- Das Wort zum Sonntag - von Recht und Billigkeit - Baldur der Ketzer, 28.09.2001, 00:10
- Re: Das Wort zum Sonntag - von Recht und Billigkeit - Jagg, 28.09.2001, 00:19
- Re: Das Wort zum Sonntag - von Recht und Billigkeit, von Organen und Wichtigkeit - Baldur der Ketzer, 28.09.2001, 00:27
- Re: Das Wort zum Sonntag - Danke, alles Klar:) (owT) - Jagg, 28.09.2001, 00:30
- Re: Das Wort zum Sonntag - von Recht und Billigkeit, von Organen und Wichtigkeit - Baldur der Ketzer, 28.09.2001, 00:27
- Re: Das Wort zum Sonntag - von Recht und Billigkeit - Chrizzy, 28.09.2001, 01:01
- Re: Das Wort zum Sonntag - von der Gerechtigkeit und menschlichen Schicksalen - Baldur der Ketzer, 28.09.2001, 01:17
- Re: Das Wort zum Sonntag - von der Gerechtigkeit und menschlichen Schicksalen - Chrizzy, 28.09.2001, 02:53
- Re: Das Wort zum Sonntag - von der Gerechtigkeit und menschlichen Schicksalen - Chrizzy, 28.09.2001, 02:59
- Re: Das Wort zum Sonntag - von der Gerechtigkeit und menschlichen Schicksalen - Chrizzy, 28.09.2001, 02:53
- Re: Das Wort zum Sonntag - von der Gerechtigkeit und menschlichen Schicksalen - Baldur der Ketzer, 28.09.2001, 01:17
- Re: Das Wort zum Sonntag - von Recht und Billigkeit - Cujo, 28.09.2001, 13:39
- Re: Das Wort zum Sonntag - von Recht und Billigkeit - Jagg, 28.09.2001, 00:19
Re: Das Wort zum Sonntag - von Recht und Billigkeit
hallo baldur,
da du dir unten die frage stellst wie es dazu kommt, daß harmlose bürger einfach ausklinken, durchdrehen und losballern...habe ich dir ein interessantes buch rausgesucht, in dem dies fesselnd beschrieben wird:
willemsen, roger, an der grenze. gespräche mit attentätern, bankräubern, mördern, politischen gefangenen, autoknackern, todeskandidaten und gewaltopfern, kiepenheuer&witsch, 1994
lieben gruß
rene
>Liebe Brüder und Schwestern,
>die Ereignisse der letzten Tage verbieten es eigentlich, einen locker-flockigen Beitrag zu erstellen.
>Aber der Amoklauf in Zuger Kantonalparlament hat möglicherweise eines gezeigt: es gibt einen Unterschied zwischen Recht und Billigkeit - vielleicht gilt dies auch im übertragenen Sinne für die WTC-Tragödie.
>In einer Fernsehberichterstattung über das Bundesverfassungsgericht der BRD prangte der Satz: kein Verfassungsorgan sei berechtigt, festzustellen, daß ein Urteil des BVerfG dem Recht widerspreche .
>Daraus spricht nach meiner Ansicht Hochmut und Anmaßung. Hieraus schreit ein päpstlicher Unfehlbarkeitsanspruch, der nur Führerstaaten eigen ist.
>Der Attentäter im Zuger Parlament soll ein Querulant gewesen sein, was ich so nicht kommentieren kann, aber es soll ein verlorener Rechtsstreit der eigentliche Anlaß für sein Durchdrehen gewesen sein.
>Wie kann das sein, wenn doch Recht gesprochen wird, objektiv, im Namen des Volkes, unangreifbar?
>Hier taucht der Unterschied auf zwischen Recht und Billigkeit.
>Es ist eben nicht alles recht UND billig, manches ist Recht, aber NICHT Billig.
>Recht muß nicht billig sein, ist es oft nicht, denn sonst gäbe es keinen Erlaß aus Billigkeitsgründen, was an sich Recht sein soll.
>Unbill.
>Ein eigenartiges Wort.
>Recht kann aus Billigkeit nicht angewandt werden, die Durchsetzung kann ausgesetzt werden.
>Was kann dies anderes heißen, als das, daß Recht im Einzelfall eben kein Recht ist, sondern hier Unrecht?
>Recht ist, was im Rahmen gültiger Gesetze erfolgt, bar jeder Bewertung.
>Das 3.Reich hat eindrucksvoll bewiesen, was alles als rechtens verunglimpft wurde, aber Erich der überschlagen nuschelnde Generalsekretär Honecker steht dem nur wenig nach, und wenn ich so an heute und vor allem morgen denke, na, lassen wir das, Otto wird es früh genug richten -"richten", schon wieder so ein Wort.
>Recht ist also alles, was vom unsichtbaren, allgegenwärtigen, unangreifbaren Gesetzgeber als solches bestimmt wird, ob Enteignung, Abtreibung, Wehrpflicht, Euro, Steuer, Kennzeichnungspflicht oder Gülleentsorgung ;-).
>Aber, wie oben dargestellt, Recht wird nicht immer von den >billig-und-gerecht-denkenden< als Recht empfunden, sonst gäbe es keine Petitionsausschüsse und keine Billigkeitserlasse.
>Recht kann von empfundener Gerechtigkeit abweichen.
>Staatsterror ist im jeweiligen Inland legal, im Ausland ein Verbrechen.
>Halten Staaten zusammen, so bedeutet dies nicht, daß geduldeter Staatsterror von den Bürgern ebenfalls toleriert, als billig anerkannt wird.
>Hat sich das geschriebene Recht gar von der allgemein als sinnvoll erachteten, natürlich empfundenen Rechtsordnung gelöst?
>Ich fürchte, ja, zumindest in weiten Teilen.
>Es ist mir nicht anders erklärbar, daß Menschen arabischer wie schweizer Herkunft ihr Leben beenden, um in einem großen Paukenschlag eine Vielzahl von Mitmenschen mit in den Tod zu reißen und ein Zeichen zu setzen gegen - gegen was?
>Gegen ein von ihnen als solches empfundenes Unrecht.
>Oder ist es zwar recht, aber dennoch Unbill? Weil nicht ge-billigt?
>Recht, das weithin nicht gebilligt wird, ist kein Recht, sondern Despotie.
>Jetzt ist wiederum die Frage, ob ein einzelner Querulant, geistig oder psychisch verwirrter, oder ein verblendeter Fanatiker als Maßstab dienen soll, um Billigkeit zu messen.
>Es scheint auf der Hand zu liegen, das geht nicht.
>Wodurch mutiert nun ein Durchschnittsbürger zum Attentäter, der sich selbst aufgibt und seine Familie -billigend- ins Elend stürzt? Und mit ihr die Familien seiner Opfer?
>Es muß grenzenlose Verzweiflung über Unbilligkeit sein - über empfundenes Un-Recht.
>Vielleicht sollte dies an das überlieferte Prinzip von akzeptiertem Rechtsfrieden, salomonischen Urteilen und republikanischem Konsens gemahnen.
>Ein anmaßend vorgetragenes Urteil von sogenannten immunen Richtern, das vor Fehlern strotzt, inhaltlich blanker Hohn ist, und jedem billigen Ermessen widerschreit, trägt den Keim des Aufbegehrens in sich.
>Auch ich, meine Brüder und Schwestern, durfte in den Genuß kommen, im Namen des Volkes Worte zu hören, die mein Gerechtigkeitsgefühl sprengten.
>Dennoch wäre ich nie in Versuchung geraten, meinerseits Unrecht zu stiften.
>Denn ich bin noch jung und habe den Glauben an eine irgendwo diffus existierende Gerechtigkeit noch nicht verloren, so, wie der hellsichtig begabte Verurteilte, der mir kürzlich erzählte, er habe dem Richter seinen Hochmut leicht verziehen, weil er ihn habe im -einst kommenden- Tumult grausam umkommen sehen.
>Es sei den Gesetzgebern und Rechtsprechern auf der Welt ins Stammbuch geschrieben - ihr habt keine Fälle vor Euch, sondern fühlende Menschen.
>Würde dies nur zu einem Bruchteil berücksichtigt, gäbe es die beiden WTC-Türme noch und vielleicht wäre sogar die Tragödie in Zug nicht passiert.
>Eine Robe, ein Amt, entbinden nicht von menschlichem Sachverstand und von gemeinschaftlichem Mitgefühl.
>Das meint der Baldur, und er grüßt zu ungewöhnlicher Zeit in die Runde
>P.S.: dies ist keine Rechtfertigung oder Billigung oder Rechtfertigung irgendwelcher Verbrechen.
>ich finde beide Anschläge grausam und unentschuldbar, wobei ich gestehen muß, daß mir der Amoklauf in Zug näher geht als der Anschlag in NYC.
>Aber in beiden Fällen stellt sich die Frage, was mag Mitmenschen wie Du und ich bewogen haben, mit allem zu brechen, was bisher das Leben bestimmte?
>Für mich kann dies nur grenzenlose Enttäuschung sein, und die kommt wahrscheinlich nicht aus diplomatisch vorgetragenen Richtersprüchen, deren Ziel es ist, Rechtsfrieden zu stiften.
>Friede ist nämlich nichts erzwungenes, sondern etwas von allen Seiten freiwillig gelebtes.
>Davon ist die Welt meilenweit entfernt, und, wie es scheint, sogar der Hort bürgerlicher Freiheit, die Schweiz?
>Ich kenne Zuger"Beamte" und fühle sehr mit ihnen, die Tat von heute ist durch keine Rasterfahnung und durch keine Flughafenkontrolle zu erkennen gewesen.
>Es ist eine unheilvolle gewalttätige Phase, die uns aus dem Alltag herausrüttelt.
>Nur sollten wir lehren daraus ziehen und nicht zur Tagesordnung übergehen - denn die Tagesordnung könnte neben einem Bin Laden noch andere Verletzte für uns bereithalten.........
>Laßt uns dafür eintreten, niemanden durch Handlungen der Rechtsobrigkeit so zu verletzen, daß er hierdurch seinen Gerechtigkeitssinn einbüßt.
>Der Täter ohne einen solchen Sinn sind nämlich schon genug auf dieser Welt, jeder weitere"gemachte" ist eine Katastrophe.
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