- Re: Systemfehler Zins - Ghandi, 20.09.2001, 22:01
- Re: Systemfehler Zins - Euklid, 20.09.2001, 22:09
- Re: Systemfehler Zins - dottore, 21.09.2001, 10:34
- Re: Systemfehler Zins, Antwort Teil 2 - dottore, 21.09.2001, 14:19
Re: Systemfehler Zins, Antwort Teil 2
Hi,
hier noch kurz einige Anmerkungen zum Rest:
>Das System funktioniert, wie Du oben schreibst, also nur unter
>dem permanenten Zwang eines parallel dazu sich steigernden
>BIP-Wachstums.
Ja, genau das macht zunächst die Dynamik des Systems aus. Wird der Zins durch Nichtbezahlung und Hochbuchung bzw. immer neue Schulden aber an immer anderen Stellen immer weiter vor sich"hergeschoben", gerät das System zwangsläufig aus den Fugen:
Eine, die Ressourcen zerstörende, nur noch auf Produktionsmaximierung ausgelegte Wirtschafterei hebt an, immer mehr und mehr sinnloses Zeugs wird produziert, das dann, wenn die Hochbucherei mangels noch zu gewährender oder gewährter"new credits" auf einmal ins Stocken kommt (solche Krisen beginnen in den"gehobenen" Marktsegmenten, Weltreisen, Zweit-Ferraris, Phantasieprojekte wie vieles in der IT- und"new economy"-Branche, UMTS etc.) - und die Krise ist da.
Der berühmte Konjunkturforscher Arthur Spiethoff hat dazu den sehr passenden Ausdruck"Stockung" gewählt.
Und alle halten sie für"unerklärlich".
>D.h.: Wachstum ohne Ende! - und das auf einer runden Kugel namens
>Erde, die nicht mit wachsen mag.
Wichtiger Punkt! Denn hinzu kommt auch noch on top die Maximierung der Weltbevölkerung (andere Kulturen hatten sich gerade in diesem Punkt sehr weise beschränkt). Dann erledigt die"menschliche Springflut" (Titel eines Buches von Claus Jacobi, ehemals"Spiegel"-Chefredakteur) den Rest.
>Ist der Begriff"Systemfehler" unter diesem Gesichtspunkt verfehlt?
Nein.
>Ăśbrigens:
>Einen denkbaren Zusammenhang zwischen Zins und Distanz,
>den Du mal in die Diskussion geworfen hast, finde ich persönlich
>sehr plausibel und hoch interessant. (In der Familie wird Kredit
>zinslos gegeben, weil man sich gut kennt, im Falle von Argentinien,
>weil weit weg und deshalb schwer kalkulierbar, läßt man sich als
>Verleiher nur zu 10%+x zur Kreditvergabe verleiten.)
>Daraus darf man schlieĂźen, dass die Globalisierung das welt-
>weite Schuldenproblem prinzipiell verschärft hat, während kleine,
>überschaubare Wirtschaftsräume nachhaltiger funktionieren sollten.
Sehr guter Punkt! Auch das verschärft das Ganze. Eine solche Form der Globalisierung muss scheitern, und das hat nichts mit freiem Welthandel zu tun, sondern mit den dann immer weiter hochgebuchten und nicht geleisteten Zinsen. Die Armen in der Dritten Welt haben auch keine Chance, sie jemals zu leisten. Hätte man ihnen die Kredite nicht geradezu aufgedrängt (wer nimmt nicht gerne Geld?) und dann stehen lassen, wären deren ursprüngliche sozialen und wirtschaftlichen Strukturen erhalten geblieben und hätten sich moderat weiter entwickelt.
>Im Hinblick auf soziale Sicherungssysteme (man denke nur an Zeit-
>bomben wie die Pflegeversicherung) gilt Gleiches. Die Verlagerung
>von Kompetenzen weg vom Staat und zurĂĽck zu kleinen Gemeinschaften
>(Dorf, Stadt, Landkreis), in denen sich die Menschen gegenseitig
>kennen, muĂź zu wesentlicher Effizienzsteigerung und geringerer
>Verschwendung von Mitteln fĂĽhren.
Absolut auch meine Meinung.
>Wenn, wie Du glaubst, Staaten demnächst zerfallen werden,
>dann wäre die Rückbesinnung auf lokale Stärken nicht der
>falscheste Weg fĂĽr einen Neubeginn. Was selbstredend nicht
>den RĂĽckfall in die Kleinstaaterei bedeuten darf.
Ja, es wird nicht nur zu einer Remoralisierung, sondern auch zu einer Relokalisierung kommen, nachdem der sich anbahnende Weltimperialismus in sich kollabiert ist. Die Geschichte aller"Imperien" sollte zu denken geben, siehe Persien, Athen, Alexander, Rom, Byzanz, Karolinger, TĂĽrkei, England, Italien, usw. - von den gescheiterten Versuchen (Kaiserreiche bis WK I, Hitler, Sowjetunion) ganz abgesehen.
Paul Kennedy hat dies bestens erläutert.
GruĂź + Dank
d.
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