- Verrückte BP-Geschichte in Russland! - Frank1, 03.08.2001, 10:09
Verrückte BP-Geschichte in Russland!
<font size="5">Vereinigung der Kräfte am Ende einer bizarren Geschichte? </font>
pfi. Moskau, 2. August
Die verlorenen Investitionen des Energiekonzern British Petroleum (BP) gehörten bisher in Moskau zu den Anekdoten, die fast zwangsläufig erzählt werden, wenn es darum geht zu erklären, wieso ausländische Gesellschaften in Russland nicht aktiver sind. Nun allerdings scheinen sich die Zeiten zu ändern: Die beteiligten Parteien wollen sich offenbar lieber auf das (gemeinsame) Geschäft konzentrieren als sich (weiter) zu streiten. Am Donnerstag veröffentlichten sie die Eckpunkte einer gütlichen Übereinkunft, die den Weg für weitere grosse Investitionen ebnen könnte.
Verlustreiche Auseinandersetzungen...
Angezogen vom enormen Potenzial, hatte 1997 der Energiekonzern British Petroleum 571 Mio. $ in den Erwerb eines 10%igen Anteils an der Erdölgesellschaft Sidanco investiert, die grosse Reserven und Produktionsstätten in Sibirien ihr Eigen nannte. Die BP-Leute übernahmen das Management und die Entwicklung von Sidanco, bei der sie in Zusammenarbeit mit dem russischen Oligarchen Wladimir Potanin geschäfteten. Dieser hielt an Sidanco die Mehrheit und sollte für den entsprechenden nationalen Rückhalt sorgen. Auf die Avancen einer Gruppe um den neurussischen Geschäftsmann Michail Friedman, die BP wiederholt eine Zusammenarbeit mit ihrer im gleichen Gebiet operierenden Erdölgesellschaft Tjumen Oil TNK nahelegte, wollten die Engländer hingegen nicht eingehen. Das wiederum - so wird kolportiert - gefiel den Friedman-Leuten gar nicht. Die durch die Finanzkrise von 1998 entstandene Schwäche von Potanin ausnützend, gelang es interessierten Kreisen, gegen den Willen von BP ein Konkursverfahren über Sidanco zu erwirken, dessen Eröffnung von Branchenanalytikern übereinstimmend als fragwürdig bis missbräuchlich gewertet wird. TNK sicherte sich dabei 1999 Sidancos wichtigstes Erdölfeld für 176 Mio. $, womit sich BP unfreiwillig eines seiner wichtigsten Besitztümer beraubt sah. Die Briten schreiben in der Folge zähneknirschend 200 Mio. $ ihrer ursprünglichen Investitionen ab.
Doch BP gab sich damit nicht geschlagen, sondern sanierte Sidanco weiter und focht daneben energisch um seine Rechte. Dabei kam gelegen, dass TNK nicht nur zur viertgrössten Erdölgesellschaft in Russland aufstieg, sondern sich auch in ein Unternehmen mit Expansionsplänen wandelte, das für seine weitere Entwicklung zunehmend auf ausländische Geldgeber angewiesen ist. BP gelang es, mit erfolgreichem Lobbying gegen einen amerikanischen Kredit über 500 Mio. $ an TNK ein entsprechendes Zeichen zu setzen.
... sollen gemeinsamer Sache weichen
Wie nun am Donnerstag in Moskau bekannt gegeben wurde, haben die drei Parteien ein auf ein früheres Abkommen vom Dezember 1999 basierendes «Memorandum of Understanding» unterzeichnet, mit dem sie ihren Streit gütlich beilegen und künftig gemeinsame Sache machen wollen. Dabei verkauft Potanins Interros-Gruppe den ihr verbliebenen Anteil an Sidanco von 44% zu einem ungenannten Preis an die Besitzer von TNK. Im Gegenzug bringt TNK Tschernogorneft wieder in Sidanco ein. Nach Abschluss der Transaktionen wird TNK voraussichtlich 84% an Sidanco halten und damit zum drittgrössten Erdölproduzenten Russlands aufsteigen. BP behält seinen Anteil von 10% sowie auch noch für mindestens drei Jahre das Recht, die Gesellschaft verantwortlich zu managen, allerdings nun in Eigentumsgemeinschaft mit dem einst verschmähten Partner. Mit Tschernogorneft dürfte sich Sidancos Ausstoss gemäss BP-Angaben gut verdoppeln.
Erdgas als erstes Kooperationsprojekt
Abgesehen von seinem Verkaufserlös in unbekannter Höhe wird auch Potanin bei dem gütlichen «Deal» nicht leer ausgehen. Zur Einigung gehört, dass die drei Partner bei der Entwicklung und Exploration des riesigen Kowjkta-Gasfeldes mit nachgewiesenen Reserven von über 11 Mrd. m[3] gemeinsame Sache machen wollen. Von der ostsibirischen Förderstätte aus wollen die Erdölgesellschaften - und erstmals nicht Gasprom - in grossem Stil Erdgas nach China liefern. Die Einigung sieht vor, dass die Potanin- und die Friedman-Gruppe am dafür vorgesehenen Unternehmen je 25% und BP neu gut 33% (statt bisher 28%) halten wird. Damit dürfte der Weg frei werden für notwendige massive Investitionen in Kowjkta, die ein BP-Sprecher auf Hunderte von Millionen Dollar schätzt. Zuvor müssten allerdings die Lobbying-Anstrengungen für die parlamentarische Genehmigung eines sogenannten «Production Sharing Agreements» Erfolg zeigen. Zumindest vorläufig scheint dabei die Einsicht zu lauten: Zivilisiert vereint geht es (doch) besser.
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