- Die Einschränkung unserer Grundrechte geht weiter... - Sascha, 05.08.2001, 14:30
Die Einschränkung unserer Grundrechte geht weiter...
<font size=5>Schon der Verdacht genügt</font>
Von Matthias Gebauer
Die Grenzkontrollen und Ausreiseverbote im Vorfeld des G-8-Gipfels in Genua <font color="#FF0000">bescherten vielen Aktivisten ein jähes Ende ihrer persönlichen Freiheit. Schon ein vager Verdacht reicht für die Aufnahme in die neue Gewalttäterdatei - nach Meinung von Anwälten eine verfassungswidrige Praxis</font>.
Eigener Kommentar: Genua war für mich mal wieder ein Beweis wie die Freiheitsrechte immer weiter eingeschränkt werden (angefangen von den Notstandsgesetzen, über die Debatten einer Einschränkung der Versammlungsfreiheit, Parteiverboten, den großen Lauschangriff, usw.)
EPA/DPA
Bei unzähligen Kontrollen wurde vor dem G-8-Gipfels geprüft, ob die Reisenden in der"Genua-Datei" erfasst waren
Berlin - An der deutsch-schweizerischen Grenze war der Genua-Protest für fünf deutsche Aktivisten bereits zu Ende, bevor die Staatschefs überhaupt in der italienischen Hafenmetropole eingetroffen waren. Die Grenzer fanden die Namen der jungen Männer in der im Vorfeld erhobenen Datei der Gewaltbereiten und verweigerten ihnen die Ausreise.
Zumindest in zwei Fällen berief sich der Eintrag auf fragwürdige Gründe: <font color="#FF0000">Einer der Zurückgewiesenen hatte vor Jahren an einer Sitzblockade teilgenommen, bei der seine Personalien aufgenommen wurden. Obwohl das Verfahren eingestellt wurde, landete er in der im Innenmisterium so genannten"Genua-Datei"</font>.
Eigener Kommentar: Das fängt schon an wie bei der STASI
Der andere war ebenfalls bei einer friedlichen Aktion notiert worden. Für die eingeschalteten Anwälte stellt die Ausreiseverweigerung eine <font color="#FF0000">eklatante Einschränkung der verfassungsmäßig garantierten persönlichen Freiheitsrechte dar</font>. Sie wollen die Fälle als Beispiel nehmen, um einen Musterprozess anzustrengen.
Eigner Kommentar: Dem stimme ich voll zu. Wo ist hier bitte die so oft und herrlich proklamierte Freizügigkeit innerhalb der EU????
"Es besteht kein generelles Recht auf Ausreise
Wie den jungen Männern an der Schweizer Grenze könnte es bei zukünftigen Protesten im Ausland noch vielen gehen. Denn der Kriterienkatalog der Anfang des Jahres abgesegneten Errichtungsanordnung für die bundesweit geführte Gewalttäterdatei ist sehr weit gefasst. Vor dem G-8-Gipfel beinhaltete die Liste nach Angaben des Innenministeriums etwa 2000 Personen, die als gewaltbereit galten.
Für Innenminister Otto Schily (SPD) ist die Datei eine wirksame Waffe, <font color="#FF0000">um deutsche Gewalttäter an der Ausreise zu hindern und so auch das Bild der Deutschen im Ausland"sauber" zu halten</font>.
Eigener Kommentar: Fehlen ja bloß noch die Wachtürme...
Auch andere SPD-Innenpolitiker halten sie für richtig. Als erste Kritik an den Ausreiseverboten nach Genua laut wurde, formulierte es der Berliner Interims-Innensenator Erhard Körting ganz klar: <font color="#FF0000">"Es besteht kein generelles Recht auf Ausreise."</font> Eine Aussage, die nach der Demontage der innereuropäischen Grenzkontrollen und insbesondere im einst eingemauerten Berlin"empört", wie es der grüne Bundestagsabgeordnete Hans-Christian Ströbele ausdrückte.
Schily will die Dateien europaweit anlegen
REUTERS
Deutsche Chaoten sollten auch vor Genua an der Anreise gehindert werden
Doch Minister Schily will noch weiter gehen. Gemeinsam mit dem bayerischen Innenminister Beckstein (CSU) plädiert er für eine europaweite Datei der gefährlichen Personen. Mit den Bildern der gewalttätigen Ausschreitungen von Genua im Rücken wollen die beiden einen weiteren Anlauf für dieses Projekt wagen.
Zum ersten Mal war die Idee solcher Dateien aufgekommen, als randalierende Hooligans bei der Europameisterschaft 1998 in Frankreich ganze Stadtteile in Schutt und Asche legten und den Polizisten Daniel Nivel in Lens schwer verletzten. Für Ströbele ist das kein Argument. <font color="#FF0000">"Wer das Grundrecht auf freie Meinungsäußerung wahrnehmen will, darf nicht wie ein ertappter Fußball-Hooligan behandelt werden"</font>, meint er. Unterstützung bekommt er allein von der PDS, die die Speicherung der Daten ebenfalls für fragwürdig hält.
Polizei bestückt die Datei
Das Innenministerium versucht dieser Tage den Konflikt zu beruhigen. Grundlage für den Eintrag in die"Genua-Datei" waren nach Aussage der Schily-Behörde Ermittlungsverfahren, Verurteilungen und eben auch Verdachtsmomente auf den Straftatbestand des Landfriedensbruchs."Wir wollen keine friedfertigen Demonstranten an ihren Rechten hindern, nur die Straftäter sollen hier bleiben", <font color="#FF0000">behauptet</font> eine Sprecherin der Behörde.
Die Datei im Vorfeld der Genua-Proteste wurde aus Erkenntnissen der Landespolizeien und deren Abteilungen für Staatsschutz bestückt. Jedes Land liefert dem Bundeskriminalamt seine Daten zu, später können die Grenzschützer und die Landespolizeien über das Polizeidatensystem"Inpol" auf die Datensätze online zugreifen.
Kriterienkatalog nennt 20 Straftatbestände
AP
Randale wie diese will Innenminister Schily mit einer europaweiten Datei verhindern
<font color="#FF0000">Doch die Genua-Liste war nur der Anfang. Bundesweit wird zurzeit eine neue"Gewalttäterdatei" aufgebaut, die gewaltbereite Personen aus dem links- und rechtsextremistischen Bereich und politisch motivierte ausländische Straftäter auflisten soll. Wie viele Datensätze in dieser Datei bereits enthalten sind, will keine der beteiligten Behörden sagen</font>. Das BKA sieht sich selbst lediglich als Verwalter der Daten. Einzig zu der Aussage, dass Bayern bisher"sehr fleißig" war, ließ sich der Sprecher hinreißen.
<font color="#FF0000">Dabei zeigt allein der Kriterienkatalog, dass in Zukunft Tausende politisch aktive Bürger mit einem Eintrag rechnen müssen</font>. Insgesamt sind dort 20 Straftatbestände aufgelistet. Darunter Delikte gegen Leib, Leben oder fremde Sachen, die Bildung einer kriminellen Vereinigung, Verstöße gegen das Waffengesetz, Herbeiführen einer Sprengstoffexplosion, Landfriedensbruch oder - neben weiteren anderen - ein Verstoß gegen das Versammlungsgesetz.
Ein Platzverweis reicht
<font color="#FF0000">Die Verordnung schreibt vor, dass darin auch"Personen, gegen die Personalienfeststellungen, Platzverweise und Ingewahrsamnahmen" angeordnet wurden, erfasst werden sollen, wenn Verdacht besteht, dass die"Personen zukünftig Straftaten von erheblicher Bedeutung begehen werden." </font>
Diese Formulierung lässt der Sammelwut der Behörden freien Lauf, fürchten nicht nur Datenschützer."Auf jeden Fall muss die Speicherung der Daten mindestens alle zwei Jahre überprüft werden, wenn dann keine weitere Straftat registriert wird, muss die Person wieder raus aus der Datei", fordert der Bundesdatenschutzbeauftragte Joachim Jacob."Eine Anzeige oder einen Platzverweis kann man sich schnell einfangen", begründet er seine Einschätzung.
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