- Wichtige Elliott-Frage: Sentiment-Wechsel am Top - wie deuten? - dottore, 07.08.2001, 15:41
- Re: Wichtige Elliott-Frage: Sentiment-Wechsel am Top - wie deuten? - El Sheik, 07.08.2001, 16:45
Re: Wichtige Elliott-Frage: Sentiment-Wechsel am Top - wie deuten?
>Hi,
>mich treibt seit längerem die Frage um, wie ein Top mit Hilfe einer EWA gedeutet werden kann.
>Mir ist schon früher aufgefallen, dass es 1929 nicht so richtig hingehaut hat, wenn ich mich richtig erinnere, hat Prechter nach einer 5 noch eine x eingebaut (bin mir aber nicht sicher, kann auch jetzt nicht nachschauen).
>Es geht im Grund darum: Wenn es ein Aufwärts-Sentiment gibt (in klassischer Manier), dann unterscheidet es sich - jedenfalls dem Gefühl nach - von einem Abwärts-Sentiment (das sich erst sozusagen"nach und nach" aufbauen muss, bis eindeutig wird, dass es sich um eine Abwärtsbewegung handelt und zwar um eine ziemlich dauerhafte).
>Wenn Anleger - wie heute noch, siehe das Deutsche-lieben-nach-wie-vor-Aktien-Posting - auch schärfste und überdeutliche Downwaves (Nemax!) letztlich noch als"Korrektur" früherer Übertreibungen deuten und unverdrossen auf eine Fortsetzung eines Aufwärtstrends setzen, dann ist das etwas anderes als die Akzeptanz eines Abwärtstrends, noch dazu open end.
>Dann würden - wohl wissend, dass es immer weiter runter gehen muss - immer nur"Erholungen" getradet, ich stelle mir das so ähnlich vor wie beim Nikkei. Von dem nimmt wohl im Ernst niemand an, dass er"endgültig" seinen Boden gefunden hat (er kommt übrigens von 1000 und ging bis fast 40.000).
>Was sich also"oben" abspielt, noch dazu bei einem säkularen Wechsel (Prechter:"The turn of the tide"), und zwar quasi in der"Massenseele" ist mir nicht klar. Wer Aktien kauft, will immer daran verdienen, also sind letztlich alle Käufe auf Hausse angelegt - selbst wenn man sich sagt"Du musst Geduld haben, es wird schon" (Dornröschen-Theorie).
>Ich bin z.B. System-Baissier, wie bekannt. Ich würde allerdings auch Aktien kaufen, wenn ich in einer Baisse mit einer stoßartigen Erholung rechne. Nur sind meine Motive nicht die eines grundsätzlichen Haussiers à la Heiko Thieme (unsäglich wieder mal, was er gestern so von sich gab, FAZ). Sondern die eines grundsätzlichen Baissiers.
>In diesem Zusammenhang finde ich auch die Put/Call-Ratio nicht stringent. Denn ich habe immer nur Calls geschrieben - und dafür musste es zwangsläufig einen Käufer geben. Als Baissier habe ich also dazu beigetragen, dass die Calls sich vermehrten, obwohl ich nicht auf steigende, sondern auf fallende Kurse gesetzt habe.
>Vielleicht könnte das mal diskutiert werden.
>Gruß und Dank!
>d.
>(bin auf Reisen, servus!)
Hallo Dottore,
auf genau dieses Problem bin ich auch gestoßen. Die relevante Frage muß lauten: Wer sind die aktiven Marktteilnehmer?
Sind die aktiven Teilnehmer am Optionsmarkt auf der long oder auf der short Seite? Früher war die long Seite mit ziemlicher Eindeutigkeit einer aktiven Strategie zuzuordnen. Die short Seite wurde fast ausschließlich von Banken abgedeckt, die sich oft noch nicht einmal hedgten. Heute hat sich die Verhaltensweise gewandelt. Mehr und mehr Marktteilnehmer shorten im Sinne einer aktiven Strategie, so wie Sie es von sich auch beschreiben. Put/Call-Ratios sind dann nicht mehr so aussagekräftig.
Nach langem Überlegen bin ich zu folgendem Begründungsversuch gelangt. Die ganz kleinen Marktteilnehmer können sich immerhin die short Seite nicht leisten. Sie können ausschließlich long gehen. Die Kleinen liegen meistens falsch. Deshalb ist das Put-Call-Ratio immer noch ein Kontra-Indikator, wenn auch ein schwächerer als früher.
Der Markt ist in seiner Breite und auf beiden Seiten mehr und mehr von Profis gespickt."Profis" zeichnen sich dadurch aus, daß sie größtenteils ihre Positionen hedgen. Sie beachten Chance und Risiko sehr genau. Ein Maß dafür, wie der Markt Chance und Risiko bewertet sind diverse Volatilitätsmaße, wie der VDAX oder der VIX (mißt implizite Volas auf OEX - Optionen).
Diese Volamaße schwanken zwischen Selbstzufriedenheit ("self-complacency" -was für ein schönes Wort, ich muß dabei immer an Garfield denken, die fette Katze, die den ganzen Tag nichts anderes tut, als ihre eigne Selbstgefälligkeit zu übertrumpfen) und Panik.
Man kann auf diese Volamaße wunderbare Chartanalysen anfertigen. Es funktioniert durch und durch sehr gut.
Es gibt aber noch eine weitere Methode, mit P-C-Ratios zu arbeiten:
Das Open Interest P-C-Ratio ist eher längerfristig zu werten, nicht so interessant. Das P-C-Ratio der innerhalb des Tages gehandelten Optionen (das entspricht der üblichen Definition des P-C-Ratios) zeigt unmittelbar den"Nervositätsgrad" an. Besser noch, wenn man sich das stündliche P-C-Ratio anschaut. Hier würde ich die aktive Seite immer noch auf der long Seite sehen, also klassisch interpretieren, d.h. als unmittelbaren Kontraindikator.
Schließlich gibt es da noch die Marktbefragungen, die zeigen, was die Menschen im Kopf haben, während die P-C-Ratios zeigen, was sie"in der Geldbörse" haben. Marktbefragungen geben eher etwas längerfristige Wellen an. Die längste aller Wellen zeigt sich m.E. in der Auswertung der Börsenbriefe, wo diese dem Bullen- oder Bärenlager, bzw. neutral zugeordnet werden.
Für langfristige Wenden ist noch der Preis für einen Börsensitz an der NYSE heranzuziehen. Ich könnte demnächst hierzu eine Studie machen. Diesen Indikator habe ich mir lange nicht mehr angeschaut.
Hoffe, ein kleines bisschen Klarheit gestiftet zu haben.
Beste Grüße
vom Scheich
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