- Hallo Jochen! Ich bin Dir noch 'ne Antwort schuldig! - Galiani, 30.09.2001, 12:22
- Re: Hallo Jochen! Ich bin Dir noch 'ne Antwort schuldig! - Jochen, 30.09.2001, 13:54
Hallo Jochen! Ich bin Dir noch 'ne Antwort schuldig!
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Aber ich trau mich ja fast nicht, weil sich dottore mit Dir"verbündet" hat.
Dottore scheint aber unter einem"Tausch" irgendwie etwas anderes zu verstehen.
Hier also, wie ich die Sache sehe.
Du schreibst:
... durch Tausch wird niemals Wirtschaftswachstum erzwungen, denn es wechselt nur schon vorhandenes den Besitzer.
Das ist so natürlich nicht richtig! Wenn Du eine Versicherung abschließt, so tauschst Du ein gegenwärtiges Gut gegen eine durchaus ungewisse zukünftige Leistung. Und so ist es in sehr vielen anderen Fällen auch: beim Kreditkauf, beim Kauf auf Termin und den zahlreichen Varianten dieser Vorgänge in der Wirtschaft.
Der Gedanke, der aber hinter Deinen Worten zu stecken scheint (wenn wir vorerst einmal der Klarheit halber das Wort"erzwingen" durch"schaffen" oder"generieren" ersetzen; mir ist die Konsequenz der Verwendung des Wortes"erzwingen" in diesem Zusammenhang nicht ganz klar!), Dein Gedanke also ist offenbar der, den man schon bei Aristoteles (N.E. 1133 a14-22), Thomas (S.T., Bd. iii, 77/1, S. 344) und Locke (1692, S. 65) findet: die (moralische) Forderung nämlich, daß nur"gleiche" Werte gegeneinander getauscht werden dürfen, weil alles andere Betrug sei. Du dagegen folgerst aus diesem Satz anscheinend, daß - den Tausch gleicher Werte vorausgesetzt, - niemals ein Mehrwert entstehen könne. Diese Schlußfolgerung ist aber deshalb unrichtig, weil am Markt eben nicht Gleiches, sondern tatsächlich stets subjektiv größere gegen subjektiv als geringer empfundene Werte"eingetauscht" werden.
Denn Werte sind eben etwas durchaus Subjektives! Bei absoluter Gleichheit der Tauschgegenstände käme es mangels ausreichender Motivation der Tauschenden niemals zu einem Tausch. - Ein Sachverhalt, der durch das (fälschlich) Johannes Buridan zugeschriebene Bild vom Esel verdeutlicht wird, der sich vor zwei gleich großen Futterhaufen für keinen von beiden entscheiden kann und folglich trotz reichlichen Futterangebotes verhungern muß (cf. »Buridans Esel«; Schopenhauer 26. Jan. 1839). Die simple Tatsache, daß in Tat und Wahrheit aber alle Welt ständig Tauschakte ausführen, beweist, daß dem eben nicht so ist.
Der erste Ã-konom der Neuzeit, dem es gelingt, diesen scheinbaren Widerspruch aufzulösen, war übrigens m. W. Ferdinando Galiani (vgl. Tabarelli W., Ferdinando Galiani - Über das Geld, Düsseldorf 1999; pag. 181). Galiani hat erkannt: was »gleich« sein muß, ist die jeweilige Intensität, mit der ein Bedürfnis durch den Erwerb eines (letzten Teilquantums eines) Gutes bei den beiden Tauschpartnern nach Stillung verlangt. Auf pag. 133 des erwähnten Werkes heißt es: »Ich stelle fest, daß sich die Schar derer irrt, die glaubt, der Wert sei in einer den Dingen eigenen inneren Qualität begründet und sei nicht eine Relation, die sich je nach dem Ort, je nach der Zeit und je nach der jeweiligen Person verändert.« Das bedeutet: die äußeren Eigenschaften der getauschten Güter können und werden, ja müssen(!), in jedem Tauschakt eben unterschiedlich sein! Und so kommt es eben doch - subjektiv! - zu einem"Surplus". Marx stand sich mit seiner (unhaltbaren) Theorie des objektiven Wertes selbst im Wege und konnte den Sachverhalt deshalb nicht erkennen. Menger dagegen hat die Sache 150 Jahre nach Galiani nochmals mit wissenschaftlicher Präzision herausgearbeitet und bewiesen.
Diese Erkenntnis hat nun natürlich eine Reihe von Konsequenzen: Wieso etwa kommt es, fragt Galiani, daß gerade die lebenswichtigsten Güter, etwa landwirtschaftliche Produkte, das Brot, praktisch nichts kosten? Während gewisse Kunstwerke bisweilen zu horrenden Preisen verkauft werden? Die Antworten, die Galiani findet, sind zwar amüsant zu lesen, befriedigen aber unter streng wissenschaftlichen Aspekten nicht immer. Joseph Schumpeter hat jedoch 1912 mit seiner"Theorie der wirtschaftlichen Entwicklung - Eine Untersuchung über Unternehmergewinn, Kapital, Kredit, Zins und den Konjunkturzyklus" eine unerschütterliche theoretische Basis für die Beantwortung dieser und einer Reihe damit zusammenhängender Fragen geschaffen. Die diesbezüglichen Überlegungen sind jedoch zu komplex, als daß sie hier in ein oder zwei Sätzen zusammengefaßt werden könnten.[/b]
So, das wär's!
Noch einen schönen Sonntag wünscht
G.
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