- An schlaufuchs - Turon, 24.06.2001, 21:12
- Re: An schlaufuchs - SchlauFuchs, 25.06.2001, 15:35
Re: An schlaufuchs
Hallo, Turon,
man was für eine Message, und ich mußt hier knappe Arbeitszeit bei der Bank für dich abknapsen.
>Ich hole den Posting jetzt noch mal hoch - zu Besteuerung und Kosten für Arbeitsplatzbeschaffung und Entstehung sowie Ausbildung habe ich schon bereits gepostet.
>Suche weiter unten. Dennoch - viele die so oft vorgetragenen Zahlen, beeinhalten in bester Staatsmanier:) Doppelt und Dreifachkosten und
>sind auch nicht um Abschreibungen und Förderungen gekürzt, somit kann
>auch natürlich kein effektiver Vergleich erfolgen.
>Wie Du ja gesehen hast, zahlen die Selbständigen nach eigener Einschätzung
>etwa 80% Steuern.:) Die Subventionen in der Form von zinsbegünstigten
>Darlehen, Abschreibungen und Zuschüsse sind da gar nicht erfasst.
>Der Satz der Gewerkschaftler also, in Hinblick auf diesen Murx, was man uns
>versucht von den Firmenchefs anzudrehen, hat was an sich.
>Die tatsächliche Abgabenbelastung ist tatsächlich hoch, aber dafür schafft
>die Wirtschaftspolitik ebenso Abschreibungsmöglichkeiten. Die nicht von schlechten Eltern sind.
Ja, irgendwo habe ich vorhin gelesen, daß Siemens 120 Millionen an Steuern zahlt und 190 Millionen an Subventionen kassiert...
>Genauso ist es bei der Ausbildungskosten - erstens berechnet der Selbständige sehr oft Kosten - als wäre es Leerlauf - aber machen wir uns nichts vor:
>der Lehrling wird ebenso an die Maschine gestellt, wie der Mitarbeiter und
>erledigt sehr wohl die unproduktive Arbeit. Würde er das nicht tun wäre
>sofort eine Reinigungskraft notwendig.
Reden wir beim Ausbilder von einem Mittelständischem oder einem Großunternehmer?
>Doch zur Sache: Du schreibst:
>
>"...Moment, klären wir mal die Gründe, warum die Unternehmer keine Stellen schaffen:
>(aus meiner Sicht)
>1. Ein Mitarbeiter, der in Deutschland ein Brutto von 6.000 DM verdienen will, der kostet den Deutschen Unternehmer zur Zeit etwa 15.000 Lohn+Nebenkosten+Steuer. Ein solcher Mitarbeiter muß der Firma also durch seine Arbeitskraft mindestens 15.000 DM Gewinn erbringen, bevor die Rentabilitätsgrenze erreicht ist, und es sollten wohl mindestens 17.000 sein, damit es sich lohnt.
Ja, im Nachher drüberweglesen stellte ich auch fest, daß ich wohl den Nettolohn meinte. Dann stimmt es wieder.
>3. Es lohnt sich für einen Unternehmer nur, sein Arbeitskräftepotential auszubauen, wenn die bestehende Nachfrage nach seinen Produkten seine Kapazitäten auslastet oder in naher Zukunft erwartungsmäßig überlastet.
>Teilweise richtig. Teilweise falsch. Die kalkulatorischen Kosten für
>andere Produktionsfaktoren sollten hier aber auch erwähnt werden. Eine
>alte Anlage die bei Vollauslastung 1000 Stück an einer Ware schafft, und
>mal angenommen 100000 Kilowatt verbraucht, unermäßlich oft geölt werden muß,
>kann unwirtschaftlich sein. Durch die Modernisierung kannst Du sehr oft
>Freiräume schaffen, wenn Du neues Modell kaufst, der 1500 Einheiten pro
>Schicht schaffst - (das nutzt zwar nichts bei labiler Marktsituation),
>aber: sie kann den Produktionsanlaufzeit reduzieren: (manche Großanlagen
>älteren Datums benötigen etwa 15 Minuten Vorwärmzeit), obendrein kann so eine
>Maschine schon mal die Hälfte des Stroms verbrauchen im Vergelich zu der alter,
>und womöglich ist die Anlage auch arbeitstechnisch sicherer.
>Womöglich erlaubt sie auch die Verabeitung von anderen Stoffen.
>Alles Kapazitäten die die Handlungsfähigkeit des Betriebes sehr oft steigern,
>der Mitarbeiter muß dabei noch nicht mal entlassen werden - aber wie so oft
>wird er das.
Das ist aber eher Modernisierung als Rationalisierung. Eng beieinander aber im genannten Beispiel zweitrangig. Ich habe mal für die Schule eine Heimarbeit über Nutzen und Problematik der Automation gehalten. Ich habe die Arbeit aber nicht mehr, wäre aber mal neugierig, wie sich meine Ansicht zu dem Thema vor 10 Jahren angehört hat.
>Diese Faktoren wiederum können ungemein die Kosten für die Produktion
>senken, wenn man auch damit alternative Rohstoffe verarbeiten kann -
>mal angenommen - es ist bereits ein alternatives produkt am Markt,
>der aus anderem Rohstoff - der wesentlich günstiger produziert
>werden kann - so ist die investitionsfeindliche Firma aus dem Rennen.
>Egal wie sehr sich ein Mitarbeiter anstrengt.
So oder so, entweder die eigenen Arbeiter oder die der Konkurrenz werden durch die Maßnahme überflüssig - und falls der Unternehmer kein skurpelloser egoistischer Gewinnler ist, sondern einer der mit seinen Angestellten noch Hand in Hand arbeitet, sind solche Aktionen meist nur unfreiwillig, aufgezwungen von Banken, die sein Konto besitzen.
>Das funktioniert natürlich nicht immer, aber immerhin kann man doch
>zumindest einige Faktoren immer noch reduzieren - sei es nur
>die Gesundheit der Arbeiter schonen, was mit allgemeiner Zufriedenheit
>belohnt werden wird - d.h.: der Mitarbeiter wird nicht so oft ausfallen.
>4. Es ist in Deutschland mit der aktuellen Gesetzgebung billiger, eine Maschine einzustellen, als 20 Arbeiter, die durch diese Maschine wegrationalisiert wurden. Der Vorteil ist für die Firma eine Kostensenkung und damit Wettbewerbsvorteile, und der Nachteil für die Firma ist eine sinkende Nachfrage, da alle das so zu machen versuchen und die Arbeiter ihre Kaufkraft einbüsen. Wichtiger wiegt für den Unternehmer aber der jetzt gemachte Opportunitätsgewinn vor dem erst phasenversetzt auftretenden Opportunitätskosten.
>Das ist sicherlich richtig - und auch der richtige Weg -
>für die Unternehmen. Daß dabei wegrationalisiert wird ist logische
>Folge und es geht auch nicht Anders. Was uns in Deutschland einfällt um die
>Kosten zu senken - fällt den etlichen anderen Unternehmern ebenso ein.
>
Die Frage ist aber, warum muß das letzte Tröpfchen Blut aus der Firma wegrationalisiert werden, und wem nutzt das letztlich?
Kennst du das Buch MOMO? Ist eine nette Parabel. Kleines Ã-rtchen, alles läuft gemütlich, kein Streß, alle glücklich. Irgendwann kommen die 'Berater', erklären den Leuten, daß sie ihre Zeit verschwenden, sie würden viel erfolgreicher, wenn sie rationalisieren, härter arbeiten. Ergebnis: Keiner mehr glücklich, jeder arbeitet wie besessen, sofern er noch Arbeit hat. Keiner hat mehr Zeit für die wesentlichen Dinge. Und die Leute in den grauen Anzügen kassieren reichlich und keiner bekommt es mit.
In unserer Realität ist es der Wettbewerb, der dazu zwingt, zu rationalisieren. Woher kommt der Wettbewerb? Vom Zwang, zu wachsen, seine Märkte zu erweitern, andere Konkurrenten vom Markt zu vertreiben. Woher kommt der Wachstumszwang? Weil Firmen sich verschulden, um zu wachsen und damit gezwungen sind, Zins zu leisten, und um den zu erwirtschaften, muß der Gewinn optimiert, rationalisiert werden. Aus meiner Sicht ist da die Ursache für ständig zunehmende Arbeitslosigkeit, Rationalisierungzwang im Teufelskreis.
>5. Durch die Sozialbrille geschaut zahlen alle übrig gebliebenen Arbeitskräfte jetzt drauf für das, was ihre arbeitslos gewordenen Kollegen zum überleben brauchen. Die wenigsten freiwillig, die meisten mit Zähneknirschen.
>Ebenfalls richtig - doch wie ich schon gesagt habe - dieses Aspekt,
>hast Du nur den Arbeitgebern zu verdanken, und dem Lauf der Masse.
Du meinst, die Arbeitgeber haben das System installiert? Wenn schon, waren das Gewerkschaften. Aber vorher war die Industrialisierung, Weg von der Manufaktur hin zur Fließbandproduktion. Landflucht. Städtewucherung. Massenarmut. Globalisierung war damals in etwa, wenn jemand in Hamburg Produkte für Frankfurt herstellt, aus Rohstoffen, die aus Kolonien in Afrika und Indien kamen. Das hat zu einer massiven Umverteilung geführt.
>1) Niemand will angeblich Ãœberstunden machen - am Ende machen sie Alle
>überstunden. Die einen Einkommen verbessern den anderen werden die
>tüchtigen Arbeiter als Vorbilder gezeigt - schau der ist selbst
>am Sonntag hier auf dem ist Verlaß.
>2) Es wird bei den Firmen nicht darauf geschaut, daß man durch bessere
>Organistaion der Arbeit - diese Ãœberstunden und die daraus entstehenden Kosten
>die Unternehmen auf beiden Seiten belasten.
>a) dem Arbeitnehmer: er rationalisiert den Bedarf an Arbeitskräften durch seine
>Überstunden weg, und erhöht damit die Lücken in den Kassen;
Aus meiner Sicht ist ein Problem, daß Überstunden der vorhandenen Mitarbeiter billiger sind als die Lohnnebenkosten eines zusätzlichen Mitarbeiters, und deswegen sehe ich da den Ansatzpunkt. Bzw. noch etwas weiter hinten in der Kette der Ursachen. Nicht jeder Unternehmer ist ein Geizkragen.
>b) das gleiche gilt für die Arbeitgeber - wir leben in so einem Staat
>wo man irgendwann gesagt hat, wenn sich es nicht lohnt Arbeiter einzustellen,
>entschädigen wir sie einfach mit Sozialausgleich - logische Konsequenz -
>wenn man in einem Land zu teilen gelernt hat; Das sieht man nämlich so:
>Jemand hat die Betriebe mit seiner Leistung so groß gemacht, daß sie
>nun mal alleine produzieren können. Also verlangt man jetzt Gegenleistung.
>Und das sind die sozialen Abgaben, ohne diese hättest Du mit einem Schlag
>gleich die Firmen schließen können, weil da Absatzmärkte wegbrechen.
>So einfach ist das.
Hat jemand eine Statistik wie sich das mit der Sozialhilfe in Deutschland in den letzten 50 Jahren entwickelt hat?
So wie ich das ganze sehe, hatten wir in den 70er Jahren das sogenannte Nachkriegswunder, wir hatten einen derartigen Arbeitskräftemangel, daß wie sie aus dem Ausland in Massen zu uns geholt haben. Die Renten haben für ein komfortables Leben gelangt, die Krankenkassen haben alle Kosten getragen, lief doch prima, das System. Damals gabe es auch große Unternehmen, und die haben damals noch expandiert, auch personalmäßig. Heutzutage wird ausgegliedert, Einstellungssperre verhängt, Filialen im Ausland aufgemacht... Die Wandlung im Unternehmerischen geist ist schon drastisch, wennn man sie sich im Zeitraffer anschaut, und die Ursache liegt zumeist im Geld, welches nicht mehr so fließt wie früher, wo der Staat inzwischen so viel umverteilt, daß niemand mehr durchblickt.
>Das ganze ist wie ein Teufelskreis, den man auch Rationalisierungskreis nennen kann. Unternehmen werden nie größer sein, als nötig (oder wenn, dann nicht lange, in die eine oder andere Richtung). Deswegen denke ich, daß die Zukunft in einem Markt von selbstständigen Leuten und kleinen Firmen liegt, die füreinander subunternehmerisch arbeiten. Früher nannte man das"Gesunder Mittelstand", und es war der Grund, warum für Deutschland nach dem ersten und nach dem zweiten Weltkrieg der Sturz nicht soo schwer war, wieder alles aufzubauen, denn das Kapital und die Güter waren weitgehend gleichverteilt. (nach dem ersten wurde nicht aufgebaut, aber die Reparationen tapfer ertragen)
>Ja - einverstanden, bis auf die tatsache, daß wenn alle selbständig sind,
>und alle füreinander arbeiten, wird sehr starker Preisdruck einsetzen,
nicht unbedingt, solange jeder mehr lokal statt global denkt. Wenn man nicht mehr 15km mit dem Auto in die nächste Ortschaft fährt, weil der Liter Benzin an der dortigen Tankstelle 2 Pfennig günstiger ist.
>Du wirst nicht mehr haben als davor, und Dein Einkommen wird schwanken,
>und zwar sehr - bis ins Minusbereich.
Typisches Anti-Selbständigkeits-Argument. Wenn der Staat bei uns nicht mehr als die Hälfte des Gewinnes wegnehmen würde, könnte man in guten Zeiten viel zurücklegen für schlechte Zeiten und Ruhestand. Oder man könnte wie der Teufel konsumieren und damit den Geldumlauf und die Konjunktur kochen lassen.
>Das was wir heute haben ist statt Arbeitsverhältnis mehr schon eine Art Schuldknechtschaft. Die Leute habe sich so an das Unselbstständigsein, an die Geborgenheit in der Masse der Lohnknechte gewöhnt, sind so risikoscheu geworden, daß sie gar nicht mehr in der Lage sind, sie einen freieren Zustand vorzustellen. Nicht angestellt zu sein wird assoziiert mit Arbeitslos sein. Solange es irgendwo Arbeit gibt, ist jeder Arbeitslose, der sagt, es gibt keine Arbeit, blos einer, der sie nicht anpacken will. Insofern kann ich unseren Bundeskanzler mit seinem schlecht angenommenen Zitat schon verstehen. Wer arbeitslos ist, sollte mal anfangen, sein Schicksal in die Hand zu nehmen, anstatt trübsinnig vor dem Sozialamt oder dem Arbeitsamt zu sitzen und auf Almosen zu warten, der auf die Boom-Konjunktur, wo Arbeitskräfte von den Unternehmern tatsächlich gesucht werden.
>Einverstanden und am meisten stimme ich den letzten Satz zu.
>Die Arbeitslosen sind auch Ressourcen.
>Ich wollte jetzt noch ein paar Seiten hinphilosophieren, aber jetzt ist Feierabend, ich muß zum Bus.
>Hoffe meinen Standpunkt entsprechend verständlich vorgetragen zu haben.
Ja, aber ich bin noch nicht davon überzeugt, daß die Arbeitgeber die Wurzel des Problems sind...
ciao!
SchlauFuchs
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