- Stocks-Artikel vom 31.8.2001: Das grosse Dollar-Risiko (bitte lesen!!) - Frank1, 03.09.2001, 09:35
- Re: Stocks-Artikel vom 31.8.2001: Das grosse Dollar-Risiko (bitte lesen!!) - Ecki1, 03.09.2001, 13:50
Stocks-Artikel vom 31.8.2001: Das grosse Dollar-Risiko (bitte lesen!!)
Leichte Verluste des Dollars bringen Vorteile. Ein Dollarsturz hätte gravierende Folgen für Weltwirtschaft und Börse.
Seit geraumer Zeit ist der US-Dollar unter Druck. Steigende Notierungen von Euro, Pfund, Franken und sogar des Yens gegenüber der US-Valuta im Verlaufe der letzten Wochen belegen dies. ‚Der Dollar wird müde’, schreibt Merrill Lynch. Der Dollarschwäche zu Grunde liegt das bedenkliche konjunkturelle Umfeld, in dem sich die USA in diesem Spätsommer befinden: Das Wirtschaftswachstum im laufenden Jahr ist so schwach wie nie mehr seit 1993, die Unternehmensgewinne sind seit drei Quartalen rückläufig, das Konsumentenvertrauen ist angeknackst und das Leistungsbilanzdefizit bleibt gigantisch. Kein Wunder, gerät auch der Dollar unter Druck.
Freuen am schwachen Dollar können sich dagegen die US-Exporteure wie etwa der Autohersteller General Motors (GM). John Devine, Finanzchef bei GM, machte den harten Dollar in der Vergangenheit dafür verantwortlich, dass er ‚die internationale Konkurrenzfähigkeit der USA zerstört’. Jetzt werden die US-Exporte günstiger und attraktiver.
Aus europäischer Sicht verbilligen sich die Importe, vor allem das Erdöl. Aber während die Euroskeptiker derzeit auf Tauchstation sind, treten andere Bedenken an die Oberfläche. Wenn sich der Euro weiter auf ein Paritätsverhältnis zum Dollar bewegt, wird der Export belastet. Fazit: Ein zu schwacher Euro ist schlecht für das Selbstbewusstsein, ein zu starker Euro ist schlecht fürs Geschäft.
An der Börse wird die Dollarschwäche zwar Kurse exportorientierter Euro-Unternehmen drücken, insgesamt werden europäische Aktien für internationale Anleger aber interessanter. Ein leichtes Abgleiten des Dollars gegen den Euro hat durchaus seine Vorteile: Die Nachfrage nach US-Gütern steigt, die Inflation im Euroland fällt und macht so den Weg für die EZB frei, die Zinsen zu senken. Von dieser Entwicklung gehen Beobachter wie der Währungsstratege Stephen L. Jen von Morgan Stanley Dean Witter aus. Er erwartet ‚ein leichtes Abschwächen des Dollars im kommenden Jahr, ohne negative Effekte für die Weltwirtschaft oder einen Börsencrash’.
Die Gefahr ist aber gross, dass der Dollar nicht so kontrolliert und ‚soft’ landet. Devisenkurse können nicht mit chirurgischer Präsizion gesteuert und vorausgesagt werden, sondern hängen sehr stark von den globalen Kapitalströmen ab. Diese ergeben sich aus den Überlegungen und Gedanken von Millionen von Anlegern rund um die Welt, die für ihr Kapital - je nach Anlagestrategie - einen sicheren Hafen oder eine rentable Anlage suchen. In den letzten Jahren war der Dollar gleich für beide Strategien eine beliebte Anlaufstelle. Ausländische Investoren legten im Jahr 2000 netto rund 450 Milliarden Dollar in US-Wertpapieren an. So befinden sich derzeit 20 Prozent der US-Unternehmensanleihen und 38 Prozent der US-Treasuries in ausländischem Besitz. Davon profitierte der Dollar (um diese Papiere zu kaufen, mussten die Anleger ihre Währung gegen Dollar verkaufen). Gleichzeitig finanzierten die ausländischen Investoren so das US-Leistungsbilanzdefizit.
Das weitere Verhalten dieser Anleger lässt sich aber nicht prognostizieren. Setzt der Herdentrieb ein und beginnen die Investoren die - der wegen der Dollarschwäche im Kurs sinkenden - US-Anleihen im grossen Stil abzustossen, wird der Dollar weiter unter Druck geraten. Zusammen mit den unabsehbaren Effekten der auf breiter Front eingesetzten Finanzinstrumente (Derivate, Leveraging), wird ein kontrolliertes ‚soft landing’ des Dollars zur Illusion. Eine hart am Boden aufschlagende US-Valuta hätte einen unschönen Dominoeffekt zur Folge, der Börsen und Wirtschaft rund um den Globus hart treffen würde. So weit muss es freilich nicht kommen, schliesslich fehlt den Anlegern, die sich aus den US-Papieren verabschieden wollen, im Moment eine Alternative, da weder Asien noch Europa in der Lage sind, sich von den USA zu emanzipieren. Falls in den kommenden Wochen nur einzelne US-Frühindikatoren anzeigen, dass die Wirtschaft wieder zu Kräften kommt und die - der Konjunktur stets vorauseilende - Börse diesen Trend aufnimmt, findet auch der Dollar wieder zu alter Stärke zurück, da unter diesen Umständen kein Grund mehr besteht, das investierte Kapital aus den USA abzuziehen.
Ausgeklammert in diesem optimistischen Szenario ist aber das grösste Dollar-Risiko: Das Platzen der nächsten Blase ‚Made in America’ - dem Immobiliensektor. Höhere Immobilienwerte waren eine der Hauptursachen, weshalb den US-Konsumenten trotz Jobunsicherheit und Rezessionsgefahr die Lust am Shopping (noch) in den letzten Monaten nicht vergangen ist. Zudem konnten die Börsenverluste mit dem höheren Wert der eigenen vier Wände ‚kompensiert’ werden. Steigende Hauspreise und sinkende Zinsen haben aber auch viele US-Hausbesitzer dazu bewogen, ihre Hypotheken umzuschulden. Doch statt nur noch mit den tieferen Zinszahlungen belastet zu werden, lassen sich viele Hausbesitzer das ‚gesparte’ Geld auszahlen und stecken es in den Konsum. Diese Praxis erinnert in fataler Weise an Nasdaq-Anleger, die noch in den letzten Haussetagen mit gepumptem Geld auf einen masslos überbewerteten Markt setzten.
Platzt aber die Immobilienpreisblase, sitzen viele US-Hausbesitzer in der Schuldenfalle und der Konjunkturmotor ‚Konsum’ droht abzusterben. Bei diesem Szenario würde ein Dollarsturm aufziehen, gegen den die aktuelle Dollarschwäche nur ein laues Lüftchen ist. Dies würde dann nicht nur die europäischen Exporteure, sondern die ganze Weltwirtschaft und die Finanzmärkte vor grösste Probleme stellen.
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