- NZZ-Artikel: Eurobondmarkt, das Euro-Geschäft floriert trotz Sommerloch - Frank1, 06.08.2001, 11:34
- Re: Das war's wohl mit der"Schuldentilgung" von US Government (owT) - dottore, 06.08.2001, 13:39
NZZ-Artikel: Eurobondmarkt, das Euro-Geschäft floriert trotz Sommerloch
Wacklige Perspektiven für US-Treasuries
Am internationalen Primärmarkt entfaltet sich derzeit ein für die August-Periode ungewöhnlich lebhaftes Geschäft. Nachdem in der Vorwoche vor allem US-Unternehmen in den Dollar drängten, hat sich die Nachfrage nun auf Euro-Titel und nicht zuletzt auch die Yen-Emissionen des Samurai-Marktes konzentriert.
hln. London, 5. August
Nach den schwachen Wachstumszahlen für die amerikanische Wirtschaft im zweiten Quartal rechnen die Marktteilnehmer fest damit, dass mit der nächsten Sitzung des Offenmarktausschusses der amerikanischen Zentralbank am 21. August eine weitere Zinssenkung ansteht, der beim darauf folgenden Termin im Oktober der nächste Schritt folgen könnte. Verstärkt wird dieser Eindruck noch durch die letzten Daten zum Konsumentenvertrauen in den USA. Am kurzen Ende des Treasury-Marktes hat dies eine erneute Kurssteigerung über das gesamte Spektrum der Laufzeitenkurve ausgelöst, so dass mittlerweile für den August bereits eine Zinssenkung um einen halben Prozentpunkt vorweggenommen worden ist.
Gefahren für den Treasury-Markt
Allerdings machen sich Analytiker zunehmend Gedanken darüber, dass die Bullenstimmung am US-Bondmarkt einem Ende zustreben könnte, nicht so sehr weil die US-Wirtschaft schon bald wieder aus der Talsohle herausfinden wird, sondern weil eine Reihe von fundamentalen und technischen Faktoren einen Abverkauf von Treasuries fördern könnte. Bei der Deutschen Bank beispielsweise wird betont, dass die zehnjährigen Treasuries bereits an ihre Zielmarke, nämlich eine Rendite von 5%, stossen. Gleichzeitig beobachtet man eine beunruhigende Tendenz zu Long-Positionen, die sich auf den zweijährigen Laufzeitenbereich konzentriert hatten, um dort von dem von Zinserwartungen induzierten Rally zu profitieren. Hier muss möglicherweise mit kräftigen Gewinnmitnahmen und entsprechenden Preiskorrekturen gerechnet werden.
Andere Beobachter wie Stephen Lewis von Monument Derivatives in London machen sich Gedanken über die Auswirkungen der geplanten Steuererleichterungen der Bush-Regierung, die zu einer deutlichen Reduzierung der bisher eingeplanten Budgetüberschüsse führen dürften. So hat die amerikanische Regierung bereits angedeutet, dass sie in diesem Quartal rund 51 Mrd. $ aufzunehmen gedenkt, was eine drastische Abkehr von der noch im April verkündeten Projektion darstellt, dass im Quartalsverlauf Schulden von rund 57 Mrd. $ zurückbezahlt werden. Der signifikante Swing von über 100 Mrd. $ ist ein erster Warnschuss dafür, dass weitere Budgetdefizite drohen, und zwar insbesondere wenn sich der Zustand der US-Wirtschaft weiter verschlechtert. Für die Anleger bedeutet dies, dass sie bei der Einschätzung der künftigen Performance des Treasury-Marktes eine Veränderung der bis anhin kursstützenden Knappheiten einkalkulieren müssen.
Der Dollar droht zu schwächeln
Ein dritter Faktor, der die Anleger beschäftigen dürfte, ist die Frage, ob der mächtige Dollar nach der mittlerweile bereits sechs Jahre anhaltenden Hausse an den Devisenmärkten an Glanz verlieren bzw. sogar von der Treasury selber in die Knie gezwungen wird. So ist den Beobachtern nicht entgangen, dass Treasury-Minister Paul O'Neill auf dem letzten G-8-Gipfel in der Verteidigung der Politik eines starken Dollars zumindest verbal um einiges abgerüstet zu haben schien. In den USA mehren sich Stimmen, die monieren, dass der starke Dollar breiten Teilen der amerikanischen Industrie die Fähigkeit zu einer raschen Erholung erschwert. Hiermit stehen zwei ungelöste Fragen im Raum, nämlich einerseits die Überlegung, ob die Bush-Regierung graduell vom «Strong-Dollar-Mantra» abrückt, das die Vorgänger O'Neills, Robert Rubin und Larry Summers, über die Jahre hinweg hochgehalten haben. Anderseits gibt es auch ungeachtet der tatsächlichen Linie der US-Treasury genügend starke globale Markteinflüsse, die zu einer Kurskorrektur des Dollars führen können und dann gravierende Verschiebungen der in den letzten Jahren eindeutig zu den USA zeigenden Investitionsströmen hervorrufen würden.
Mit dem Bekanntwerden des letzten Wachstumsknicks in den USA hat sich eine deutliche Belebung in der Nachfrage nach neuen Euro- Papieren manifestiert, der die Emittenten in dieser Woche verstärkt nachgekommen sind. Dabei haben sie erneut auf eine Schützenhilfe der Europäischen Zentralbank verzichten müssen, die nach wie vor noch keinen genügenden Anlass für eine Zinssenkung sieht. Allerdings handelt es sich in Euro-Land, da die Inflationsentwicklung aus geldpolitischer Sicht kein wirkliches Problem darstellt, wohl eher um eine Frage des Timings, bis die EZB auf die schwächere Datenlage zur Wirtschaftsentwicklung reagiert. Für ein substanzielles Rally gäbe es allerdings nur dann Anlass, wenn sich tatsächlich eine kräftige Umschichtungsbewegung von Dollar-Titeln zu Euro-Papieren einstellen sollte.
Euro-Jumbo von Ford
Am Primärmarkt hat vor allem das Euro-Geschäft die Konsorten auf Trab gehalten. Dabei zeigte sich erneut, dass trotz der kräftigen Einebnung von Renditeabständen der Anleihen aus dem Automobilsektor ein riesiges Nachfragepotenzial vorhanden ist. Dieses gelang es der Ford Motor Credit mit einer 1,5 Mrd. $ schweren Dreijährigen einzufangen, die vor allem nach Grossbritannien, Deutschland der Schweiz und den Benelux-Ländern gewandert ist. Die Buchmacher Credit Suisse First Boston, HSBC und Schroders Salomon konnten rund 2,5 Mrd. Euro an Nachfrage generieren, obwohl die mit einem Coupon von 4,875% und einem Renditeabstand von 50 BP über der Swap-Kurve eher aggressiv «gepreist» worden war. Demgegenüber empfanden die Marktteilnehmer eine von JP Morgan und Schroders Salomon geführte fünfjährige Anleihe über 350 Mio. Euro der Mode-Gruppe Liz Clairborne als erstaunlich günstiges Angebot. Das mit einem Coupon von 6,625% ausgestattete Papier wurde gut zweifach überzeichnet und trotz der vergleichbar geringen Liquidität im Sekundärmarkt äusserst rege gehandelt. Ein erfolgreiches Début im Euro-Segment gelang auch dem britischen Stromversorger National Grid, obwohl der Betreiber des britischen Strom-Leitungsnetzwerkes auf dem Kontinent kein besonders bekannter Name ist. Barclays Capital, Deutsche Bank und JP Morgan hatten nach extensiven Roadshows keine Schwierigkeiten, die beiden Tranchen zu 1,25 Mrd. Euro in der fünfjährigen Laufzeit mit einem Coupon von 5,25% sowie zu 750 Mio. Euro über zehn Jahre und einem Festzins von 6,125% im Markt unterzubringen.
Brasilien schlägt im Yen zu
Eine besonders hohe Liquidität geniesst derzeit der Samurai-Markt. Dies erlaubt Vorstösse lateinamerikanischer Länder, die einen Argentinien- Malus nicht länger gelten lassen wollen und alle Register ziehen, um ihre Refinanzierungspläne möglichst rasch durchzubringen. Die grösste Überraschung dürfte in diesem Zusammenhang die Leichtigkeit sein, mit der es Brasilien gelang, eine substanzielle Nachfrage für einen zweijährigen Samurai-Bond zu generieren. Brasilien ist ein Emittent, der sich schon seit vielen Jahren im Yen-Segment tummelt und eine entsprechende Gefolgschaft in japanischen Investorenkreisen aufbauen konnte. Den Lead-Managern Nomura Securities und Daiwa gelang es, den ursprünglich gewählten Emissionsbetrag von 180 Mrd. Yen auf 200 Mrd. Yen hochzufahren. Für die brasilianischen Schuldenmanager ist die Aufnahme von umgerechnet rund 1,6 Mrd. $ ein äusserst willkommenes Devisenpolster.
Die hohe Nachfrage bei den Samurais wird gegenwärtig von einer äusserst kräftigen Partizipation des Retail-Sektors unterfüttert. Da Brasilien eine zuverlässige Rückzahlungsgeschichte aufweist und die Privaten ihre Engagements nicht an einem Index messen müssen, der überhastete Ausstiegssignale liefert, sind sie relativ unbeeindruckt von den sogenannten Ansteckungsgefahren, die die wacklige Situation in Argentinien hervorruft. Ausserdem erhielten sie einen Coupon von fast 4% Rendite, die im Yen-Markt äusserst selten zu erzielen ist. Der mit einem Rendite- Spread von 358 BP gegenüber Yen-Libor ausgestattete neue Brasilien-Samurai wurde denn auch zu 70% im Retail-Lager verkauft. Marktteilnehmer rechnen nun damit, dass sich Mexiko - als ein weiterer Latino-Emittent, der in Japan ein hohes Standing geniesst - in den kommenden Wochen nach einem Yen-Deal umsehen wird.
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