- Anstehende Wirtschafts - Finanz Daten 18/19 July - AU, 18.07.2001, 09:31
- Re: Welt -Artikel - Greenspan, der Glaube machts! - AU, 18.07.2001, 10:03
Re: Welt -Artikel - Greenspan, der Glaube machts!
Greenspans Image ist angekratzt
Der Chef der US-Notenbank tritt vor den Kongress: Die Börse erwartet Hinweise auf eine erneute Zinssenkung. Zugleich wächst die Kritik: Wieso wirkt die Geldpolitik nicht endlich positiv?
Von Henning Kruse
und Holger Zschäpitz
Berlin - Börsianer bezeichnen den US-Notenbankchef Alan Greenspan gerne als"Babysitter der Börse". Heute werden von ihm wieder einmal väterlich-fürsorgliche Worte erwartet. Die Märkte erhoffen sich von seinem Auftritt vor dem Finanzausschuss des Repräsentantenhauses Hinweise auf eine erneute Zinssenkung im August. Doch das lebende Denkmal Greenspan wird sich auch unangenehme Fragen gefallen lassen müssen. Warum geht es mit der Wirtschaft weiter bergab, obwohl Sie schon sechs Mal in diesem Jahr die Zinsen gesenkt haben? Weshalb ist die Geldpolitik so wirkungslos? Wann kommt an Wall Street die Trendwende?
Keine Frage: Die Zweifel an Greenspans erzieherischen Fähigkeiten wachsen. Trotz der aggressivsten Zinspolitik seit über 20 Jahren will die Börse nicht Tritt fassen, jagt eine Gewinnwarnung die andere, und Massenentlassungen stehen auf der Tagesordnung. Greenspan muss sich mittlerweile sogar Vorwürfe gefallen lassen, die Misere selbst hervorgerufen zu haben.
"Die US-Notenbank Fed ist mitschuldig an der jetzigen Verwüstung der amerikanischen und globalen Wirtschaft", meint der renommierte Chefvolkswirt von Morgan Stanley Dean Witter, Stephen Roach. Er wirft Greenspan vor allem vor, Ende der 90er Jahre in wirtschaftlichen Boomzeiten die geldpolitischen Zügel zu locker gelassen zu haben. So überschwemmte Greenspan die Wirtschaft mit Liquidität. Die Folge waren explodierende Aktienkurse und ein Investitionsrausch der Unternehmen."Das hat erst das Klima für die Technologie-Blase geschaffen, die nun abrupt geplatzt ist", sagt Roach. Der Schaden ließe sich nun kaum noch reparieren.
Zweifel am Magier Greenspan kommen auch anderen Experten."Die US-Wirtschaft sitzt auf immensen Überkapazitäten. Die Anpassung kann Jahre dauern", vermutet Dieter Wermuth, Stratege der Tokai-Bank. Mit anderen Worten: Eine schnelle Wende zum Besseren ist nicht in Sicht. Diese Einschätzung bietet allerdings reichlich Zündstoff für die Börsen. Denn trotz der jüngsten Talfahrt werden viele Kurse immer noch vom Optimismus gestützt, dass es schon im zweiten Halbjahr 2001 wieder aufwärts gehen werde. Greifen doch Zinssenkungen in der Regel erst mit einer Verspätung zwischen sechs bis neun Monaten. Doch die Greenspan-Wunderwaffe könnte ihre Wirkung verlieren."Bei Überkapazitäten helfen keine Zinssenkungen", sagt Wermuth."Unternehmen investieren einfach nicht mehr." Bisher zeige sich nur die Spitze des Eisbergs."Die Rechnung wird Greenspan wohl noch präsentiert."
Dabei gilt der US-Notenbankchef bis heute als ein Magier der Märkte. Seit seinem Amtsantritt 1987 brachte er Wirtschaft und Börse mit einer klugen Geldpolitik auf Erfolgskurs. So verhalf er 1990 den Märkten trotz einer Minirezession durch Zinssenkungen zum Umschwung. Mit den Zinserhöhungen um 300 Basispunkte im Jahre 1994 rettete er die US-Wirtschaft vor einer Überhitzung. 1997 und 1998, als die Asienkrise die Weltwirtschaft erschütterte, war es wieder Greenspan, der über die Zinspolitik ausreichend Liquidität in die angeschlagenen Märkte pumpte. So konnte der Dow Jones auch in den Krisenjahren 1997 und 1998 jeweils zweistellig zulegen. Wissenschaftler haben sogar einen"Greenspan-Effekt" ausgemacht. Dank seiner Person seien die US-Märkte im internationalen Vergleich höher bewertet.
Sollte Greenspan seinen Nimbus der Unfehlbarkeit verlieren, droht den US-Börsen Ungemach. Auch der Dollar, dessen Stärke zum großen Teil auf den Glauben an den Fed-Chef beruht, könnte unter Druck geraten. Doch bisher hat er noch eine treue Anhängerschaft."Eine Rezession wird es unter Greenspan nicht mehr geben", sagt David Milleker von der Dresdner Bank. Gespeist wird diese Zuversicht neben ersten positiven Frühindikatoren vor allem durch das absehbare Ende der Greenspan-Ära in drei Jahren. Der Fed-Chef wird nach Meinung der Börsianer alles daran setzen, seinen magischen Ruf zu erhalten. Milleker:"Sein Image als Aktiengott hat zwar mittlerweile Kratzer bekommen, doch die Wirtschaft hat er weiter fest im Griff."
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