- Der Aufstieg Ostasiens wird kommen - Sascha, 26.06.2001, 11:31
Der Aufstieg Ostasiens wird kommen
Gastkommentar: Vor vier Jahren sorgte die Asienkrise für ein wirtschaftliches und politisches Erdbeben in der Weltregion, das bis heute andauert
<font size=5>Der Aufstieg Ostasiens wird wieder kommen</font>
Von TOMMY KOH
Tommy Koh ist Direktor des Institute of Policy Studies in Singapur und Ambassador-at-Large des Singapurer Außenministeriums.
Vier Jahre sind seit dem Ausbruch der Finanzkrise in Ostasien vergangen. <font color="#FF0000">Am 2. Juli 1997 gab die thailändische Regierung unter dem Druck der Märkte den festen Wechselkurs vom Baht zum US-Dollar auf - das war das"Startsignal" zur Asienkrise</font>. Einige ostasiatische Volkswirtschaften, wie China, sind von der Krise unberührt geblieben. Andere, wie Taiwan, Hongkong und Singapur, konnten auf Grund ihrer starken volkswirtschaftlichen Basisdaten dem Sturm relativ gut trotzen. <font color="#FF0000">Hingegen haben sich Indonesien, Malaysia, die Philippinen und Thailand bis heute nicht voll von der Krise erholt</font>. <font color="#FF0000">Zudem stagniert Japan seit einer Dekade</font>. So gesehen hat Ostasien definitiv seinen Glanz verloren. Ist der Konfuzianismus, sind die"asiatischen Werte" tot?
Nein, ich glaube, dass das ostasiatische Wirtschaftswunder nicht vorbei ist. Chinas Aufstieg in der Weltwirtschaft ist nicht aufzuhalten, außer es kommt zum Krieg mit Taiwan. Ich glaube, dass Japan in den kommenden fünf Jahren die bittere Pille fundamentaler Reformen schlucken wird und ins Leben zurück findet. Ich glaube auch, dass die Länder Südostasiens keine andere Wahl haben, als ihr Haus in Ordnung zu bringen. Die Folge: Ostasien wird in den nächsten fünf Jahren, wieder einmal, als die dynamischste Region die Weltwirtschaft anführen.
Die Wirtschaftskrise hat auch gezeigt, dass einige Aspekte der asiatischen Werte, Praktiken und Gewohnheiten, beseitigt werden müssen. Um nur einige Beispiele zu nennen: Die Vetternwirtschaft hat tiefe Wurzeln in Asien, eine aus der Liebe zur Familie geborene Praxis. Asiatische Väter möchten ihre Söhne als ihre Nachfolger im Geschäftsleben aufbauen. Altmodische asiatische Unternehmer bevorzugen es, ihre Angestellten aus dem weiteren Kreis ihrer Familien oder Clans zu rekrutieren, auf der Basis einer sehr engen Definition des sozialen Vertrauens. Diese Praktiken müssen dem Leistungsprinzip weichen. Seit der Krise 1997/98 haben viele asiatische Familienunternehmen damit begonnen, Talente für ihr Geschäft außerhalb ihrer Familien und Clans zu rekrutieren.
In manchen asiatischen Gesellschaften ist die Korruption beherrschend. Signifikant ist, dass China wie Indien die Korruption als ihr größtes Problem identifiziert haben. Die Ausrottung der Korruption ist eine gewaltige Aufgabe. Wir brauchen saubere und bestimmende Führungspersönlichkeiten im Kampf gegen die Korruption.
Wir müssen die Gehälter der Angestellten im Staatssektor erhöhen. Wir müssen das Bewusstsein der Menschen ändern. Asiaten müssen davon überzeugt werden, dass die Korruption ein nicht zu tolerierendes Übel ist. Die"Herrschaft des Mannes" ist in einigen asiatischen Ländern stärker als die Herrschaft des Rechts.
<font color="#FF0000">In vielen Ländern Asiens gilt die Herrschaft des Gesetzes nicht für Leute in besonders privilegierten Positionen</font>. In einigen Ländern Asiens sind die Richter korrupt und das Recht kann zu einem bestimmten Preis gekauft werden. Das alles muss sich ändern. Das neue Asien muss Transparenz, Integrität und Verantwortlichkeit in sich aufnehmen. Das ist die Mission von Transparency International in Berlin.
Auf der anderen Seite sind einige konfuzianische oder asiatische Werte durchaus gut. Sie haben die Wirtschaftskrise überlebt. Zum Beispiel der Glaube an eine starke Familie. In Ostasien, anders als im Westen, ist die Ehe noch eine populäre Institution <font color="#FF0000">und Scheidungen sind, obwohl zunehmend, noch nicht üblich</font>. Schwangerschaften von Teenagern haben noch nicht das alarmierende Ausmaß erreicht wie in den USA. Mit anderen Worten: Wir haben noch nicht den <font color="#FF0000">sozialen Niedergang</font> erfahren und werden ihn wahrscheinlich auch nicht erfahren, wie ihn Francis Fukuyama in seinem Buch"The Great Disruption" beschrieben hat.
Ein anderer guter asiatischer Wert ist die Ehrfurcht vor der Erziehung und dem Lernen. Es ist nicht überraschend, <font color="#FF0000">dass Studenten aus Ländern Ostasiens ihre westlichen Kommilitonen in internationalen Tests in Mathematik und Naturwissenschaften durchgehend ausstechen</font>. Das verspricht Gutes für Ostasien, denn die Weltwirtschaft entwickelt sich rapide zu einer wissensintensiven Wirtschaft. In der Neuen Welt sind die Menschen die wichtigste wirtschaftliche Ressource eines Volkes. Ein gut ausgebildetes und kreatives Volk gibt einem Land den besonderen Wettbewerbsschwung gegenüber anderen Ländern mit einem weniger gut ausgebildeten und weniger kreativen Volk.
Deshalb brauchen wir auch bessere Universitäten. Asien muss seinen Anteil an Weltklasse-Universitäten haben, wenn es in die Lage kommen will, im globalen Kampf um Talente wettbewerbsfähig zu sein.
Ein dritter guter asiatischer Wert ist die Arbeitsethik. Ostasiaten haben eine Kultur, <font color="#FF0000">die die Notwendigkeit hart zu arbeiten betont</font>. Wenn die Asiaten sich diese Arbeitsethik trotz wachsenden Wohlstandes erhalten können, dann bewahren sie sich einen Vorteil im globalen Wettbewerb. Besser noch sollten Asiaten lernen, genauso intelligent wie hart zu arbeiten.
Deshalb gilt: Der Aufstieg Ostasiens in der Weltwirtschaft wird mit großer Sicherheit wieder kommen. Dabei müssen einige schlechte asiatische Werte über Bord geworfen werden. Andere Werte, die gut sind, sollten bleiben.
HANDELSBLATT, Dienstag, 26. Juni 2001
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