- @Baldur den Ketzer: Richtig: «Seien wir froh um jeden, der Luxus kauft»!!! - Galiani, 28.09.2001, 02:00
- Re: «Seien wir froh um jeden, der Luxus kauft»!!! - Baldur der Ketzer, 28.09.2001, 02:28
@Baldur den Ketzer: Richtig: «Seien wir froh um jeden, der Luxus kauft»!!!
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Danke, Baldur für Deinen Einwurf! (Übrigens, Du hast recht! Das Forum wird zur bedenklichen Sucht!)
Daher kann ich einfach nicht widerstehen, nochmals einige besonders anregende Gedanken von Galiani zum Thema «Luxus» hier hereinzustellen (Hoffentlich wird mein Verleger nicht langsam böse!).
Also:
<font size=5> «Exkurs über den Luxus ganz allgemein.»</font>
«Es gibt bestimmte Worte, bei deren bloßer Erwähnung sich uns schon die Nackenhaare sträuben, obwohl die damit bezeichneten Begriffe, nämlich meist irgendwelche Verhaltensweisen, die man Menschen unterstellt, so dunkel und vieldeutig sind, daß man den Eindruck gewinnt, das so allgemein und einhellig Abgelehnte sei eher das betreffende Wort und gar nicht die eigentliche Sache. Was besonders verwundert, ist die Tatsache, daß diese anscheinend so verhaßten Verhaltensweisen offensichtlich allen, die sie verabscheuen, eigen und wert sind; oder doch zumindest fast allen. Ich möchte hier nicht im einzelnen jedes dieser Worte aufzählen, von dem ich glaube, daß es zu dieser Sorte gehört. Denn ich dürfte das nicht, ohne jeweils den entsprechenden Beweis anzutreten, wenn ich nicht riskieren will, für verstiegen und verrückt gehalten zu werden. Nichtsdestoweniger werde ich eines anführen: nämlich das Wort »Politik«. Jeder möchte sie als Begleitumstand seines Lebens haben; zugleich aber sagt man ihr nach, sie sei der größte Feind der Unschuld und der Tugend. Kaum je getraut sich indes jemand, »Politik« zu definieren.
Ähnlich steht es mit dem Wort »Luxus«. Man sagt, er sei schädlich und widerlich; die Sittenlehre verbietet ihn, die Historiker tadeln ihn, noch mehr die Redner und die Dichter, die Satiriker verhöhnen ihn, die Gesetze hassen ihn, in den privaten Unterhaltungen beanstandet man ihn, und doch ist die ganze Welt voll von ihm: Es gab ihn in allen Ländern und zu allen Zeiten, abgesehen vielleicht von den Epochen, in denen wir noch wie die Wilden oder als Barbaren lebten. Niemand aber weiß oder wagt zu sagen, was Luxus eigentlich ist. So spukt dieses Gespenst (und als solches muß man den Luxus wohl bezeichnen) in unserem Bewußtsein herum. Niemals erkennen wir seine wahre Gestalt und nie treffen wir es in Aktion an oder sonst in einer Weise, die erlaubt zu sagen: Das ist Luxus. Was immer der Luxus aber auch sein mag, sicher ist, daß er ein Kind des Friedens ist sowie einer guten Regierung und der Verbesserung der für die Gesellschaft nützlichen Gewerbe; der Luxus ist somit ein Bruder des Glücks auf dieser Welt. Er kann nur solche Berufe und den Verkauf solcher Waren nach sich ziehen, die der Freude und nicht dem nacktem Überleben dienen....
... Es ist jedoch richtig, daß der Luxus immer ein untrügliches Zeichen und der Hinweis auf den nahen Verfall eines Staates ist. Aber das ist so, wie etwa das Vergilben der Ähren ein Zeichen des Vertrocknens ist und damit auch ein Zeichen der Reife: Es zeigt zwar das nahe Ende an, ist aber trotzdem sehnsüchtig erwartet und heiß begehrt. Denn um dieses Zeichens willen wurde viel Schweiß vergossen, viel Sorgfalt aufgewendet und viel Plagerei erduldet; es ist ein Zeichen, das während der schönen Jahreszeit erscheint und immer mit allgemeiner Freude verbunden ist. Während der Winterstürme ist die Pflanze grün und frisch, trägt aber keine Früchte. Sie vertrocknet erst, wenn sie uns mit ihren Früchten beschenkt hat. So ist es auch mit den Königreichen und Imperien: Sie sind edle Pflanzen im erhabenen Garten Gottes, voll Kraft und wilder Heftigkeit, solange sie unter Kriegen und inneren Zwistigkeiten heranwachsen. Da sie aber nicht lange in ein und demselben Zustand verharren können, beginnen Reichtum und Luxus sie zu korrumpieren, sobald sie durch ihre militärische Tapferkeit und die Weisheit ihrer Gesetze Frieden und einen Zustand des Überflusses erlangt haben. Damit kehren sowohl die Sklaverei als auch die vielen Übel wieder, die normalerweise damit einhergehen. So wechseln sich Ordnung und Chaos immer wieder ab. Den Luxus im Wohlstand verhindern zu wollen ist so, als verlange man, daß der fast ein Jahr lang sorgsam gehegte Getreideanbau im Sommer kein Korn tragen oder daß die Ähren nach dem Ausreifen weiter grün bleiben sollen.
...»
aus: Werner Tabarelli (Hsg.), Ferdinando Galiani - Über das Geld, Düsseldorf 1999; S. 335f
Nochmals liebe Grüße
G.
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