- Finanzverwaltung startet"Grossrazzia" in einer Bank - Obelix, 27.07.2001, 08:35
Finanzverwaltung startet"Grossrazzia" in einer Bank
Bankgegeheimnis adé. Viel Spass beim Lesen.
Gruss, obelix
+++ Finanzverwaltung startet"Grossrazzia" in einer Bank -
Niedersaechsisches FG erteilt Absolution
In den Jahren 1998 bis fast Ende 2000 ueberfiel Deutschland ein
neuer Boom. Staendig hoerten wir von hoffnungsvollen
Neuemissionen. Ein Start-Up nach dem anderen spriesste aus
dem Boden des"Neuen Marktes" und wurde in
schwindelerregender Geschwindigkeit an die Boerse gebracht.
Ebenso schwindelerregend waren die Gewinnerwartungen. Es
wurden neue Fonds gebildet und auch viele risikoscheue Sparer,
die vorher ihr Geld sicher in festverzinslichen Wertpapieren
angelegt hatten, wagten sich an Aktien und erzielten
tatsaechlich mitunter recht gute Renditen.
Die anhaltenden Meldungen und Boersenberichte ueber die
"gigantischen Kursgewinne" sind natuerlich auch dem aufmerksamen
Finanzbeamten nicht entgangen. Umso mehr Verwunderung herrschte
in den Amtsstuben ueber die Steuer-Akten der Jahre 1998 und 1999:
Auffaellig wenige Spekulationsgewinne (heute:"private
Veraeusserungsgewinne"). - Das kann ja wohl nicht war sein!
Sollten tatsaechlich so geringe Spekulationsgewinne angefallen
sein? Oder sollten viele Steuerpflichtige etwa vor lauter
Euphorie vergessen haben, den steuerpflichtigen Gewinn zu
erklaeren? - Doch wie sollte man dem Steuerpflichtigen nun
auf die"Schliche" kommen?
Nun, die meisten dieser Geschaefte laufen ueber die Bank. Und
da wird man ja wohl mal nachfragen duerfen?! - Das hiess im
konkreten Fall: Auskunftsersuchen zur Einsichtnahme in saemtliche
Unterlagen ueber Wertpapierabrechnungen und Orderauftraege
von Kauf- und Veraeusserungsgeschaeften am Neuen Markt
sowie in die dazugehoerenden Depots ueber einen Zeitraum
von 20 Monaten. Die Ermittlungen sollten sich allerdings auf die
Faelle beschraenken, in denen - unter Beruecksichtigung des
Freibetrags - auch wirklich ein entsprechender
Spekulationsgewinn entstanden ist.
Die bei diesem"Rundumschlag" ermittelten Auswertungen ergaben
fuer den Zeitraum 1.5.1998 bis zum 31.12.1999 2.329 Verkaeufe,
davon denen 932 im Jahr 1998 und 1397 im Jahr 1999. Im Jahr 1998
wurden 80,4 % und im Jahr 1999 67,7 % der Wertpapiere innerhalb
der Spekulationsfrist wieder veraeussert, wenn fuer die
Fristberechnung ausschliesslich die Zeit zwischen Boersengang und
Verkauf zugrunde gelegt wurde. Nach Angaben der Bank waren danach
voraussichtlich ueber 2000 Kunden von weiteren Ermittlungen
betroffen.
Daher richtete sie an das Finanzgericht (FG) den Antrag, dass dem
Finanzamt (FA) untersagt wird, die eingesehenen Unterlagen
auszuwerten und Kontrollmitteilungen ueber diese Vorgaenge an die
Veranlagungsfinanzaemter der betroffenen Kunden zu senden. Bei
den Ermittlungen des FA handele es sich um eine unzulaessige
Rasterfahndung, die Ermittlungen erfolgten ins Blaue hinein, so
die Bank in Ihrer Antragsbegruendung. Das Vorgehen des FA
verstosse gegen § 30a AO (Schutz des Bankkunden) und zwar
konkret gegen Abs. 3.
Danach duerfen die Guthabenkonten oder Depots, bei der
Einrichtung eine Legitimationspruefung nach § 154 Abs. 2 AO
(Kontenwahrheit) vorgenommen worden ist, anlaesslich der
Aussenpruefung bei einem Kreditinstitut NICHT zwecks
Nachpruefung der ordnungsmaessigen Versteuerung
festgestellt oder abgeschrieben werden.
Das FG erachtete den Antrag der Bank als zulaessig und auch als
statthaft - jedoch als unbegruendet.
Die Finanzbehoerde sei nach § 208 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 AO zur
Ermittlung der begehrten Tatsachen befugt gewesen und verstosse
auch mit der Weitergabe der ermittelten Daten nicht gegen § 30a
Abs. 2 und 3 AO, so das FG. - Im § 208 Abs. 1 AO sind die
Aufgaben der Steuerfahndung geregelt, dazu gehoert nach Nr. 3
"die Aufdeckung und Ermittlung unbekannter Steuerfaelle". Die
Ermittlung unbekannter Steuerfaelle bezieht sich sowohl auf
unbekannte Steuerpflichtige als auch auf unbekannte steuerlichen
Sachverhalte.
Durch die klare Abgrenzung der zu ermittelnden Sachverhalte (wie
oben erwaehnt: Verkaeufe im Zeitraum 1.5.1998-31.12.1999,
Neuemmisionen nach dem 31.10.1997 und schliesslich nur bei
tatsaechlich entstandenen Spekulationsgewinn), sah der Senat in
der Massnahme des FA keine unzulaessige Rasterfahndung mit der
die Behoerde in undifferenzierter Weise jeden Steuerfall
verfolge.
Das Auskunftsersuchen verstoesst auch nicht gegen § 30 a Abs. 2
AO, nach dem die Finanzbehoerde von den Kreditinstituten zum
Zwecke der allgemeinen Ueberwachung die einmalige oder
periodische Mitteilung von Konten bestimmter Art oder
bestimmter Hoehe nicht verlangen darf. Diese Vorschrift schliesse
naemlich nicht jedes Sammelauskunftsersuchen ueber nach
allgemeinen Kriterien definierte Konten aus, sondern lediglich
Auskunftsersuchen, die der allgemeinen Ueberwachung dienen.
Und so weiter. - Fazit nach sehr ausfuehrlicher Pruefung und
Begruendung:
Die Finanzbehoerde ist befugt, Ermittlungen ueber die
steuerlich relevanten Tatsachen und die noch unbekannten
Steuerpflichtigen anzustellen, soweit sie aus allgemein
zugaenglichen Quellen Anhaltspunkte dafuer erlangt, dass eine
Vielzahl von Wertpapierverkaeufen nach erheblichen
Kurssteigerungen zu einer betraechtlichen Anzahl von
steuerpflichtigen Spekulationsgewinnen fuehrte.
(Niedersaechsischen FG, Beschluss vom 22.6.2001 -
Az.: 6 V 672/00).
"Ist doch ungeheurlich", mag man spontan ausrufen."Es gibt ja
wohl schliesslich noch ein Bankgeheimnis!" - Doch genau bei
diesem handelt es sich im Zusammenhang mit dem Steuerrecht
eigentlich um ein Geruecht. Denn was gar nicht so bekannt und
verbreitet ist, ist die simple Tatsache, dass es grundsaetzlich
naemlich kein im Besteuerungsverfahren zu beachtendes
Bankgeheimnis gibt.
Vielmehr koennen die Finanzaemter nach § 93 AO zum Zwecke der
Ermittlung von Besteuerungsgrundlagen auch Dritte um Auskunft und
nach § 97 AO um die Vorlage von Urkunden bzw. Unterlagen
ersuchen. Und zu diesen Dritten zaehlen auch Banken und ihre
Mitarbeiter. Und zwar allgemein dann, wenn Ermittlungen beim
Steuerpflichtigen selbst zu keinem Erfolg fuehren oder dieser auf
Anfragen nicht reagiert. Die Abgabenordnung billigt den
Bankangestellten eben nicht - wie etwa den Steuerberatern - die
Moeglichkeit zu, Auskuenfte zu verweigern. Der Grund, weshalb
auch im Zusammenhang mit der Besteuerung oft mit dem Begriff
eines"Bankgeheimnisses" umhergeworfen wird (in den Medien und
auch durch die Banken selbst in haeufig werbewirksamer Weise)
ist der oben angesprochene § 30a AO zum"Schutz von
Bankkunden". Hintergrund dieser Norm ist aber zunaechst
"lediglich" die Grundidee, dass auf das"Vertrauensverhaeltnis
zwischen Kreditinstituten und deren Kunden" Ruecksicht zu
nehmen sei. (Quelle: Haufe, Steuer Office).
Die im § 30a AO gemeinten Sachverhalte im Einzelnen und die
dazugehoerigen Ausnahmen sowie diesbezuegliche Rechtsprechung
wuerden nun den Rahmen sprengen. Wir wollten Sie aber einmal auf
den allgemeinen Hintergrund aufmerksam machen.
Quelle:
http://www.steuer-newsletter.de
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