:17
- Re: Summenbildung bei der debt/gdp-ratio, Preiseffekte u.a. - Franco - Mysterious, 07.06.2001, 21:05
- Summenbildung bei der debt/gdp-ratio, Preiseffekte u.a. - Franco - Dimi, 07.06.2001, 12:18
- Re: Antwort an DIMI - Franco - franco, 05.06.2001, 00:23
Danke, jetzt bekommt die Diskussion Niveau und baut nicht auf Ängsten auf
> Meine Antwort auf DIMIs Fragen
>1. Das Phänomen
>Das von DIMI angesprochene Phänomen der s t ä n d i g e n Zunahme der Verschuldungsquote ist nicht zu beobachten, wenn der Finanzsektor unberücksichtigt bleibt.
>
>Die Verschuldungsquote des Finanzsektors steigt ständig an; im Durchschnitt über die Zeit mit 6,8% pro annum. Die Verschuldung (im Gegensatz zur Quote) des Finanzsektors wächst also im Durchschnitt pro annum um 6,8% stärker als das GDP.
>
>2. Eine nähere/bessere Beschreibung des Phänomens
>Viel aufschlussreicher als der Verlauf der Quote selbst ist die Betrachtung der Wachstumsrate der Quote.
>[img][/img]
>Die Wachstumsrate der Verschuldungsquote ist gleich der Wachstumsrate der Verschuldung abzüglich der Wachstumsrate des GDP.
>Folgende Beobachtungen stechen ins Auge:
>A. Beobachtungen zum Niveau des Wachstums der Quote:
>1. Das durchschnittliche Wachstum während des New-Economy-Booms ist nicht verschieden von dem der Pre-Reagan-Ära. (Es beträgt 6,2 % in beiden Perioden).
>2. Das durchschnittliche Wachstum in der Reagan-Ära ist mit 8,3% deutlich höher als der Durchschnitt vor und nach der Reagan-Ära.
>B. Beobachtungen zur Stabilität des Wachstums der Quote:
>1. Das Wachstum ist in der New-Economy-Ära wesentlich stabiler als in der Prä-Reagan-Ära.
>2. Die maximalen Ausschläge des Wachstums nehmen im Laufe der Zeit sichtbar ab.
>Die Schwankungen der Wachstumsrate sind also im Laufe der Zeit weniger heftig geworden. Besonders starkes Wachstum beobachten wir Ende der 60er Jahre, während der Ã-lkrise (nach unten, dh. starkes negatives Wachstum), während des Reagan-Booms und während des New Economy Booms. Verglichen mit den früheren Extremen ist der Ausschlag während des New Economy Booms eher schwach. Auf keinen Fall kann man behaupten, dass das Wachstum sich beschleunigt hat, im Gegenteil. Verglichen mit der Reagan-Ära ist die heutige Entwicklung deutlich abgeschwächt. Die Beschleunigung innerhalb der Nach-Reagan-Ära ist bereits in eine Dezeleration umgeschlagen.
>D.h. der zeitliche Verlauf der Wachstumsraten deutet keine Dramatisierung der Entwicklung an, sondern bringt eine Beruhigung zum Ausdruck, sowohl im Niveau als auch in den Schwankungen. Dieses Erscheinungsbild im durchschnittlichen W a c h s t u m der Schuldenquote des Finanzierungssektors korrespondiert in merkwürdiger Weise mit der Entwicklung der Schulden q u o t e des Nicht-Finanzierungsektors.
>3. Ein Erklärungsversuch
>Der Finanzsektor leitet die Ersparnisse der Einkommensbezieher an die Investoren in Produktionsfirmen weiter. Das geschieht in modernen Wirtschaften typischerweise durch die Kreditvermittlung der Banken. Sparer und Investoren stehen sich dort nicht mehr direkt gegenüber, sondern es schieben sich die Banken (u. a. Finanzintermediäre) dazwischen. Es entstehen Kreditketten, die Sparer und Investoren miteinander verbinden. Es wäre jedoch falsch die Zunahme der Verschuldung des Finanzsektors durch eine Zunahme der Länge der Kreditketten zu erklären. Denn die Zahlen für die Verschuldung des Finanzsektors sind konsolidierte Zahlen. Zum Finanzsektor zählt übrigens bei diesen Zahlen auch nicht das Zentralbanksystem der FED. D.h. die Bestände an Zentralbankgeld (Münzen, Noten, Sichteinlagen bei der Zentralbank) in der Wirtschaft sind in Schulden des Finanzsektors nicht enthalten.
>Der Finanzsektor ist aber nicht nur Finanzintermediär, sondern auch Bereitsteller von Liquidität, und Risiko-Transformator.
>Genereller gesprochen, lässt sich sagen, dass der Finanzsektor ein Teil des Dienstleistungssektors ist, von dem wir schon lange beobachten, dass er relativ zu anderen Sektoren der Wirtschaft an Bedeutung zunimmt. Deshalb ist es eigentlich nicht verwunderlich, dass das passive Kreditvolumen des Finanzsektors stärker zunimmt als das GDP.
>Die Zunahme der Verschuldung des Finanzsektors ist
>im Einzelnen zu erklären mit:
>1. zunehmender indirekter Kreditvergabe in der US-Wirtschaft auf Kosten der direkten Kreditvergabe. (Finanzinnovationen in Verbindung mit Deregulierungen haben zu neuen Einlageformen geführt, z.B. CDs, Geldmarktfonds etc. Sie haben ferner zu neuen Sparformen bzw. zur Verbesserung bestehender Sparformen durch Entwicklung spezieller Investmentfonds, Pensionsfonds und Versicherungspools geführt);
>2. erhöhtem Liquiditätsverlangen des nichtfinanziellen Sektors. Die Zunahme der Nachfrage nach Geld ist, wie Friedman schon vor Jahren beobachtet hat, stärker als die Wachstumsrate des GDP („Geld ein Luxusgut?“);
>3. dem Anstieg des bargeldlosen Zahlungsverkehrs, d.h. der Abnahme der Bargeldhaltung bei gleichzeitiger Zunahme von Bankdepositen (=Nachfrage nach Bankeinlagen bzw. Verschuldung des Finanzsektors). (Man beachte hier, dass die Verschuldungszahlen des Finanzsektors das Zentralbankgeld nicht einschießen, denn die Zentralbank wird hier nicht zum Finanzsektor gezählt. Daher kommt es zu einer Vermehrung der Verschuldung des Finanzsektors (ohne Zentralban), wenn sich die Geldhaltung trendartig vom Bargeld abwendet und sich der Haltung von Sicht- u.a. Einlagen der Geschäftsbanken zuwendet.);
>4. dem Einsatz neuer Risiko-Management-Instrumente. Sie erlauben die Um- und Neugestaltung bisheriger;
>5. staatlicher Förderung von Finanz-Unternehmungen und Hypotheken-Pools;
>6. dem Zu- und Abfluss von Auslandskapital. (Hohes Wachstum in den USA zieht Auslandskapital an, siehe die Dollarstärke Mitte der Achtziger Jahre.)
>7. der starken positiven Kovariation von Sichteinlagen und GDP im Konjunkturverlauf. Die Sichteinlagen bei den Geschäftsbanken schwanken stark mit der konjunkturellen Bewegung. Hier spielt die Geldschöpfungsfähigkeit des Systems der Geschäftsbanken eine wichtige Rolle.
>Einige dieser Faktoren sind eher für den Trend (m.E. die Faktoren 1.-6.), d.h. für den Mittelwert der Wachstumrate in der Entwicklung der Quote, der andere Teil eher für die Schwankungen (m.E. die Faktoren 6. u. 7.) um diesen Trend verantwortlich.
>Selbstverständlich wäre es interessant zu erfahren, wieviel die einzelnen Faktoren zu den durchschnittlich 6,8% des Trend-Anstieges beitragen.
>Eine Quantifizierung dieser Faktoren würde mehr Zeit in Anspruch nehmen als ich hier erübrigen kann.
>(Absolute Zahlen ab 1995 zeigen ausserdem, dass die Verschuldung der Geschäftsbanken sich von 1995 bis 2000 verdoppelt hat, während die der Broker und Dealer in diesem Zeitraum nur um 30% gestiegen ist.)
>4. Eine Bewertung des Phänomens
>Die von DIMI befürchtete Zunahme der Instabilität des Wirtschaft wird m.E. durch diese Daten nicht angezeigt. Denn die Sicherheit des Finanzsektors und der Gesamtwirtschaft nimmt ja durch die Innovationen im Finanzsektors nicht ab, sondern zu. Die Liquidität steigt, das Management der Risiken wird verbessert und die inflexible direkte Kreditvergabe wird zurückgedrängt.
>Andererseits sind Zinssätze und Wechselkurse nach dem Zusammenbruch des Bretton-Woods-Systems volatiler geworden. Die Verbesserung der Angebotsseite für Stabilisierungsleistungen (durch Finanzinnovationen) muss daher gegen einen höheren Bedarf an Stabilisierungsleistungen saldiert werden. Da aber die Zunahme der Volatilität der Zinssätze und der Wechselkurse nicht Folge der Verschuldungsrate des Finanzsektors ist, kann sich per Saldo zwar das Risiko bzw. die Instabilität in der Wirtschaft vermehrt haben, aber nicht wegen, sondern trotz der Zunahme der Verschuldung des Finanzsektors.
>Daraus folgt, dass ich keinen Bedarf sehe, den Verschuldungsgrad des Finanzsektors zu reduzieren. Massnahmen zu diesem Zweck würden destabilisierend wirken.
>
>Mit freundlichen Grüßen
>franco
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