- @Euklid: Habe Deinen hochinteressanten Text"Gold - Zins" erst jetzt - Galiani, 13.08.2001, 21:14
- Re: @Galiani / Greenspan:"Gold und wirtschaftliche Freiheit" - JÜKÜ, 13.08.2001, 21:30
- Re: Was ist"wirtschaftliche Freiheit"? - dottore, 14.08.2001, 11:34
- Re: Umgekehrt wird ein Schuh daraus - R.Deutsch, 14.08.2001, 13:54
- Re: Was ist"wirtschaftliche Freiheit"? - dottore, 14.08.2001, 11:34
- Re: @Galiani / Greenspan:"Gold und wirtschaftliche Freiheit" - JÜKÜ, 13.08.2001, 21:30
Re: Was ist"wirtschaftliche Freiheit"?
Hi Galiani,
ja, die von Euklid angestoßene Debatte ist hoch interessant.
Ich hatte seinerzeit den Greenspan-Artikel, den ich aus seiner Zeit als Mitarbeiter beim"Objectivist" (Ayn Rand) kannte, in der"Welt am Sonntag" serviert (ich glaube, es ist immer noch die Übersetzung, die ich damals fabriziert hatte), aber es ging mir mehr um einen Aha-Effekt, der auch prompt eintrat. Kostolany war außer sich vor Wut und wollte mir die Freundschaft aufkündigen.
Weiter hatte ich damals nicht über die Sache nachgedacht, was ich hiermit aber nachholen möchte.
Da wir"wirtschaftliche Freiheit" üblicherweise mit"freien Märkten" oder"freier Marktwirtschaft" verbinden, und diese trotz allerorten zu besichtigenden Einschränkungen im wesentlichen doch verwirklicht haben (Monopol- und Kartellverbot - die Gewerkschaften oder solche Sachen wie die OPEC ausgenommen, freier Welthandel, Diskriminierungsverbote, Meistbegünstigungsklausel usw.), ist also nach dem Zusammenhang zwischen Gold und wirtschaftlicher Freiheit zu fragen und zwar über das hinaus, was Greenspan ausgeführt hat.
Zunächst geht es zweifelsfrei um die staatlichen Monopolnotenbanken. Staatliche Banken sind per se ein Eingriff in freie Märkte, da solche Banken durch das Backing des Staates (und damit letztlich sein Kredit-Rating) einen Wettbewerbsvorteil haben, der inzwischen bekanntlich auch der EU-Kommission aufgestoßen ist, man denke an die WestLB-Geschichte u.ä.
Dann geht es um das staatliche Monopol, Banknoten als gesetzliche Zahlungsmittel ausgeben zu dürfen. Dies war im Goldstandard bis 1914 nicht durchgehend der Fall, so gab es überall Privatnotenbanken, im Deutschen Reich kursierten noch bayerische Banknoten, in GB Noten der Bank of Scotland (die sogar bis heute eigene Noten herausgibt).
Letztlich kann es im GS zwar ein Notenmonopol geben, aber kein Geldmonopol, da die Förderung von Gold in privaten Minen völlig frei ist und frei war und jedermann beliebige Mengen neu geförderten Goldes (die Förderung dabei abhängig allein von der Kostenstruktur der Mine) der Notenbank (notfalls über den Umweg über Münzanstalten, die im Umfang ihrer Ausprägung keinerlei Beschränkungen unterlagen) andienen und Banknoten dafür abfordern konnte.
Also muss"wirtschaftliche Freiheit" auf mehr zielen als nur auf das von Greenspan Dargestellte, was so schwer nachzuvollziehen auch wieder nicht ist.
Wirtschaftliche Freiheit im Zusammenhang mit Gold (ich nenne es, wie bereits vor Tagen schon ausgeführt der Einfachheit halber jetzt Geld, um die Goldgeldfrage nicht wieder ab ovo neu aufzurollen - die offenen Fragen dazu sind bekannt), bedeutet zunächst einmal die Freiheit, Gold zu akzeptieren oder nicht zu akzeptieren. Dies beinhaltet eine Ausweitung des Kontraktbegriffes in dem Sinne, dass Kontrakte erfüllungstechnisch auf alles Mögliche lauten können.
Die Grenze verläuft natürlich beim sog."gesetzlichen Zahlungsmittel".
Existiert es, wird die Kontraktmöglichkeit eingeschränkt, was, wenn wir"goldgedeckte" gesetzliche Zahlungsmittel haben, letztlich darauf hinausläuft, dem Gold als Geld eine Monopolstellung zu verschaffen.
Dass dies nicht mit wirtschaftlicher Freiheit vereinbar ist, versteht sich von selbst. Der Rekurs auf"Tradition" oder"kulturelle Übereinkunft" hilft da nicht weiter, zumal Gold als"Währungsmetall" eine sehr kurze Geschichte hat.
Vor dem 19. Jh. gab es keinen weltweiten Goldstandard, sondern einen Silberstandard, so dass Gold als Währungsmetall sozusagen erst zwangsweise eingeführt werden musste. Im Deutschen Reich hatte nur der Stadtstaat Bremen schon vor dem Kaiserreich eine Goldwährung. Alle anderen Einzelstaaten hatten einen Silberstandard (Gulden im Süden, Taler im Norden, in Hamburg die Banco-Mark, ebenfalls auf Silber, das in der Hamburger Bank deponiert war, basierend).
Die Einführung von Gold als Geld war also ein staatlicher Zwangsakt, was nicht übersehen werden darf, auch wenn die Ergebnisse, die der Goldstandard dann nach einer Übergangsphase, in der hart diskutiert wurde (Ludwig Bamberger usw.) zeitigte, letztlich überzeugten.
Es hat bisher in der Geschichte kein besseres Währungssystem gegeben und der Abgang vom Goldststandard, um mit Hilfe von willkürlichem Printing of Notes den Weltkrieg zu"finanzieren" ist eine der ganz großen Tragödien der Weltgeschichte. Bei einem durchgehaltenen Goldstandard hätte der Weltkrieg nach wenigen Tagen mangels entsprechender Finanzierungsmöglichkeit beendet werden müssen.
Abgesehen von dem, private Freiheitsrechte aushebelnden, Übergang zum Gold als Währung in festem staatlich verfügten Standard, muss aber noch weiter gedacht werden.
Gold in einem nicht staatlich verfügten Standard, also jeweils in freier privater Vereinbarung zu akzeptieren oder nicht und jeweils in frei vereinbartem Umfang (Gewicht bei ebenfalls frei zu vereinbarender und unschwer zu überprüfender Feinheit pro Gewichtseinheit) wäre dann in der Tat das, was unter"wirtschaftlicher Freiheit" zu verstehen wäre.
Die Freiheit bezieht sich dabei nicht nur auf das völlig freie Vereinbaren von Kontrakten mit jeweils frei vereinbarter Erfüllung derselben, sondern auch darauf, dass die Kontraktparteien (und"Wirtschaften" heißt immer Kontrahieren, also Verträge schließen!) in ihren jeweiligen Einschätzungen der Preisentwicklung von Gold (als Gewicht in jeweiliger Feinheit) bezogen auf die Zukunft (und Wirtschaften ist, da auf Kontrakten basierend, immer zukunftsbezogen!) verglichen mit anderen Gütern und Leistungen und vice versa, völlig frei gewesen wären.
Damit ergibt sich also aus dem Ansatz"Gold und wirtschaftliche Freiheit" dieses:
<font color="FF0000">1. Es kann mit auf Gold lautenden Kontrakten gewirtschaftet werden - oder nicht.
2. Falls sich die Marktparteien auf Gold als Kontraktgegenstand einigen, sind die Kontrahierenden völlig frei, ihre jeweiligen in die Zukunft gerichteten Erwartungen über das Verhältnis von Gold zu anderen Gütern und Leistungen individuell und unbeeinflusst in ihren Kontrakten festzuschreiben.
3. Kontrakte, die Gold als Leistung beinhalten, können jederzeit zur Zession angeboten werden, wobei der Markt (also die Summe aller anderen) darüber entscheidet, ob er bereit ist, den Kontrakt mit einem Auf- oder Abgeld zu übernehmen, also zu welchen Konditionen jemand als neuer Gläubiger in diesen einzusteigt, wobei dies auf freien Märkten ausgehandelt wird. </font>
Da die Goldkontrakte über Zeit laufen (sonst wären es keine), können sich alle möglichen Formen von Auf- und Abgeldern ergeben, was im Grunde dem entspricht, was wir heute an den Terminmärkten erleben, wo spätere Termine zwar normalerweise ein Aufgeld haben, aber durchaus auch ein Abgeld aufweisen können.
Wir kennen aus den aktuellen Notizen, wo Brent Crude z.B. per September 2001 zu 25,80 gehandelt wird, aber per Juni 2002 nur 24,10 kostet, während Kupfer zu den gleichen Terminen mit 65,70 bzw. 68,90 aus dem Markt geht (Terminpreise vom 13. August 2001).
Das scheint meine Vermutung, die ich aus den frühen Edelmetallkontrakten Babylons zu ermitteln versuchte, zu bestätigen, dass die Preise (in gewogenen Shekel) für Stück-Güter letztlich keine Kassapreise, sondern Terminpreise waren - jeweils natürlich frei und individuell ausgehandelt.
Die wirkliche wirtschaftliche Freiheit kommt also nur dann zur vollen Entfaltung, wenn es keinen Kassa-Standard für Edelmetall gibt (was bei einer staatlich oktroierten Parität immer der Fall ist), sondern wenn alle Preise über alle Termine, einschließlich der Kasse (die letztlich nichts anderes ist, als ein zum Erfüllungstag abgelaufener Terminpreis) völlig frei vereinbar sind.
Im Goldstandard ist der Kassapreis für Gold stets staatlich fixiert (die"Parität"), während Terminpreise minmal darum herum schwanken können, auch die Preise, die den Termin zwischen Förderung und Einlieferung an die Münzanstalten abdecken, weshalb es überhaupt nur zu Veränderungen im Bestand an ausgemünztem Gold kommen kann, wie er beobachtet wurde. (Umgekehrt ist es der Termin zwischen Entnahme der Münzen vom Markt und Einschmelzen derselben in einer Affinerie).
Im Gegensatz zu frei auszupreisendem Gold schränkt der Goldstandard die wirtschaftliche Freiheit also ein.
Selbst wenn wir dies als vernachlässigenswerten Nachteil bezeichnen wollten, liegt die alles entscheidende Gefahr beim Goldstandard (mit Parität also) darin, dass die Parität geändert werden kann (Goldaufwertungen, auch -abwertungen wären möglich) oder sogar völlig aufgehoben wird.
Diese Gefahr wurde virulent als die Staaten ihr Militärmonopol und schließlich ihr Staatsausgaben- alias Umverteilungsmonopol nutzten, um den Goldstandard zu verlassen.
Unter den Folgen leiden wir bis heute.
Gruß
d.
<center>
<HR>
</center>

gesamter Thread: