- Wird das System jetzt schon umgehen? - VERSICHERUNGEN BEDROHT: - Der letzte Grund, 28.09.2001, 16:46
Wird das System jetzt schon umgehen? - VERSICHERUNGEN BEDROHT:
Analysten sehen Existenz kleiner Versicherungen bedroht
Köln (vwd) - Vielen kleineren deutschen Versicherern droht nach Ansicht
von Marktbeobachten das Aus, falls sie in diesem Jahr ihre Aktienbestände in
großem Umfang abschreiben müssen. Die nicht-börsennotierten Assekuranzen
dürften nach Einschätzung der WestLB Panmure inzwischen 80 Prozent ihrer
stillen Reserven eingebüßt haben. Bei den börsennotierten Gesellschaften
schätzt WestLB-Analyst Carsten Zielke den Verlust auf ein Drittel. Hoher
Abschreibungsbedarf und die Belastung aus den Terroranschlägen in den USA
könnten kleinere Unternehmen zur Aufgabe zwingen, sagte Ralph Bressler vom
Düsseldorfer Bankhaus Lampe am Freitag zu vwd.
Bereits im vergangenen Jahr hätten die Versicherer zwischen 15 und 16
Prozent ihrer Bewertungsreserven auf Grund der schlechten Verfassung der
Aktienmärkte verloren, erklärte Zielke. Die Versicherungsvereine auf
Gegenseitigkeit seien von diesen Entwicklungen besonders stark betroffen, da
sie nicht nach dem Rechnungslegungsstandard IAS bilanzierten und ihre
Aktienbestände überwiegend in der Mitte der 90er Jahre aufgebaut hätten.
Zahlreiche Versicherungsnehmer würden in diesem Jahr keine
Überschussbeteiligung erhalten.
Um die angesparten Mittel der Lebensversicherten fürchtet Zielke jedoch
nicht. Die Solidarität in der Branche sei hoch, viele finanzstarke
Unternehmen würden in Not geratenen Gesellschaften die Bestände abkaufen.
Das Garantieversprechen von vier Prozent Zins auf Alt- und 3,25 Prozent auf
Neuverträge könnten die Lebensversicherer dieses Jahr halten, sagte Michael
Haid vom Bankhaus Sal. Oppenheim. Darüber hinaus werde es für einige Häuser
schwierig. Bei einer Aktienquote von 25 Prozent und einer Rentenquote von 75
Prozent müsste ein Unternehmen schon 40 Prozent stille Reserven in Aktien
haben, um Abschreibungen auf Wertpapiere auszugleichen, rechnet Haid vor.
Dabei unterstellt er ein Minus von 40 Prozent seit Jahresbeginn im
Aktienmarkt und ein Plus von fünf Prozent auf Renten. Konkret rechnet er bei
der Swiss Life und der Hannover Leben mit Schwierigkeiten. Riesenprobleme
werden bei kleineren und mittleren Rückversicherern erwartet. Die zehn
weltgrößten Unternehmen würden vom veränderten Schadenszenario mit höheren
Prämien profitieren und könnten die Durststrecke am Kapitalmarkt besser
verkraften, so Haid. So habe das Aktienportfolio der Münchener
Rückversicherungs-Gesellschaft seit Jahresbeginn von 73,8 Mrd EUR auf 51,5
Mrd EUR Marktwert verloren, schätzt er.
Die Änderung des strengen Niederstwertprinzips betreffe jedoch nicht
allein die Assekuranz, fügte Haid hinzu. Auch andere Branchen hätten hohe
Abschreibungen auf Aktienbestände zu verkraften, sofern sie nach HGB
bilanzierten. Nach Einschätzung von Bressler rechnet der Kapitalmarkt nicht
damit, dass die Versicherer ihre Aktienbestände in großem Umfang veräußern
werden, um die Verluste nicht nur in der Handelsbilanz, sondern auch in der
Steuerbilanz geltend zu machen. Die am Freitag bekannt gewordene Forderung
des Gesamtverbandes der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV) habe bisher
den DAX nicht beeinflusst.
Der Versicherungsverband hatte die Bundesregierung angesichts des
drastischen Kursverfalls aufgefordert, die Bilanzierungsregeln noch in
diesem Jahr zu ändern. Konkret geht es um den Paragrafen 341 b HGB, der das
strenge Niederstwertprinzip vorschreibt. Der GDV erwartet, dass Versicherer
die Aktien, die sie drastisch im Wert berichtigen müssen, auch verkaufen
werden. Denn nur realisierte Verluste können auch steuerlich geltend gemacht
werden. +++ Monika Lier
vwd/28.9.2001/lie/har/sei
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