- Aus aktuellem Anlaß: Statement von Däke, Präsident des Bundes der Steuerzahler - marsch, 26.09.2001, 20:18
- Sparsamkeit eher möglich, falls Verschwendungsprojekte in Abstimmungen scheitern - Ecki1, 26.09.2001, 22:02
Aus aktuellem Anlaß: Statement von Däke, Präsident des Bundes der Steuerzahler
Die öffentliche Verschwendung
Statement von Dr. Karl Heinz Däke, Präsident des Bundes der Steuerzahler,(diese Uhr ist immer wieder ernüchternd)
zur Vorstellung des 29. Schwarzbuchs „Die öffentliche Verschwendung“
am 25. September 2001 in Berlin
Sehr geehrte Damen und Herren,
viele von Ihnen besuchen sicherlich nicht zum ersten Mal eine Pressekonferenz des Bundes der Steuerzahler zum Thema „Die öffentliche Verschwendung“. Dann wer-den Sie sich vielleicht auch schon gefragt haben: Was nützt es denn, wenn der Bund der Steuerzahler Jahr für Jahr aufs Neue anprangert, dass Bund, Länder und Gemeinden Steuergelder in Milliardenhöhe vergeuden? Schließlich ändert sich ja doch nichts. Da ich diesen Einwand häufiger, auch von Ihnen und Ihren Kollegen zu hören bekomme, möchte ich an dieser Stelle einmal Folgendes festhalten: Wenn der Bund der Steuerzahler sein Schwarzbuch „Die öffentliche Verschwendung“ in einer Auflage von fast 60.000 Exemplaren veröffentlicht, dann blieb und bleibt dies nicht ohne Folgen. Wie sehen diese Folgen aus?
Nun, diejenigen, die wir der Ã-ffentlichkeit als Steuergeldverschwender vorstellen, müssen zunächst einmal mit ausgesprochen kritischen Fragen der jeweiligen politi-schen Opposition, aber auch der Wähler rechnen. Sie müssen ferner damit rechnen, dass die offiziellen Kontrollbehörden den Fall aufgreifen und das Sanktionsinstru-mentarium der staatlichen Finanzkontrolle in Gang bringen. Und deshalb geht von unserem Schwarzbuch eine sehr heilsame Wirkung aus. Da es ausgesprochen un-angenehm ist, in dieser Broschüre einen Platz zu finden, bemüht man sich vor allem im kommunalen Bereich um mehr Sorgfalt bei den Entscheidungen, die die Steuer-zahler belasten.
Auf den letzten beiden Seiten des Schwarzbuchs haben wir in diesem Jahr eine Auswahl an Fällen dokumentiert, in denen unser Kampf gegen die öffentliche Ver-schwendung konkrete Wirkungen gezeigt hat. Dazu zwei Beispiele:
 In Marl bei Recklinghausen konnten wir eine Fehlentscheidung verhindern, die den Steuerzahler 40 Millionen Mark gekostet hätte. Geplant war, den dortigen Flugplatz auszubauen, obwohl dessen Auslastung schon heute zu gering ist. Daran hätte der millionenschwere Ausbau nichts geändert. Der Kreistag von Recklinghausen folgte unseren Argumenten und hat die Pläne aufgegeben. Das gilt jedoch nur vorerst, weshalb wir hier weiterhin ein wachsames Auge haben werden. (Seite 63)
 Im Landkreis Fulda unternahm ein Hauptkommissar der Umweltpolizei einen teu-ren Hubschrauberflug, um Luftaufnahmen von einer behelfsmäßigen Brücke zu machen. Eine Flugstunde kostet immerhin rund 1.000 Mark. Die Umwelteinwir-kungen der Überfahrt wurden zuvor aber schon bei einem Ortstermin ausführlich dokumentiert. Unsere Intervention beim Hessischen Innenministerium hat dazu geführt, dass gegen den Beamten dienstaufsichtsrechtliche Maßnahmen ergriffen wurden. (Seite 63)
Diese und andere Beispiele zeigen, dass die regelmäßigen Recherchen und Inter-ventionen des Bundes der Steuerzahler eine nicht zu unterschätzende Wirkung entfalten. Gäbe es sie nicht, da bin ich mir absolut sicher, wäre das Ausmaß der öf-fentlichen Verschwendung noch viel größer.
Das zentrale Anliegen, das wir mit der Veröffentlichung des Schwarzbuchs verfol-gen, ist die Prävention von Steuergeldverschwendung. Wir wollen sowohl sympto-matische Beispiele als auch systembedingte Ursachen für die Fehlleitung öffentli-cher Mittel aufzeigen, damit diese andernorts unterbleibt. Ein solcher systembe-dingter Nährboden für die unwirtschaftliche Verwendung von Steuergeldern ist die sogenannte Mischfinanzierung, also die gemeinsame Finanzierung von Projekten durch mehrere staatliche Ebenen. Dadurch kommt es quasi zwangsläufig zu Ausga-ben, die bei alleiniger Zuständigkeit für die Finanzierung nicht oder zumindest in bescheidenerem Umfang getätigt worden wären. Auch dazu einige Beispiele:
 Fördermittel aus dem EU-Programm zur Entwicklung typischer Landschaften und der ländlichen Räume haben die Gemeinde Betheln im Landkreis Hildesheim da-zu verleitet, eine komfortable Wanderschutz- und Grillhütte für über 234.000 Mark zu bauen. Ursprünglich sahen die Pläne bei Eigenfinanzierung Kosten von 75.000 Mark vor. Doch nach Zusage der EU-Fördermittel errichtete man zusätz-lich zur Hütte noch einen Parkplatz. Zudem hatten Auflagen der EU zur Folge, dass das Dach der Hütte nicht mit günstiger Bitumenpappe, sondern mit teuren Tonziegeln belegt werden musste. Und statt wie geplant in Eigenleistungen mussten die Arbeiten durch Handwerksbetriebe ausgeführt werden. Am Ende zahlte die Gemeinde rund 90.000 Mark, 116.580 Mark kamen von der EU und knapp 30.000 Mark hatten Bürger aus Betheln gespendet. (Seite 26)
 Zuschüsse aus dem Topf des Dorferneuerungsprogramms haben der Gemeinde Holtland im Landkreis Leer den Bau einer sage und schreibe 254.321 Mark teu-ren Fahrradremise mit 50 Stellplätzen ermöglicht - pro Stellplatz sind das 5.086 Mark. Eine günstigere Variante wäre zwar durchaus möglich, im Rahmen des Dorferneuerungsprogramms dann aber nicht förderungsfähig gewesen. (Seite 27)
 Für die „Euroga 2002 plus“ greift das Land Nordrhein-Westfalen tief in die Ta-schen der Steuerzahler und fördert manche Projekte mit bis zu 80 Prozent. Dem konnte die Stadt Dormagen nicht widerstehen und tätigt Investitionen, die sie sich sonst nie leisten würde. 1,3 Millionen Mark muss sie für die Sanierung des Klosters Knechtsteden aufbringen, gut 4,35 Millionen Mark zahlt das Land. Dafür können die Gymnasiasten demnächst einen neuen Schulweg quer über eine Wiese benutzen anstatt wie seit eh und je über den Bürgersteig an der kaum befahrenen Straße zur Schule zu gehen. Außerdem werden die ohnehin schon großen Parkplätze noch erweitert - und das, obwohl insbesondere Radfahrer er-wartet werden. (Seite 27)
Wie das heute zum 29. Mal veröffentlichte Schwarzbuch des Bundes der Steuer-zahler anhand von über 100 Fällen belegt, ist die unwirtschaftliche Verwendung von Steuergeldern noch immer an der Tagesordnung. Dabei zeigt sich die Verschwen-dung mit den verschiedensten Gesichtern. Da geht es um Fehlplanungen und Ko-stenexplosionen, Prunk und Protz, unangemessene Spendierfreudigkeit und Raffgier von Politikern, Mängel im Beschaffungswesen, aber auch um Gedanken- und Plan-losigkeit beim Umgang mit den sauer verdienten Steuern der Bürger.
 Inmitten des zur Hansestadt Lübeck gehörenden Ostseebades Travemünde liegt der Godewindpark, eine sehr beliebte, aber etwas heruntergekommene Kuranla-ge. Für insgesamt 1,3 Millionen Mark wurde diese durch die Kurbetriebe im Herbst 2000 neu gestaltet. Größter Einzelposten war die „Schmetterlingsbrücke“, eine für einen Design-Preis nominierte Fußgängerbrücke, die für 98.500 Mark ei-nen Wasserlauf überspannt. Über Schönheit kann man geteilter Meinung sein, über Funktionalität nicht. Zwar erlaubt das hohe Brückenprofil im Winter Schlitt-schuhläufern ein Unterqueren ohne den Kopf einzuziehen, dafür aber sind die Brückenrampen mit neun Prozent Steigung für Rollstuhlfahrer und Gehbehinderte zu steil. Für öffentliche Brücken mit Verkehrsfunktion ist in Deutschland die maxi-male Steigung auf sechs Prozent beschränkt. Gestritten wird jetzt, wer die Kosten für die Umgestaltung der Brücke zu tragen hat. (Seite 4)
 Auch in diesem Jahr dauern die Recherchen bis in diese Minuten. Wir dokumen-tieren auf Seite 39 den folgenden Fall: Angesichts der Pannen bei den Neubauten für den Deutschen Bundestag in Berlin ist nun auch den Abgeordneten der Kra-gen geplatzt. Ursache: Statt im Juli 2001, also während der parlamentarischen Sommerpause, die neuen Büros in Ruhe beziehen zu können, beginnt der Umzug in das Jakob-Kaiser-Haus durch die verspätete Baufertigstellung frühestens am 22. Oktober und muss dann in zwei sitzungsfreien Wochen über die Bühne ge-hen. Den Steuerzahlern ist indessen schon vor längerer Zeit der Kragen geplatzt. Denn die Kostenobergrenze von 1,928 Milliarden Mark für die insgesamt drei Neubauvorhaben für den Bundestag wird nach Angaben der Bundesbaugesell-schaft Berlin voraussichtlich um weniger als 5 Prozent überschritten, aber das sind immerhin über 90 Millionen Mark. Nicht berücksichtigt sind dabei baugrund-bedingte Mehrkosten. Die belaufen sich auf 183 Millionen Mark. Da die Abgeord-neten und ihre Mitarbeiter nun noch einige Monate länger in den angemieteten Provisorien ausharren müssen, kommen weitere 10,1 Millionen Mark für Miete und Nebenkosten hinzu. Nicht nur die Bundesbaugesellschaft, auch so mancher Volksvertreter hat beim Bau des Jakob-Kaiser-Hauses keine ruhmreiche Rolle gespielt: Da die Spitzen der CDU/CSU-Fraktion im Bundestag in ihren Büros nicht über einen roten Boden laufen wollten, ließen sie in 18 Räumen insgesamt 340 qm Teppich rausreißen und durch einen blauen ersetzen. Dafür dass der politi-schen Farbenlehre Genüge getan wurde, mussten die Steuerzahler 80.000 Mark berappen. Immerhin: In dem Preis ist auch ein Vorrat von 200 qm Teppich ent-halten - für den Fall, dass auch der bislang noch rote Belag in den Fluren aus-getauscht werden soll.
Der CSU-Abgeordnete Peter Ramsauer hat nun in Erfahrung gebracht, dass wir den Fall in unser Schwarzbuch aufgenommen haben und uns heute morgen seine Sicht der Dinge geschildert. Er teilte uns mit, der rote Teppich habe nie gelegen, es sei gleich der blaue verlegt worden. Dem steht allerdings die Aussage der Bundesbaugesellschaft entgegen die uns auch schriftlich vorliegt. Dort heißt es wörtlich: „Es handelt sich tatsächlich um 18 Räume in denen blauer Teppichbo-den ausgelegt wurde; Vorzimmer, Büro- und Besprechungsräume in Haus 3 im 3. und 5. OG. In den Kosten für die Entfernung und Neuverlegung und Nachberei-tung von 80.000,00 DM brutto sind auch 200 qm Teppich auf Vorratshaltung ent-halten, falls auch in den Fluren, die bislang noch mit rotem Teppichboden ausge-legt sind, ebenfalls blauer Teppich verlegt werden soll.“ Mit dieser Aussage kon-frontiert hat Herr Ramsauer angekündigt, gegen die Bundesbaugesellschaft im Disziplinarwege vorzugehen.
 Die bayerische Stadt Iphofen errichtet am Busparkplatz eine Toilettenanlage, die aus zwei separaten Bauteilen in Holzständerkonstruktion mit Ziegelsatteldach besteht. Es ist jeweils das Damen-WC mit Wickelgelegenheit mit der Behin-dertentoilette und das Herren-WC mit dem Putzraum in einem Gebäude kombi-niert. Die Ausstattung entspricht modernen Hygienestandards mit berührungslo-sen Armaturen. Um auch Randalierern keine Chance zu geben, sind die Becken vandalensicher in Edelstahl statt in Porzellan eingerichtet. Ergänzt wird die Anla-ge durch eine Annahmestation für Fäkalabwässer aus Wohnmobilen. Die Kosten für diese Toilettenanlage belaufen sich auf rund 320.000 Mark, worin auch die Kosten für Zu- und Ableitungen für Wasser und Kanal im Trennsystem und Strom enthalten sind. Wenn auch die Stadt Iphofen nach Angaben ihres Bürgermeisters ca. 200.000 Tagestouristen und 45.000 Übernachtungen pro Jahr zu verzeichnen hat und von daher die Notwendigkeit einer öffentlichen Toilettenanlage unstrittig ist, erscheint der Preis für die Iphofener WC-Anlage zu hoch, bekommt man doch in der Umgebung Iphofens für diesen Preis zu einem Klo noch zusätzlich ein kleines Einfamilienhäuschen dazu. (Seite 23)
 Der 100.000-Mark-Auftrag für die Renovierung des Schlosses Britz wurde vom Bezirksamt Neukölln freihändig vergeben. Innerhalb von wenigen Tagen bekam das Schloss einen neuen Anstrich. Aufgrund der fehlenden Ausschreibung kann nicht nachvollzogen werden, ob es sich um das für die gebeutelte Staatskasse günstigste Angebot handelte. Anlass für die Blitzaktion war ein Besuch des Kanzlers. Im Schloss wurde ein Essen veranstaltet, zu dem zwölf europäische Vorsitzende der sozialdemokratischen Parteien, die zugleich Staatsoberhäupter sind, eingeladen waren. Dieses Essen für 43.000 Mark ging auf Rechnung der Steuerzahler. Hinzu kamen rund 6.000 Mark für die Pressebetreuung. Das Bun-desfinanzministerium meint, dass Ursache oder Anlass des Besuches keine Rolle spielen. Nach Meinung des Bundes der Steuerzahler muss ein Gastmahl für Parteifreunde aus der Parteikasse finanziert werden. (Seite 37)
 Die Skandalgeschichte um die Pflasterung des Bahnhofsvorplatzes in Bremen muss um ein weiteres Kapitel ergänzt werden. Die Steuerzahler erzürnt nicht nur, dass das teure Granit-Pflaster wegen Fehlplanungen schon wenige Monate später durch Guss-Asphalt ersetzt werden musste, weil sich die Pflasterung im Bereich der Straßenbahngleise als völlig untauglich erwies. Für erheblichen Un-mut sorgen auch die im Nachhinein bekannt gewordenen Kosten der Einwei-hungsfeier für den umgebauten Bahnhofsplatz. Der eintägige Party-Spaß auf Veranlassung des damaligen Bausenators Bernt Schulte verschlang nämlich un-angemessen hohe 148.900 Mark. Auf Steuerzahlerkosten wurde dabei dem Wahlvolk gut zwei Wochen vor der Bürgerschaftswahl ein städtisches Vorzeige-projekt präsentiert, das im Nachhinein für Bremen zu einem wahren „Pflaster-Desaster” wurde. (Seite 60)
 Anfang 2001 wollte das Bundesverteidigungsministerium das so genannte Weiß-buch der Bundesregierung herausgeben und damit gegenüber dem Parlament, der Ã-ffentlichkeit und den internationalen Partnern Deutschlands die sicherheits-politischen Vorstellungen der Bundesregierung verdeutlichen. Doch die Struktur-reform der Bundeswehr ließ den ursprünglich avisierten Veröffentlichungstermin wenig sinnvoll erscheinen. Daraufhin beschloss Verteidigungsminister Scharping, das Weißbuch erst nach Festlegung der neuen Kooperationsmodelle mit der Wirtschaft und den sich daraus ergebenden Strukturanpassungen zu veröffentli-chen. Dumm war nur, dass das Ministerium zum Druck des Weißbuchs bereits 316 Tonnen Papier gekauft hatte. Dieses liegt nun seit Oktober 2000 auf Halde, wofür bis heute Lagerungskosten in Höhe von 62.500 Mark angefallen sind. (Seite 9)
 In der Waldsiedlung in Altenstadt im Wetteraukreis errichtete man im Dezember 1994 eine Wartehalle, an der bis zum heutigen Tage keine Busse verkehren. Stattliche neun Meter breit ist das Gebilde aus Stahl und Glas in der Herrnstraße und mit Gesamtkosten von 52.395 Mark auch nicht gerade billig. Nach Auskunft des Bürgermeisters hatte man im ersten Fahrplan von 1995 die geplante Linien-führung dahingehend geändert, dass die Herrnstraße umfahren wird. Da man die große Wartehalle nicht an anderer Stelle aufstellen konnte und bisher keine al-ternative Verwendung gefunden hat, steht sie seit über sechs Jahren einfach nur so da. (Seite 5)
 Zur Überquerung des Elb-Abstiegs-Kanals musste eine neue Brücke zwischen Magdeburg und Glindenberg gebaut werden. Schon im August 2000 war das 5-Millionen-Mark-Objekt fertig montiert und sollte eingeschoben werden. Die ge-plante Technologie erforderte einen normalen Wasserstand. Doch die Elbe scheint dem Bauherrn, dem Wasserstraßen-Neubauamt, den Gefallen nicht ge-tan zu haben. Der Pegel blieb niedrig. Bis zum Frühjahr 2001 änderte er sich nur geringfügig. Nun knobelte der Bauherr an einer anderen Technologie, die eine Umleitung des Verkehrs erforderlich machte, um die seit Mitte der 90er Jahre geleaste Behelfsbrücke dazu vorher demontieren zu können. Doch schon die beiden Versuche zu ihrer Demontage hätten bald in einer Katastrophe geendet. Für beide Versuche musste an zwei Tagen die Schifffahrt eingestellt werden. Die Behelfsbrücke steht jetzt - allerdings nicht mehr nutzbar - aufgebockt an alter Stelle. Der 5-Millionen-Neubau aus Steuergeldern ruht dagegen weiterhin auf dem Acker. (Seite 33)
 Schleswig-Holstein ist ein waldarmes Land, nur rund 10 Prozent der Landesflä-che besteht aus Wäldern. Die rot-grüne Landesregierung hat es sich zur Aufgabe gemacht, den Waldbestand durch Ankauf und Aufforstung von Flächen auf 12 Prozent zu vergrößern. Im Kreis Schleswig-Flensburg liegt die Gemeinde Treia. Hier konnten durch Ankauf von ehemals landwirtschaftlich genutzten Flächen zwei bestehende Waldinseln miteinander verbunden werden. Ein Wertgutachten hat ergeben, dass die 43,5 Hektar durchschnittlich 23.000 Mark wert sind. Der Durchschnittspreis von Landwirtschaftsfläche beträgt im Kreisgebiet 17.000 Mark pro Hektar. Dennoch kaufte das Land die Fläche für eine gute Million Mark an. Hinzu kommen etwa 400.000 Mark für die Aufforstung. Durch diese eine Maß-nahme ist der Haushaltsansatz für das laufende Jahr fast vollständig aufge-braucht. Bei Fortsetzung einer derart unwirtschaftlichen Verwendung der knap-pen Haushaltsmittel wird das selbst gesteckte Ziel, den Waldbestand in Schles-wig-Holstein um zwei Prozentpunkte zu erhöhen, rein rechnerisch in etwa 620 Jahren erreicht. (Seite 5)
Der Bund der Steuerzahler verkennt keineswegs, dass die Mehrzahl der Staatsdie-ner bemüht ist, die zur Verfügung stehenden Haushaltsmittel sparsam und wirt-schaftlich einzusetzen. Auch kann man einwenden, dass teure Pleiten und Pannen überall passieren können. Als Rechtfertigung für die bestehenden Missstände taugt dies allerdings nicht. Das zeigt schon ein Blick auf die aus dem Fehlverhalten resul-tierenden Konsequenzen. Fehlentscheidungen in einem privaten Unternehmen ha-ben unmittelbare Folgen für das Unternehmen selbst, häufig auch für die verant-wortlichen Mitarbeiter, die Gefahr laufen, ihren Arbeitsplatz zu verlieren. Im staatli-chen Bereich hingegen findet in vergleichbaren Situationen eine Zuordnung der Verantwortlichkeit nur in Ausnahmefällen statt.
Die Gründe dafür, dass auch die vorhandenen Sanktionsinstrumente wie das Diszi-plinarrecht kaum genutzt werden, liegen auf der Hand: Leitet ein Behördenchef als Disziplinarvorgesetzter ein Verfahren gegen einen seiner Mitarbeiter ein, muss er damit rechnen, dass dadurch auch seine eigene Person, zumindest aber seine Kompetenz als Vorgesetzter, in Frage gestellt werden könnte. Beziehungen und Ab-hängigkeiten zwischen Vorgesetzten und Untergebenen tun ein Übriges, dass sich das Disziplinarrecht in der Praxis als stumpfes Schwert erweist.
 In der letztjährigen Ausgabe des Schwarzbuchs berichteten wir von dem über 100.000 Mark teuren Marokko-Trip einiger Personen auf Kosten der LBS-Norddeutsche Landesbausparkasse. An der siebentägigen Kongress-Reise, die ein aufwändiges touristisches Rahmenprogramm einschloss, nahm auch ein sei-nerzeit beurlaubter Beamter des Niedersächsischen Finanzministeriums teil, der noch kurz zuvor die Staatsaufsicht über die LBS ausübte. Allein für den Beamten und seine Begleitung wandte die LBS 19.000 Mark auf. Der Landesrechnungshof forderte unter Hinweis auf das Verbot der Annahme von Belohnungen und Ge-schenken und mit Unterstützung des Landtags disziplinarische Konsequenzen. Doch das Finanzministerium verschleppte den Vorgang so lange, bis die Verjäh-rung eintrat. (Seite 62)
Dieser „kameradschaftlichen Bürokratie“ müssten Amtsankläger, wie sie der Bund der Steuerzahler seit langem fordert, entgegengestellt werden. Sie könnten unab-hängig von Hierarchien und Beziehungsstrukturen ermitteln und Verfahren zur Ahn-dung von Dienstpflichtverletzungen einleiten.
Strafrechtlich stellt sich die Verfolgung von Steuergeldverschwendern noch proble-matischer dar. In Fällen, bei denen ein öffentlich Bediensteter oder Politiker Gelder in die eigene Tasche wirtschaftet, reicht das Strafgesetzbuch mit den Tatbeständen der Unterschlagung (§ 246 StGB), des Betrugs (§ 263 StGB) und der Untreue (§ 266 StGB) aus. Die Masse der Fälle betrifft aber nicht-eigennütziges Verhalten, durch das dem Fiskus dennoch schwerer Schaden zugefügt wird. Hier ist das strafrechtli-che Instrumentarium völlig unzureichend.
Die Bundesministerin der Justiz, Frau Dr. Herta Däubler-Gmelin, haben wir auf die-sen „strafrechtsfreien“ Raum hingewiesen und aufgefordert, mit einem besonderen Straftatbestand der Amtsuntreue Abhilfe zu schaffen. Dennoch sieht sie keinen Handlungsbedarf: „Die wirklich strafwürdigen Fälle der Verschwendung oder zweck-widrigen Verwendung öffentlicher Gelder können bereits nach geltendem Recht strafrechtlich erfasst werden“. Die Justizministerin übersieht jedoch geflissentlich, dass es in den von ihr angesprochenen Fällen Strafanzeigen des Bundes der Steu-erzahler gab, die durchweg mit Verfahrenseinstellungen endeten. Deshalb muss der Gesetzgeber endlich tätig werden. Die Steuerzahler können es nicht länger hinneh-men, dass der allgemeine Untreueparagraph des Strafgesetzbuches letzten Endes einen Freibrief dafür liefert, mit öffentlichen Geldern nach Belieben umzugehen und dabei auch haushaltsrechtliche Beschränkungen zu missachten.
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