- an DIMI:"Verschuldungsquoten: Viel Lärm um nichts?" - franco, 11.06.2001, 21:42
- Re: ein tolles Beispiel für intellektuellen Leerlauf auf Steurkosten -owT - R.Deutsch, 11.06.2001, 22:32
- Re: ein tolles Beispiel für intellektuellen Leerlauf auf Steuerkosten - JüKü, 11.06.2001, 22:59
- Empfehle, alle Schulden und Guthaben zu saldieren. - BossCube, 11.06.2001, 23:37
- An Franco / Antwort / Ausschluß - Dimi, 16.06.2001, 15:15
- Re: ein tolles Beispiel für intellektuellen Leerlauf auf Steurkosten -owT - R.Deutsch, 11.06.2001, 22:32
an DIMI:"Verschuldungsquoten: Viel Lärm um nichts?"
Antwort von franco am 11. Juni 2001 auf
Dimi’s Antwort vom 07. Juni 2001 12:18:25:
Als Antwort auf: Re: Antwort an DIMI - Franco geschrieben von franco am 05. Juni 2001 00:23:39:
Hallo DIMI,
0. Zur Abrundung.
>>- Bezüglich Punkt 6 ('dem Zu- und Abfluss von Auslandskapital...') verweise ich auf die Zeitreihe zur Auslandsverschudlung (ebenfalls in Z.1 D.3).
>Ich kann darauf aus Zeitgründen nicht weiter eingehen.
FFA Coded Tables, Z.1, D.3 Debt Outstanding by Sector 1
Billions of dollars; quarterly figures are seasonally adjusted, Foreign,"LA264104005.Q"
"195901" 20.84
.
.
"200001" 648.3
Höhe wie Anstieg der debt/gdp-ratio verkleinern sich nicht bei Einbezug dieser Zahlen.
Danke für diese Klärung. Mit dieser Feststellung habe ich kein Problem. Mehr dazu weiter unten.
>Wenn das Wachstum der Schulden des Finanzsektors und des Nichtfinanzsektors jeweils für sich genommen nicht beunruhigend sind, dann ist auch das Wachstum der Gesamtschulden nicht beunruhigend.<
Wenn......dann überlege ich mir, ob die Schlußfolgerung zulässig ist. ;-)
Ich bleibe dabei, die Gesamtschulden werden nur dadurch bedenklich, dass Teile davon für irgendeinen Sektor bedenklich werden. (Der Sektor kann natürlich auch die Gesamtwirtschaft sein.) Wenn es aber keinen Sektor gibt, für den die Verschuldung ein Problem ist, dann ist die Verschuldung auch kein Problem für die Gesamtwirtschaft.
Wenn Du dagegen meinst, dass die Verschuldung für die Gesamtwirtschaft ein Problem sein kann, ohne dass sie gleichzeitig für irgendeinen Sektor ein Problem ist, dann wendest Du zwei verschiedene Massstäbe an: Einen Massstab auf der sektoralen Ebene und einen ganz anderen auf der gesamtwirtschaftlichen Ebene. Ein Wechsel der Massstäbe ist aber so gut wie geschummelt.
>Ad 1.: Die höheren Zinsen stecken auch im GDP. Sie fallen also nicht nur als Ausgaben an, sondern auch als Einnahmen.<
Keine Frage. In manchem sind Schuldner und Gläubiger letztlich 'identisch' (etwa ein steuerzahlender Halter von Bundespapieren). Dennoch wird hier vermutet, daß dadurch nicht alle Folgen des Niveaus der debt/gdp-ratio aufgehoben werden. Ein Grund für diese Vermutung hängt mit dem Preisniveau zusammen (dazu unten).
>>Es muß daher angezeifelt werden, daß eine Risikoabschätzung hinreichend fundiert ist, wenn sie sich im wesentlichen auf eine Analyse von Quotenänderungen stützt.
> Dem kann ich ohne Problem zustimmen.
Na, da hätte ich mich auch etwas kürzer fassen können ;-)
Dein Feixen ist völlig unbegründet. Denn hier unterschlägst Du natürlich, dass ich die Analyse der Quotenänderung, einer Analyse der Quoten selbst für gleichwertig halte.
Nachdem bezüglich dieser Schlußfolgerung Einigkeit besteht, besteht auf meiner Seite bezüglich der 'Quotenänderungsthematik' (zumindest bis auf weiteres) kein Diskussionsbedarf.
Gilt das auch für die Quoten-Niveau-Thematik?
Meine obige Zustimmung gilt natürlich in Verbindung mit mit meiner Feststellung, dass die Quoten-Analyse und Quoten-Änderungsanalyse äquivalent sind, wenn man von einem gegebenen Anfangsniveau der Quote ausgeht.
> Wenn die Zunahme der Verschuldung ein Problem ist, dann ist es auch die Volatilität der Zunahme.
Ja. Die Logik war eigentlich eine umgekehrte (auch wo keine Volatilität ist kann es Risiken geben).
Das ist keine Sache der Logik, sondern eine Behauptung, die noch zu diskutieren ist.
>1. Eine Summierung der Schulden des Finanzsektors und des Nichtfinanzsektors ist dubios.
>Ich entnehme Deiner Argumentation, dass Du zur Summenbildung neigst. Dies ist aber aus folgendem Grunde problematisch. Man zählt dabei die indirekt über die Banken laufenden Kredite doppelt. D.h. bei einer richtigen Konsolidierung würde man die Verschuldung des Finanzsektors herauslassen.<
Ist das so? Wenn ja, betrifft es alle Schulden des Finanzsektors? - Meine Informationen lauten anders, wobei ich zugegebenermaßen bisher keine eigenen tiefgehenden Untersuchungen anstellte.
Bei den Schulden des Finanzsektors handelt es sich um Schulden des Finanzsektors abzüglich der Kredite des Finanzsektors an den Finanzsektor, aber nicht abzüglich der Kredite an den Nichtfinanzsektor. Diese Interpretation wird gestützt durch die Aufschlüsselung der Schulden des Finanzsektors nach Verschuldungsarten, die ich für die Werte, die Du genannt hast, gesehen habe. Dieser Aufschlüsselung kann eine Aufschlüsselung der Kredite des Finanzsektors an den Nichtfinanzsektor schon deshalb nicht entsprechen, weil die Verschuldungsinstrumente/kategorien ganz andere sind. (Beispiel: wie will man den Kontokorrentkredit einer Bank an eine Firma auf die Passiv-Posten der Bank, z.B. Bankobligationen und Einlagen des Publikums, verteilen, wenn man eine Netto-Verschuldung der Bank gegenüber dem Publikum errechnen will? Im Gegensatz dazu hat man bei der Saldierung von Forderungen und Verbindlichkeiten unter Banken keine derartigen Probleme.)
Anders gefragt: Könnte man durch einen administrativen Akt ohne (nennenswerte) Folgen (insbesondere keine Vermögensminderung bei Gläubigern) die Schulden des Finanzsektors zum Verschwinden bringen, indem man die Kontrakte entsprechend 'durchreicht'? (selbstredend ohne daß dies bei den Zahlen des nichtfinanziellen Sektors zu einem Anstieg führte).
Ich glaube nicht, dass die Bezeichnung „administrativer Akt“ hier sinnvoll ist. Es geht hier um eine statistische Operation. Wenn man Doppelzählungen vermeiden will, dann muss man die Kredite des Finanzsektors an den Nichtfinanzsektor von den Schulden des Finanzsektors abziehen, um zur Netto-Verschuldung des Finanzsektors zu kommen. Und nur diese Netto-Verschuldung sollte zur Verschuldung des Nichtfinanzsektors addiert werden, um eine doppelzählungsfreie Gesamtverschuldungsziffer zu bekommen.
Die Summenbildung ist im übrigen nicht meine Erfindung, sondern wird auch von anderen Autoren praktiziert. Erinnerlich, bei den flows, auch von der Fed ('net flows through the credit markets'). Quellen müßte ich ggf. recherchieren.
Nicht alles was praktiziert wird, ist sinnvoll.
Manchmal werden Zahlen verwendet, nicht weil sie aus theoretischer Sicht richtig sind, sondern weil man keine Methode hat, sie zu verbessern.
>2. Quoten oder Wachstumraten der Quoten?
Es herrscht wohl weitgehende Einigkeit.
Nur scheinst Du die Konsequenzen noch nicht ganz gezogen zu haben. Siehe oben.
>3. GDP-bezogene Quoten oder vermögensbezogene Quoten?
>Ich meine, dass man eine Risiko-Analyse überhaupt nicht auf GDP-bezogene Quoten
basieren sollte, sondern, wenn es denn schon eine Quote sein soll, auf eine
vermögensbezogene Quoten.<
M.E. ist die Relation des (nominellen) Gesamtwerts aller Vermögen zum (nominellen) GDP (zumindest implizit) eine Funktion der debt/gdp-ratio. D.h. ich erachte es nicht als Zufall, daß zeitgleich mit dem Anstieg der debt/gdp-ratio seit Anfang der 80er Jahre auch die Vermögenswerte (Aktien, Immobilien) stärker stiegen als das GDP.
Eine zentrale These zum Preis ist hierbei: Jeder Kreditschöpfungsvorgang, bei dem mit dem geschöpften Kredit irgendetwas anderes als ein anderer Kredit bezahlt wird, wirkt steigernd auf das Preisniveau, und zwar unabhängig davon, ob er die Geldmenge erhöht. 'Preis' ist hier undifferenziert gemeint, der Begriff bezieht sich nicht speziell nur auf eine Gruppe (wie etwa auf Konsumentenpreise oder Aktienkurse).
Vereinfachtes erläuterndes Bsp: Daimler kauft Immobilie in Frankfurt für 50 Mio. Dazu wrd eine Anleihe aufgelegt, die direkt in das Depot des Immobilienverkäufers wandert. Die 50 Mio sind zusätzliche, neu geschaffene Nachfrage. Sie wirken (nach dem Gesetz von Angebot und Nachfrage) auf das Immobilienpreisniveau steigernd.
Was heisst hier Funktion? Du willst wohl sagen, dass beide sich gleichzeitig verändern können. Funktion will dagegen besagen, dass diese Veränderungen systematisch aufeinander bezogen sind. Sind sie das wirklich? Oder ist das nur eine weitere Behauptung, für die Du den Beweis schuldig bleibst?
Deine Gedanken-Kette ist wohl: Schulden treiben Preise nach oben und damit auch die Vermögenswerte. Das ist eine einseitige Argumentation. Du übersiehst, dass der Gläubiger ja als Preistreiber ausfällt. Wenn Dein Schema gilt, dann ist gleichzeitig auch das folgende Schema möglich: Kreditgewähren ist Ausfall der Nachfrage nach Vermögensobjekten seitens des Gläubigers und dies treibt Preise nach unten und damit auch die Vermögenswerte. Man muss die beiden Effekte saldieren, um Netto-Preiseffekte zu bestimmen. Ich halte Deine Aussage deshalb für dubios.
Jetzt wirst Du vielleicht einwenden, dass Du ja von Kreditschöpfung ausgehst. D.h. dass Du einen Akt der Kreditgewährung unterstellst, bei dem nicht bereits vorhandene Geldmittel weitergereicht werden, sondern neu geschaffene Mittel ohne zusätzliche Geldschöpfung. Deine Voraussetzung kann meines Erachtens nicht erfüllt sein. Zusätzliche Kreditschöpfung ohne Geldmengenschöpfung, wie soll das gehen?
Denkbar ist natürlich, dass Du den Ausdruck Kreditschöpfung ganz anders verstehst, nämlich wie folgt: Es gibt Geldbesitzer, die aus irgendeinem Grunde ihre Geldhaltung einschränken wollen, indem sie dieses Geld kreditweise verleihen. Der Kreditnehmer entwickelt nun mit diesem Geld Nachfrage nach Aktien und treibt deren Preis in die Höhe. (Ich kann mich ohne weiteres auf diesen Fall einstellen, aber das ist nicht das, was man üblicherweise unter Kreditschöpfung versteht. Es handelt sich hier um eine Reduktion der gesamtwirtschaftlichen Geldnachfrage, die, bei gegebener Geldmenge, Effekte hat wie eine Geldmengenerweiterung bei gegebener gesamtwirtschaftlicher Geldnachfrage.)
Wenn ich Dich richtig verstehe, meinst Du nun, dieser Preiseffekt sei ein Punkt, der für die Schuldenquote (mit GDP im Nenner) als Risiko-Indikator spreche und gegen eine Schuldenquote mit dem Vermögen im Nenner. Solltest Du das meinen, dann irrst Du und zwar aus folgendem Grunde: Bei der GDP-Quote steigt der Zähler und damit der Quotient, bei der Vermögensquote steigen Zähler und Nenner, aber der Zähler steigt relativ mehr an, so dass in diesem Fall auch die Vermögensquote ansteigt. Ergo kann man die Preiseffekte nicht benutzen, um die eine Quote gegen die andere auszuspielen.
>Deine Bedenken hinsichtlich einer hohen Schuldenquote, begründest Du jetzt damit, dass Du einen prozentual „kleinen“ Schuldenausfall (5%) auf ein hohes Schuldenniveau beziehst<
Sollte nur ein Beispiel sein. Eine Begründung wird u.a. den Preis miteinbeziehen müssen.
Du solltest jetzt Dein Beispiel nicht heruntermachen, denn es beschreibt eine Konstellation, die interessant ist und Dein Problem deutlich macht.
Nur kann man leicht nachrechnen, dass die Verschuldungsquote einen Wert von 2,7 annehmen muss, damit bei einem üppigen Zinnsatz von 10% und einer Lohnquote von 0,7 die Gewinne der Unternehmen nicht mehr ausreichen, um die Verzinsung der Schulden und die Abschreibungen zu decken.
Dazu folgender Ansatz:
iS < oder = Y (1-a)(1-l)
i= Zinssatz (=0,10)
Y = GDP
a= Abschreibungsquote (=0,1)
l = Lohnquote (0,7)
>4. Das Schuldenvolumen als Risiko-Maß?
>Ausserdem scheinst Du die Schulden als Risiko-Maß zu akzeptieren. Das möchte ich jetzt problematisieren.
>Bei der Kreditgewährung übernehmen die Gläubiger freiwillig ein Risiko. (In der Regel setzen Schuldner den Gläubigern nicht die Pistole auf die Brust. Nach allem, was ich gehört habe, ist es eher umgekehrt.) Wie hoch das gesamtwirtschafltiche G l ä u b i g e r-Risiko ausfällt, hängt nun nicht allein davon ab, wie hoch die Schulden sind, absolut oder relativ zum GDP, sondern davon wie gut die Schuldner das ihnen überlassene Geld investieren werden, und davon wie gut die Sicherheiten sind, die sie den Gläubigern bieten.<
Auch hier kommen wir bei einer gesamtwirtschaftlichen Erörterung um Preiseffekte nicht herum. Wenn eine große Zahl Schuldner ausfällt verschwindet auch die mit den Titeln verbundene Nachfrage.
>Dabei spielt natürlich auch die Höhe des haftenden Kapitals der Schuldner (Kreditinstitute) eine wichtige Rolle. Das sind alles Dinge, die man nicht aus dem Niveau der Schulden und erst recht nicht aus der Relation Schulden/GDP oder Schulden/Vermögen ablesen kann.<
Schon richtig, alles kann die Relation nicht leisten.
Ich werde weiter unten (siehe „Ein neuer Ansatz") zeigen, dass GdP-Quoten grob irreführend sein können. D.h. dass man sich in der von uns diskutierten Frage nicht auf sie, zumindest nicht auf sie allein, stützen sollte.
>Will man die Folgen eines eventuellen Schuldnerausfalls für die Gesamtwirtschaft bestimmten, dann ist dabei auch zu berücksichtigen, dass so wie die Gläubiger geschädigt werden, die Schuldner eine Entlastung erfahren. D.h. es findet beim Schuldnerausfall eine Umverteilung von Gläubiger zu Schuldner statt. Sieht man von diesem Umverteilungseffekt ab, dann besteht das ökonomisch Risiko darin, dass sich die Ertragserwartungen der Investoren, die sich verschuldet haben, nicht erfüllen.<
Auch hier kommen wieder Preiseffekte hinzu.
Preiseffekte retten die GDP-Quote nicht.
>5. Die Rolle der subjektiven Risiko-Einstellung
Ein sehr interessantes Thema, das auch in andere Bereiche hinüberreicht. Wir sollten vielleicht zu einem späteren Zeitpunkt einen diesbezüglichen Thread anfangen...
Das ist ein Ausweichen Deinerseits. Einer meiner Punkte an dieser Stelle ist ja gerade, dass die Risikotoleranz gestiegen ist, und dass deshalb das Risiko ansteigen kann, ohne dass dies eine Verschlechterung der Situation bedeuten muss. Wenn wir alles ausschliessen, was einem nicht in den Kram passt, dann können wir gleich Schluss machen mit der Diskussion.
>6. Die Rolle der personellen Unterschiede in der Risiko-Einstellung
Ein wirtschaftlich nicht ganz so interessantes Thema, eher psychologisch und soziologisch.
Dem muss ich entschieden widersprechen. Unterschiede in der Risiko-Einstellung sind der Schlüssel zum Verständnis zentraler ökonomischer Einrichtungen. Insbesonders die von Dir geschätzte Verschuldungsquote (GDP-bezogene) hängt damit entscheidend zusammen.
Was ich mit diesem Punkt auch noch sagen wollte, ist ganz simpel: es mag ja sein, dass die Entwicklung der Verschuldung aus Sicht der Debitisten eine Verschlechterung der Lage mit sich bringt, was aber, wenn die anderen dazu sagen, „so what?“ Wer sagt uns denn, dass man die Dinge so sehen muss, wie die Debitisten, was haben die Debitisten denn für Gründe, dass wir Ihre Sicht übernehmen sollen?
Dieses „so what“ hat zwei Aspekte: einen objektiv-faktischen und einen subjektiv/wertenden. Soweit ich sehe, haben die Debitisten Probleme im Umgang mit den einfachsten Fakten. Siehe die Frage der Staatsverschuldung. Die Debitisten sehen einen Anstieg dort, wo in Wahrheit ein Rückgang vorliegt. Für mich ist das, ein ganz entscheidender Befund. Soviel zum faktischen Aspekt.
Ausserdem geht in das Urteil der Debitisten deren Einstellung zum Risiko ein. Was, wenn die übrigen Leute zum Risiko eine ganz andere Einstellung haben als die Debitisten? Ist denn die Risiko-Einstellung der Debitisten die allein glückseligmachende?
>7. Die Rolle von Banken-Runs
>Was wir bis jetzt noch immer nicht berücksichtigt haben ist das Risiko von Banken-Runs.
Ich schlage vor, dieses zusätzliche Risiko vorerst unberücksichtigt zu lassen.
Einverstanden.
>7. Darf man unbesorgt sein?
>Ich glaube nicht, denn die Erfahrungen zeigen immer wieder, dass bei einem auftretenden Kollaps die Folgen der riskanten Spiele (Investitionen) über den politischen Apparat (Steuergesetze) erfolgreich auf die Nichtverursacher abgewälzt werden. Hier ist eine Verbesserung des politischen Systems überfällig.<
Was wiederum Preiseffekte zeitigt: Eine Kreditfehlinvestition, die von der Allgemeinheit übernommen wird, bewirkt die Verhinderung eines Ausfalls auf Gläubigerseite. Nicht zuletzt auch auf diese Weise wurde bisher eine Deflation vermieden.
Ich glaube Deinen Punkt zu verstehen, obwohl ich mit der Verwendung des Begriffes Deflation nicht einverstanden bin. Es genügt doch hier von einem verhinderten einmaligen Preisrückgang zu sprechen. Deflation ist ein anhaltender Prozess der Preisniveausenkung und kein einmaliger Preisniveaurückgang.
Gruß, Dimi
Weitere Bemerkungen:
I. Der Stand der Diskussion
Ich habe den Eindruck, dass wir vom Hundertsten ins Tausendste kommen, wenn wir in der Diksussion so weiter machen. Wenn ich die Diskussion richtig in Erinnerung habe, dann gibt es eine Ausgangs-Behauptung, die lautet, dass der ständige Anstieg der Quote der gesamtwirtschaftlichen Verschuldung bedenklich sei. Diese Behauptung hat zwei Aspekte:
1. Aspekt: die faktische Seite:
a) Es gibt einen Anstieg der Quote.
b) Der Anstieg ist beständig.
Dann gibt es die Frage der Bewertung der Entwicklung.
2. Aspekt: Die strittige Behautpung lautet:
Die Entwicklung ist bedenklich.
Was ist bisher in der Diskussion herausgekommen?
Ad 1. Aspekt:
Zum Faktischen (USA):
1. Beim Finanzsektor und beim Nichtfinanzsektor hat sich die Verschuldung relativ zum GDP erhöht.
2. Der Anstieg der Quote ist beim Nichtfinanzsektor ein temporärer gewesen, dh. Die Verschuldungsquote hat sich auf ein höheres Plateau (rd. 1,5) begeben.
3. Die Staatsverschuldung in USA ist absolut und relativ zum GDP zurückgegangen.
4. Beim Finanzsektor scheint sich die Verschuldungsquote laufend zu erhöhen. Allerdings hat es schon Phasen (Reagan-Ära) gegeben, bei denen sie sich stärker als in den letzten Jahren veränderte. Insofern ist die Entwicklung auch während der letzten Spekulationsblase weniger dramatisch gewesen als in der Reagan-Ära.
5. Die Gesamtschuldenquote (Nichtfinanzsektor und Finanzsektor zusammengenommen) verläuft qualitativ wie die Quote des Finanzsektors: d.h. sie ist fortlaufend angestiegen.
Ad 2. Aspekt:
Die Quotenentwicklung hat zwei Aspekte:
1. das Niveau der erreichten Quote
2. die Stabilität der Quotenveränderung.
Behauptet wird nach wie vor, dass das Niveau der GDP-bezogenen Schulden-Quote ein Problem sei oder sein könne, auch wenn die Quotenveränderung null oder positiv sei und dabei sehr stabil verlaufe.
Die Aussage, dass die Höhe der Quote ein Problem signalisiere, ist eine reine Behauptung, für die bis jetzt keinerlei überzeugende Argumentation geliefert wurde. Der Hinweis auf Preiseffekte ist natürlich noch keine Begründung der negativen Bewertung der Höhe dieser Quote.
Eigentlich müssten die Befürworter dieser Behauptung („Quote ein Problem“) den Nachweis der Richtigkeit führen. Die Diskussion, die wir hier führen, ist aber so eingefädelt worden, dass die Beweislast umgedreht wurde. Da ich mich auf diese Umkehrung der Beweislast eingelassen habe, will ich mich nicht beklagen, sondern jetzt ein weiteres und neues Argument gegen diese Quoten-Betrachtung liefern. Ich will damit aber sagen, dass, wenn es mir noch nicht gelungen ist, Dich von Deiner Überzeugung abzubringen, dies natürlich noch kein Beweis für die Richtigkeit Deiner Auffassung ist.
II. Ein neuer Ansatz:
1. Eine Zerlegung der gesamtwirtschaftlichen Schuldenquote
Die gesamtwirtschaftliche Schuldenquote (Schulden/GDP) kann man zerlegen in das Produkt zweier Faktoren: der erste Faktor ist der Quotient aus gesamtwirtschaftlichem Kapitalstock und GDP (dieser Faktor heisst auch Kapitalkoeffizient). Der zweite Faktor ist der Quotient aus den Schulden und dem Kapitalstock (diesen Faktor nenne ich Fremdfinanzierungsquote).
S/Y = K/Y *S/K
Dabei bedeutet:
S = Verschuldungsniveau
Y= GDP
K= Wert des Kapitalstocks
K/Y = Kapitalkoeffizient
S/K = Fremdfinanzierungsquote
Der gesamtwirtschaftliche Kapitalkoeffizient ist eine Funktion des Lohn/Zinssatz-Verhältnisses und des Standes der Produktionstechnologie. Die Fremdfinanzierungsquote resultiert gesamtwirtschaftlich letztendlich aus den divergierenden Risiko-Präferenzen der wirtschaftlichen Akteure. Durch die Fremdfinanzierungsquote kann man das Risiko-Profil des Realkapitals so transformieren, dass es Schuldner und Firmen-Eigentümer (Aktionäre) zufriedenstellt. Der Kapitalmarkt sorgt dafür.
2. Interpretation von Veränderungen der GDP-bezogenen Schuldenquote
Es gibt nun keinerlei feste Beziehung zwischen Kapitalkoeffizient und Fremdfinanzierungsquote. Die beiden können unabhängig voneinander variieren.
Die GDP-bezogene Schuldenquote kann z.B. steigen, indem der Kapitalkoeffizient zunimmt, ohne dass sich die Fremdfinanzierungsquote verändert.
Die Konstanz der Finanzierungsquote würde hier anzeigen, dass die Kapitalvermehrung zu prozentual gleichen Teilen durch Eigenkapital und Verschuldung finanziert wurde. Es würde also keine Veränderung der Finanzierungsstruktur stattfinden. Keine Veränderung heisst insbesondere, dass sich die Finanzierungstruktur gemessen am bisherigen Optimum weder verbessert noch verschlechtert hat. (Um dies festzustellen, braucht man sich nicht einmal darauf zu einigen, welche Veränderung eine Verschlechterung darstellt, und welche nicht.)
Man kann aus dem obigen Ansatz sofort und unmittelbar sehen, dass Veränderungen der Schuldenquote nicht eindeutig zuzuordnen sind. Ein Anstieg muss nicht auf eine Erhöhung der Fremdfinanzierungsquote zurückgehen, sondern kann auch allein durch eine Erhöhung des Kapitalkoeffizienten bei konstanter Fremdfinanzierungsquote zustandekommen.
Eine Erhöhung des Kapitalkoeffizienten sollte kein Anlass zur Sorge sein.
Sorge könnte eher die Entwicklung der Fremdfinanzierungsquote machen. Generell kann man wohl sagen, dass eine Erhöhung der Fremdfinanzierungsquote die Bankrott-Wahrscheinlichkeit einer Firma erhöht. Man kann sich nun vorstellen, dass es eine optimale Fremdfinanzierungsquote gibt (d.h. so etwas wie eine optimale Bankrott-Wahrscheinlichkeit). Das ist ein theoretisches Konzept bei dem man in der Praxis nicht so recht weiss, wo es genau liegt. (Im allgemeinen kann man aber davon ausgehen, dass es nicht optimal ist, die Fremdfinanzierungsquote, bzw. Die Bankrott-Wahrscheinlichkeit auf null zu reduzieren.) Man beachte, dass das Optimum sich im Laufe der Zeit und durch die Umstände (Marktbedingungen) verschieben kann. D.h. eine beobachtete Erhöhung der Fremdfinanzierungsquote ist nicht unbedingt als eine Verschlechterung der Lage zu interpretieren. Es kann sich um eine Annäherung an ein Optimum handeln, das sich (marktbedingt) gegenüber der Ausgangslage verschoben hat.
Ergänzung: Gegen eine ausschliessliche Betrachtung GDP-bezogener Verschuldungsquoten spricht letztlich auch folgende Feststellung. Hinter einem Anstieg der Schulden-Quote muss gar kein Anstieg des Schuldenniveaus stehen. Anders formuliert, die GDP-bezogene Quote kann auch steigen bei einem Rückgangs des Verschuldungsvolumens.
3. Praktische Konsequenzen:,
Wenn wir einen Anstieg der GDP-bezogenen Verschuldungsquote beobachten, dann sollten wir also zuerst fragen, ob dahinter eine Erhöhung der Fremdfinanzierungsquote steht oder ob dahinter nur eine Erhöhung des Kapitalkoeffizienten steht. Wenn sich die Fremdfinanzierungsquote erhöht hat, dann stellt sich die weitere Frage, ob die Erhöhung eine Annäherung oder eine Entfernung vom relevanten neuen Optimalwert darstellt.
III. Fehler der bisherigen Diskussion
In der bisherigen Diskussion wurden m.E. folgende Fehler begangen:
1. Der Anstieg der GDP-bezogenen Schuldenquote wurde ohne Zögern negativ bewertet. Das bedeutet aber, dass er im Rahmen der obigen Zerlegung als eine Erhöhung der Fremdfinanzierungsquote interpretiert wurde. Diese Interpretation ist aber nicht zwingend.
2. Der Anstieg der Fremdfinanzierungsquote wurde als Entfernung vom Optimum (Verschlechterung) interpretiert. Das ist aber ebenfalls nicht zwingend. Es kann sich genauso gut um eine Annäherung an ein neues Optimum handeln, das sich gegenüber der Ausgangslage verschoben hat.
IV. Ist die Höhe der US-Schuldenquote bedenklich?
Wenn wir die zur Zeit in den USA bestehende Schuldenquote beurteilen wollen, dann können wir den obigen Rahmen verwenden. Wir dividieren dazu die GDP-bezogene Schuldenquote durch den Kapitalkoeffizienten und erhalten die Fremdfinanzierungsquote:
S/K = (S/Y): (K/Y)
Eine Schuldenquote von 1,5 (Verschuldung des US-Nichtfinanzsektors) bedeutet bei einem Kapitalkoeffizienten, wie er in den USA historisch (von Kuznets für die Zeit von 1889-1955) mit mindestens 4 ermittelt wurde, dass die durchschnittliche Fremdfinanzierungsquote in den USA deutlich unter 0,5 liegt.
Ich möchte nun ernsthaft bezweifeln, dass eine Fremdfinanzierungsquote von unter 0,5 Grund für ein Panik- oder Desaster-Szenario liefert.
V. Die Entwicklung der Verschuldungsquote des Finanzsektors
Die GDP-bezogene Verschuldungsquote des Finanzsektors lässt sich
wie folgt zerlegen:
S_f/Y = (K_f/Y_f )* (S_f/K_f ) * (Y_f/Y).
S_f = Schulden des Finanzsektors
Y = GDP
K_f = Kapitalstock des Finanzsektors
Y_f = Beitrag des Finanzsektors zum GDP
Die GDP-bezogene Schuldenquote des Finanzsektors ist hier also das Produkt dreier Faktoren. Ein Anstieg dieser Quote kann also auf unterschiedliche Weise zustandekommen. Insbesondere braucht dazu die Fremdfinanzierungsquote (S_f/K_f ) nicht anzusteigen. Es genügt, dass der Kapitalkoeffizient (zunehmende Bedeutung von Computer-Software für die Finanzinstitute) oder der anteilige Beitrag des Finanzsektors zum GDP (zunehmende Bedeutung des Dienstleistungssektors!!) zunimmt. Ein Anstieg der Fremdfinanzierungsquote muss ausserdem, wie schon zuvor betont, keine Verschlechterung der Situation bedeuten, sondern kann eine Annäherung an ein verschobenes Optimum bedeuten (Finanzinnovationen verändern die optimale Fremdfinanzierungsquote bzw. die optimale Bankrott-Wahrscheinlichkeit).
Fazit:
Verschuldungsquoten bedenklich? Bis jetzt gab es dazu in diesem Board nur viel Lärm um nichts.
Gruss aus Chicago
franco
P.S. Ich würde es schätzen, wenn Du bei Deinen Antworten nicht nach Belieben Texte von Dir bzw. mir kürzen würdest. Für mich hat das Weglassen von Teilen der stattgehabten Diskussion den Geschmack des Zinkens von Karten, vergleichbar
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gesamter Thread: