- An Talley und dottore wg. Journalismus und Heiligenschein-Berufen allgemein. - Harald, 09.06.2001, 10:01
An Talley und dottore wg. Journalismus und Heiligenschein-Berufen allgemein.
Freunde,
Erst mal Talley, gefällt mir deine Art nicht, einen ganzen Berufsstand wie den Journalismus kollektiv herunter zu putzen. Das erinnert mich an die immerfortwährende Schuld&Schamdebatte in Deutschland und beweist das Vorhandensein eines Pseudo-Goldhagen-Syndroms bei Dir.
So geht das nicht.
Auf der gleichen Wellenlänge könnte man dann gleich auch noch alle anderen Heiligenschein-Berufe pauschal niedermachen, etwa Anwälte, Ärzte, Kleriker, Richter, Wirtschaftsprüfer, Historiker, Lehrer, Berufsgewerkschaftler und -politiker. (Vor zwei Generationen hätte man auch noch Offiziere und Beamte dazu gezählt, woben bei ich gefühlsmäßig denen noch am ehesten den Heiligenschein abgekauft hätte)
Meinem Vater wurde so einmal von der französischen Militärverwaltung 1946 der Prozess gemacht, weil er einer „verbrecherischen Organisation“ angehört hatte, sonst nix. Er wurde verurteilt, zwei Jahre lang Straßen zu säubern und sein Sparbuch mit 20 Tausend Mark wurde konfisziert. Ihm geschah also „recht“, würde man heute sagen, obwohl er das vollkommen anders sah. „Die Nazis“ und „die Kommunisten“ waren ja ähnlich mit religiösen, ethnischen und sexuellen Minderheiten umgegangen, die Türken mit den Armeniern und die Hutzis mit den Futzis oder meinethalben die Butzis mit den Tutzis.
Vorsicht also, lieber Talleyrand.
Denn, und das haben alle Standesvertreter der Heiligenschein-Berufe so an sich, sie wollen den kleinen Dummerchen aus profanen Berufen weis machen, man arbeite selbst nur aus ethischen Motiven, und die Entlohnung sei halt nur eine Art Beamten-Alimentation im preuĂźischen Sinne.
Und darüber ärgerst Du dich, mein lieber Talley, ich kanns ja verstehen.
Zumal alle die meisten kleinen Dummerchen artig an das Gute schlechthin in den Heiligenschein-Trägern glauben.
Pikant, nicht wahr! Denn einem Ingenieur oder Architekten oder Handwerker oder Techniker oder Bauern würde man nie abnehmen, dass er aus ethischen Motiven heraus arbeite. Als gestandener Praktiker kann ich das nur bestätigen. Nie in meinem Berufleben habe ich aus uneigennützigen Motiven heraus gehandelt, immer nur ging es um den schnöden Mammon. Immer hab ich versucht mein Gehalt oder meine Honorare zu maximieren, mit allen legalen Kniffen, Tricks und Listen. (Dabei ist es keineswegs belanglos, lieber dottore, dass ich in späteren Jahren nur noch knapp die Hälfte meiner Einkünfte konsumiert habe, dass ich also „gehortet“ habe. Denn genau dieser mein Hort gibt mir heute meine äußerliche Freiheit.)
Darüber ärgert sich nun dottore, kann ich ja auch verstehen.
Oder ärgern sich Talley und dottore etwa nicht? Sind beide nur traurig, in einer Gesellschaft leben zu müssen, die alle religiöse Moral und ethischen Verpflichtungen de facto über Bord geworfen hat?
Dann hätten wir am Ende sogar Gemeinsamkeiten.
Mit einem fröhlichen Salü (hm...???)
Aus dem naĂźkalten Lothringen
Euer Harald
Nachschrift:
Und Freund Baldur hat jetzt endlich einmal ein ergiebiges Thema fĂĽrs"Wort zum Sonntag" ;-))))))
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