- Re. @rodex, Emerald, Euklid, André und die anderen: Ges. Krankenversicherung - Gundel, 02.09.2001, 05:53
- Re: Re. @rodex, Emerald, Euklid, André und die anderen.. und Gundel - nereus, 02.09.2001, 11:29
- Re: Re. @rodex, Emerald, Euklid, André und die anderen: Ges. Krankenversicherung - BB, 02.09.2001, 12:32
- Re: Re. @rodex, Emerald, Euklid, André und die anderen: Ges. Krankenversicherung - Euklid, 02.09.2001, 12:56
- Re: Überlegungen - Cosa, 02.09.2001, 12:48
- Re: Überlegungen - Gundel, 02.09.2001, 20:11
Re. @rodex, Emerald, Euklid, André und die anderen: Ges. Krankenversicherung
Good Morning Ihrs,
Ich hab mal oben neu angefangen, weil der Thread schon so weit unten verschwunden ist und weil inzwischen ein neuer Tag ist.... Ihr seid ja alle richtige Nachteulen.
Tatsache ist, dass die Reallöhne sinken, wohingegen die Abgaben, die vom Brutto-Ertrag an diverse öffentliche Stellen zu leisten sind, gleich bleiben oder steigen. Im Fall der gesetzlichen Krankenversicherung von 13Kommasowas demnächst auf vermutlich 14 %. Man braucht wohl nicht auf die Situation von 1960, auf die subjektiven Balkendiagramme und die Inflationsraten einzugehen, dazu hat Euklid sich ja schon wesentlich kompetenter geäußert, als ich das je könnte.
Die wirklich üblen Veränderungen in dieser (Gesundheits-)Welt haben erst viel später damit begonnen, sich überhaupt so zu Lasten der Wehrlosen zu manifestieren.
Das Problem scheint mir nicht einmal primär in der nackten Beitragssteigerung der Gesetzlichen Krankenkasse (GKK) zu liegen, sondern in einer Verschiebung der zugehörigen Gegenleistungen.
Dazu ein paar Beispiele:
Sehhilfen, Zahnbehandlung, Hilfsmittel für Behinderte, Krankengymnastik, Sanfte Medizin, Kuren u.v.m. gibts nicht mehr. Ersatzlos gestrichen. Zusatzzahlungen auf ärztlich verordenete Medikamente übersteigen oft genug den Preis für die Packung.
Amalgam (Thema für sich..)
Im Fall der Zahnbehandlung steht dem Patienten eine"Grundversorgung" zu, die aber schon kurz nach dem Ã-ffnen der Tür zu der charakteristisch angsteinflößend duftenden Praxis wieder eingeschränkt wird: Nicht nur durch das regelmäßig zu bestempelnde"Kontrollkärtchen"...
Amalgam verwenden die Zahnärzte nicht mehr"wegen der Gesundheitsrisiken (HAH, wer hier tiefer schürft wird sein blaues Wunder erleben)", ein anderes Füllmaterial aber zahlen die Kassen bisher nicht. Also darf man doch wohl mit Fug und Recht die Frage stellen, ob die Grundversorgung überhaupt gegeben ist.
Fallpauschale
Die erst vor wenigen Tagen im Bundesrat beschlossene und ab 2003 (freiwillig) und ab 2004 (zwanghaft) wirksam werdende Fallpauschale (als Ersatz für den bisherigen KHS-Tagessatz pro Bett) wird m.A.n. vermutlich zu Folgendem führen:
Die GKK legen für bestimmte Fälle (z.B. Entfernen der Gallenblase, Behandlung eines Schlaganfalles etc.) aus den Erfahrungswerten der Vergangenheit (bestimmt auch des laufenden und kommenden Jahres) einen bestimmten Durchschnitts-Satz fest, sagen wir mal DM 10.000.- für die XY-Operation.
Diesen Betrag darf die Krankenhausverwaltung nur dann überschreiten, wenn sie in Ausnahmefällen detailliert begründen kann, dass in diesem speziellen Fall Mehraufwendungen erforderlich waren. (Vielleicht werden dann früher oder später alle entzündeten Blinddärme zu Risikoblinddärmen mutieren, wie es ja heute schon bei den Schwangerschaften zu sein scheint.)
Da nun Krankenhausbetreiber auch nichts anderes als gewerbliche und gewinnorientierte Unternehmen sind, werden die selbstverständlich versuchen, den Patienten so zu behandeln, dass von den DM 10.000.- möglichst noch etwas übrig bleibt, ein Gewinn eben. Dass unter diesen Umständen der Patient immer nur die billigste, nie aber die beste Behandlung bekommt, liegt als Vermutung auf der Hand.
Nun ist es einschlägig betroffenen Patienten durchaus bekannt, dass es solche und solche Behandlungen für ihre individuelle Erkrankung und entsprechende Spezialkliniken gibt, in die sie sich bisher einweisen lassen konnten. Dabei denke ich z.B. an Darmkrebs und daran, dass es eine erprobte Methode gibt, die erforderliche Anlage eines künstlichen Darmausganges nach ein paar Monaten (also nach Chemo und Bestrahlung) wieder rückgängig zu machen. Eine Methode, die dem Erkrankten eine sichtliche Verbesserung der künftigen Lebensqualität einträgt, falls er sich entschlossen hat, die Segnungen der Schulmedizin zu erdulden.
Das gibts ab 2003/2004 aber nur noch für Betuchte. Punkt.
Intensivmedizin, Medizintechnik.
Die teuren Geräte amortisieren sich nur, wenn sie auch ausgelastet sind. Daher werden gern und willig Kernspintomografien, Multilabortests, Endoskopien, EKG, EEG und was weiß ich nicht alles, verordnet. Nicht, dass damit eine einfache Röntgendiagnose entbehrlich geworden wäre... Mitnichten, die teuren Untersuchungen werden ja grundsätzlich auf die Erstuntersuchungen aufgesattelt...
Organtransplantationen.
Sie sind ja schon etwas fast Normales geworden, trotz aller ethischen Fragen, die spätestens seit der Forschung mit embryonalen Stammzellen offensichtlich keine Rolle mehr zu spielen scheinen.
Eine Herztransplantation verursacht - inclusive der lebenslangen Nachbehandlung - Kosten von einer halben Million Mark. Ich selbst möchte das für mich nicht, lehne es rundweg ab (Thema für sich, Link). Jeder Versicherte muss es aber mitbezahlen wie er ohnehin keinen Einfluß auf die Verwendung seiner Beiträge hat.
Frühgeborene
Wir schaffen es heute, 350 g leichte Kinder (bis vor kurzem waren das noch Fehlgeburten, man stelle sich nur das Gewichtsmaß in Form einer beliebigen Substanz vor) zum Leben zu zwingen. Der Preis sind unzählige Operationen, oft bis ins Schulalter, und eine jahrelange Extremsituation für die Eltern, Geschwister und alle Angehörigen. Kostenpunkt? Besser nicht weiter darüber nachdenken.... Jedenfalls steht das Geld nicht mehr zur Verfügung, um z.B. einer alten Frau einen neuen Krückstock zu bezahlen.
A propos Alter.
Es scheint aus einem mir nicht näher ersichtlichen Grund erstrebenswert zu sein, so alt wie möglich zu werden. Oder doch, irgendwie ist es schon nachvollziehbar, und zwar dann, wenn ein Mensch sein Leben mit einer entfremdenden Arbeit und den vielen nutzlos vertanen Stunden vorm Big-Brother-TV vergeudet hat. Ihm wird im Fall einer Krankheit erstmals bewußt, was er in diesem seinem gegenwärtigen Leben noch alles zu erledigen hat und dazu möchte er nun endlich die erforderliche Zeit gewinnen.
Kann er, soll er, das gestehe ich ihm gerne zu. Aber Vergleichbares möchte ich für mich selbst nicht in Anspruch nehmen, denn ich vergeude keine Zeit, falls irgend möglich.
Ich möchte mir vielmehr das Recht bewahren gehen zu dürfen, wenn die Chefin mich zu sich heranwinkt.
Doch wenn es tatsächlich so weit sein wird, und ich mich einer Behandlung verweigere, nachdem man mich ohnmächtig und gegen meinen mehrfach und an gut sichtbaren Stellen deutlich erklärten Willen in ein Krankenhaus geschleift hat, dann glaube ich jetzt schon das hippokratische Geschrei zu hören...
Ja, man muss es sich mal auf der Zunge zergehen lassen: Der Hippokratische Eid geht in jedem Fall über das Selbstbestimmungsrecht des Patienten. Ist Gesetz. Nicht dass der weißbekittelten Mafia auf einmal noch einer durch die Lappen geht.... Und zahlen soll ich dann wohl auch noch für das, was ich nicht nur nicht bestellt, sondern sogar eindeutig und ausdrücklich abbestellt habe. Und am Ende wären die noch fähig meine Kinder und Enkel zur Zahlung der Rechnung heranzuziehen. Kann das so in Ordnung sein?
Vor ein paar Monaten gingen die beiden an der Wirbelsäule zusammen gewachsenen Neugeborenen durch die Presse. Die Eltern wollten sie einfach in Frieden sterben lassen, aber die Richter verboten es ihnen, zwangen die Eltern, der chirurgischen Trennung zuzustimmen. Was ist eigentlich aus denen geworden, weiß das jemand? Sind sie tot? (In diesem Fall: GOTT SEI DANK) oder sind sie nur"nur" schwerstbehindert, wie es seinerzeit von den Ärzten (im besten Fall!) prognostiziert wurde?
Behandlung mit Stammzellen, Präimplatationsdiagnostik (PID)
Hier sind Grenzen überschritten, ganz entschieden. Zu einer besseren"Volksgesundheit" werden die neuen Techniken ebenso wenig führen wie die vorgenannten Maßnahmen.
Man könnte jetzt stundenlang weiter philosophieren, über die Nützlichkeit von Medikamenten, Behandlungs- und Operationsmethoden und ob sie uns heilen oder gewinnbringend in einem Nirwana zwischen Gesundheit und Siechtum halten, über den Tod als GAU, den es unter allen Umständen zu verhindern gilt, über die Überwachung mittels Medikamenten-Chip-Karte, über die unterschiedlichen Abrechnungsmodi zwischen dem eines normalen Krankenhauses und dem einer einer"Spezialambulanz" (ja, eine Ballondilation zur Entkalkung der zivilisationsverstopften Herzkranzgefäße kann in der einen Spezialeinrichtung locker DM 36.000.- kosten und in einem Kreiskrankenhaus DM 9.000.-), über die Kosten der Behandlung von Leberzirrhose als Folge des überreichlichen Konsums legaler Drogen (Alkohol), über amputierte Raucherbeine und sonstige Verstümmelungen, die Machenschaften der Pharmaindustrie, USW USW.
Selbstverständlich hat auch das sorglose Patientenverhalten zu der heutigen Situation geführt: Kaum steckt ein Furz quer, sitzt man schon - mit vielen anderen, die ein ähnliches Anliegen plagt - im Wartezimmer wie die Hühner auf der Stange, bis man per Sprechgerät in eine der Fließbandkabinen gerufen wird.
Werdende Mütter sind grundsätzlich Schwerkranke und brauchen als Therapie wöchentlich ein aktualisiertes Ultraschall-Foto des Fötus, damit die Omma mitkriegt, wies Kind wächst.
Um eine Zecke zu entfernen, reserviert man selbstverständlich einen Termin beim Prof. Möglichst zeitnah, sonst ist das widerhakenbemaulte Vieh abgefallen, bevor der Prof Pinzette und Rechnungsblock zücken kann.
Durch die vom Gesetzgeber herbeigeführte Selbstverständlichkeit von Beitragszahlungen einerseits und Patientenforderungen andererseits konnte das System so unrettbar ausufern. Und durch den sich hartnäckig erhaltenden Mythos, dass ein Mediziner etwas Besonderes ist.
Und natürlich wegen der Angst des Einzelnen Verantwortung für sich selbst zu übernehmen.
Ich hab mich schon vor vielen Jahren (nachdem ich, genau wie André, die Schulmedizin auch nicht mehr in Anspruch nahm, sondern nur die von den Kassen boykottierte alternative Heilkunde) dem kranken Gesundheitssystem konsequent entzogen. Für etwaige Grenzfälle (auch dies ein Thema für sich) habe ich schon mal vorsorglich Oskar´s Tierarzt um Behandlung im Fall des Falles gebeten. Bislang widersetzt er sich allerdings ;-) Ok Ok, das ging jetzt bisschen übers Spinnerlimit. Wie vielleicht auch die Aussage, dass ein Schmerz, eine Infektion oder ein krankes Organ seinen Besitzer zu einer Einsicht und zu einer Weiterentwicklung aufrufen will. Ich gebe aber zu, dass man leichter urteilen und verurteilen kann, wenn man sich gesund fühlt...
"Mein" Zahnarzt, der ist froh mit meinen bunten DM-Zetteln, die er gelegentlich kriegt als verdienten Lohn dafür, dass er z.B. den 8er oben links aufbohrt und wieder zubetoniert. Augenscheinlich sogar froher als mit einer Plastikkarte, über die er 1 x 89 Pfennig fürs Aufbohren, 1 x 99 Pfennig für die Füllung und 1 x DM 1.20 für die ebtunelle Spritze, natürlich alles zuzgl. Wehrmachtssteuer bei der AOK abrechnen dürfte und mir trotzdem noch eine Rechnung ausschreiben müsste, weil die Füllung eben aus Plastik und nicht aus giftigem Quecksilber besteht.
(Ob er 2002 auch noch mit den EURO-Zetteln froh sein wird, ist ein ganz anderes Thema.)
Ja, man könnte sich stundenlang aufregen, gell?
Schönen Sonntag euch allen
wünscht Gundel
<ul> ~ Organspende - Mundus hat den trefflichen Link gestern morgen schon gepostet</ul>
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