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...und die Folgen...
Horrende Summen fließen bei Frühpensionierungen in Japan.
Tokio, 28. August (Bloomberg) - Als Yoshi Matsushima vor zwei Jahren von seinem Chef aufgefordert wurde, seinen Managerposten bei dem japanischen Busunternehmen und Ferienortbetreiber Kokusai Kogyo Co. zu räumen, lehnte er dies empört ab. Selbst eine Gehaltskürzung von zehn Prozent sowie eine Zurückstufung in der Unternehmenshierarchie konnten ihn nicht aus dem Unternehmen hinausdrängen."Ich war schrecklich verärgert - und bin es noch immer," erinnert sich der 51-Jährige Matsushima."Wie konnte man mich nur dazu auffordern, aus dem Unternehmen auszuscheiden, bei dem ich mein ganzes Leben gearbeitet habe! Wie hätte ich einen anderen Job kriegen sollen?"
Matsushimas Verhalten wird verständlich, wenn man sich die Besonderheiten des japanischen Arbeitsmarkts vor Augen ruft: Denn in Japan wird die lebenslange Anstellung als ein Recht der Mitarbeiter angesehen. Entlassungen sind fast undenkbar."Vorzeitiger Ruhestand" heisst das Zauberwort, wollen japanische Unternehmen angesichts der Wirtschaftsflaute dennoch durch Stellenabbau ihre Kosten senken und die Gewinne aufpolstern. Während in den USA Mitarbeiter mit ihrem Entlassungsschreiben meist nicht mehr als ein Monatsgehalt erhalten, sind die Verhältnisse in Japan anders. So muss Matsushita Electric Industrial Co. den Mitarbeitern, die seit zehn Jahren im Unternehmen beschäftigt sind, stattliche 500.000 Dollar anbieten, wenn sie vorzeitig in den Ruhestand gehen sollen.
"Japanische Mitarbeiter verlassen sich auf eine lebenslange Anstellung und ein Beförderungssystem, das sich nach dem Dienstalter richtet. Daher muss ihnen ein vorzeitiges Ausscheiden aus dem Unternehmen mit einem Zusatzbonbon schmackhaft gemacht werden," erklärt Kumiko Takahashi, Sprecherin von Daiei Inc. Das Unternehmen zahlte 1000 Mitarbeitern rund das Doppelte ihres Pensionsanspruchs, damit sie früher in Rente gingen. Daei hat für Pensionsauszahlungen bislang mehr als 13,8 Mrd. Yen (250 Mio. DM) ausgegeben. Das Unternehmen muss einen Schuldenberg in Höhe von 2,5 Billionen Yen (40 Mrd. DM) abbauen.
Die"Vorruhestandsregelung" hat den Nebeneffekt, einen weiteren Anstieg der Arbeitslosigkeit zu begrenzen. Mit 5 Prozent erreichte die Arbeitslosenquote zwar einen traurigen Rekordwert von 5 Prozent, ist aber gegenüber den 4,8 Prozent vor zwei Jahren nur wenig gestiegen. Hingegen vervierfachte sich in Korea während der Rezession die Arbeitslosenquote in weniger als 18 Monaten auf 8,6 Prozent. In den USA ist die Arbeitslosenquote im Juli auf 4,5 Prozent angestiegen, nach einem 30-Jahrestief von 3,9 Prozent in den Monaten September und Oktober. Würde die Arbeitslosigkeit in Japan weiter zunehmen, dürfte dies die seit drei Jahren bestehende Deflationsgefahr verschärfen und die japanische Wirtschaft in Mitleidenschaft ziehen. Es wird davon ausgegangen, dass die japanische Volkswirtschaft im letzten Quartal geschrumpft ist.
Angesichts der Entlassungen oder der Angst vor einem Arbeitsplatzverlust geben die Japaner weniger Geld aus. Wegen der geringeren Konsumneigung sind die Unternehmen gezwungen, die Preise zu senken, um Kunden zu gewinnen."Wenn die Unternehmen Stellen streichen, besteht das Risiko einer Deflationsspirale, und das sorgt für Probleme," erklärt Ron Bevacqua, Volkswirt bei Commerz Securities Co. in Tokio."Wenn jemand seinen Job verliert, wirkt sich dies auf die Nachfrage aus."
Die Schlangen vor den japanischen Arbeitsämtern dürften demnächst jedoch grösser werden: Toshiba etwa kündigte am Montag 17.000 Stellenstreichungen an. Die Ausgabenkürzungen von Ministerpräsident Junichiro Koizumi sowie dessen Forderung, dass Banken künftig härter gegen zahlungsunfähige Kreditnehmer vorgehen sollen, könnten 1,7 Mio. Menschen den Arbeitsplatz kosten, urteilt Peter Morgan, Chefvolkswirt bei HSBC Securities Japan Inc. in Tokio."Vorzeitiger Ruhestand" ist die bevorzugte Art und Weise von Unternehmen von Isuzu Motors Ltd. und Mitsubishi Motors Corp. bis hin zu Fujitsu Ltd. und Snow Brand Milk Products Co., um Tausende von Angestellten loszuwerden und so Kosten zu sparen.
Matsushita hat inzwischen ein Beratungszentrum eingerichtet, das entlassene Mitarbeiter bei der Suche nach einer neuen Stelle unterstützen soll. Auch erhalten sie dreimonatige Schulungen, um ihre Berufsqualifikation zu verbessern. Das Unternehmen bot darüber hinaus zuzüglich zu den regulären Pensionszahlungen zweieinhalb Jahresgehälter an, um 58-Jährige oder jüngere Mitarbeiter, die zehn Jahre bei dem Unternehmen gearbeitet haben, zu bewegen, vorzeitig in den Ruhestand zu gehen. Die höchste Auszahlungssumme bezifferte sich auf rund 60 Mio. Yen (1,1 Mio. DM). Fujitsu will 5000 Stellen abbauen. Das Unternehmen bietet Mitarbeitern, die freiwillig aus dem Unternehmen ausscheiden, bis zu 30 Monatsgehälter. Diese Kosten schlugen mit 300 Mrd. Yen zu Buche.
Für viele Japaner ist"Vorzeitiger Ruhestand" kein Zauberwort sondern nur eine nettere Umschreibung für"gefeuert werden" dar. Statt ihren Ruhestand zu genießen, halten sie nach einem neuen Job Ausschau. Akiro Yokota etwa, ein 49-Jähriger Kunststoff-Techniker, nahm vor zwei Jahren ein"Vorruhestand- Paket" entgegen, das ihm rund zweieinhalb Jahresgehälter einbrachte. Zwei Tage später trat er eine neue Stelle an.
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