- Was erwartet uns in den nÀchsten zehn Jahren? (owT) - Bodo, 30.09.2001, 20:11
- Statt (owT) solltest Du lieber (mL - mit Link) schreiben. der ist naemlich gut. - pecunia, 30.09.2001, 20:58
- Re:... der ist naemlich gut. Auch die Umfrageergebnisse sind interessant. Wenn - DIRK, 30.09.2001, 22:56
- Statt (owT) solltest Du lieber (mL - mit Link) schreiben. der ist naemlich gut. - pecunia, 30.09.2001, 20:58
Re:... der ist naemlich gut. Auch die Umfrageergebnisse sind interessant. Wenn
die breite Mehrheit wie ĂŒblich falsch liegt sieht es gar nicht so rosig aus:
Die Ergebnisse der DELPHI-Umfrage
743 Teilnehmer bis 30.9. 08:00 Uhr.
Zwischen-Auswertung der Antworten / persönl. Szenarien
(Stand 28. September)
Die Reaktion auf die aktuelle Szenario-Arbeit des Zukunftsinstituts war ĂŒberwĂ€ltigend:
Innerhalb weniger Tage reagierten mehrere hundert Personen. Etwa ein Viertel beteiligte sich nicht nur an der Abstimmung mit Prozentwahrscheinlichkeiten der vier Szenarios, sondern entwickelte eigene Szenarios bzw. Kommentare.
AuffĂ€llig an der Reaktion war der Tenor des âillusionslosen Optimismusâ, mit dem die Besucher der Zukunftsinstitut-Website urteilten. WĂ€hrend in Zentraleuropa bei solchen Szenarios zumeist das Negativste als am wahrscheinlichsten angenommen wird, hĂ€lt sich bei der Abstimmung das Szenario 2 âGlobalisierung Plusâ - ein durch und durch optimistisches (35 Prozent) - mit dem âmoderat negativenâ Szenario 4 âSecurity Ageâ (31 Prozent) in etwa die Waage. âDjihad Ageâ, das dĂŒsterste Szenario - weltweite Rezession, wiederholte Terrorattentate, Entwicklung eines Dritten Weltkrieges - wird dagegen zumindest derzeit mit 15 Prozent eher niedrig bewertet. Das dritte Szenario, das von einem Zerfall der Welt in Wohlstandsinseln und einem wirtschaftlichen Niedergang der USA ausgeht, liegt mit 19 Prozent im unteren Mittelfeld.
Diese Werte sind trotz der groĂen Anzahl der Teilnehmer nicht unbedingt reprĂ€sentativ fĂŒr die Bevölkerung des deutschsprachigen Raumes. Teilnehmer des Zukunftsinstitut-Delphi reprĂ€sentieren vielmehr die Meinungsbildner. Es handelt sich um politisch und wirtschaftlich interessierte Menschen, die sich mit Zukunftsthemen auf die eine oder andere Weise kontinuierlich beschĂ€ftigen. Damit ist unser Delphi nicht reprĂ€sentativ fĂŒr Meinungen, bildet aber die Meinung und Wahrnehmung der Bildungseliten weitgehend ab.
Der Unterschied zu den unzĂ€hligen emotionalisierten Leserbriefen, die in den letzten Wochen die Zeitungsredaktionen ĂŒberschwemmten, ist deutlich. Bei den Szenario-Abstimmungen steht nicht die persönliche Angst im Vordergrund, sondern eine Reflektion der Weltgeschehnisse in die Zukunft hinein. WĂ€hrend die Krise nicht geleugnet wird, antizipieren die Teilnehmer auch die GegenkrĂ€fte des Positiven. Typisch ist etwa folgender Kommentar:
Kurzfristig wird die"dunkle Seite" die KrĂ€fte der Entwicklung binden. Diese werden durch"ein ĂŒberdimensioniertes Sicherheitsstreben" abgelöst. Es wird"Zerfallstendenzen" geben. Letztlich werden sich die"GlobalisierungskrĂ€fte" durchsetzen.
Etwas mehr als die HĂ€lfte der Teilnehmer sind gegenĂŒber dem Prozess der Globalisierung grundsĂ€tzlich positiv eingestellt. Sie sehen den Kern des Globalisierungsprozesses als einen schwierigen, langfristigen Vereinigungsprozess der Menschheit:
(Ich glaube an) Eine Mischung aus fortschreitender Globalisierung und Security. Auf lĂ€ngere Sicht schlieĂen sich immer mehr LĂ€nder aus wirtschaftlichen und sicherheitspolitischen Motiven dem Globalisierungstrend an. Die Gefahr des Terrors bleibt aber allgegenwĂ€rtig, da immer noch Konfliktherde bestehen und vorwiegend in Ă€rmeren LĂ€ndern der Welt Hass gegen die Wohlstandsgesellschaft geschĂŒrt wird, was extremistischen Strömungen Vorschub leistet. Dieses Risiko wird durch stĂ€rkere SicherheitsmaĂnahmen versucht zu minimieren. Je weiter die Globalisierung fortschreitet, desto kleiner wird das Problem.
Etwa zehn Prozent der Kommentare ist dennoch von deutlich Ă€ngstlichen und hilflosen apokalyptischen bis hin zu reaktionĂ€r-autoritativen Gesellschaftsmodellen gekennzeichnet. Bisweilen wird eine Art innerer BĂŒrgerkrieg antizipiert, ein Djihad in der zivilisierten Welt, verbunden mit verbalen Drohungen nach AuĂen. Manche Besucher unserer Website lassen in Manier eines pseudo-intellektuellen Stammtisches"die Sau heraus":
Komme was mag, der gemeine BĂŒrger bewaffnet sich und ĂŒbt Selbstjustiz da die Polizei schon mit Kleinkriminellen und Kleindealern nicht fertig wird (wer sich nicht wehrt lebt verkehrt). Immer wieder hört man von Schusswechseln in der Szene unter AuslĂ€ndern und warum soll der Deutsche nicht auch aufrĂŒsten?? Die Nazischande lebt nicht mehr in den Gewissen der nachwachsenden Jugend und das ist gut so! Der Glaube in FĂŒhrung und Regierung wird mit nachwachsenden Generationen aussterben. Egoismus wird zum Ăberlebenstraining. Die Welt hat eigentlich nur eine Chance wenn man begreift, dass Gewinn nicht alles ist und Ressourcen auch verbraucht werden können. Terrorismus gehört gnadenlos bekĂ€mpft. Der heilige Krieg ist im Grunde genau dasselbe wie HitlerÂŽs Regime. Andersdenkende werden verfolgt und getötet (oder mit Gewalt/Folter bekehrt). Die Muslime mĂŒssten begreifen, dass es in ihrer Hand liegt"Selbstreinigung" zu betreiben und die terroristischen Muslime streng nach dem Koran verfolgen. Der Islam selbst nur kann sich heilen. Ich persönlich wĂŒrde rĂŒcksichtslos ausbomben und mit Napalm den Taliban zeigen wie schnell man heilig sterben kann. Sie mĂŒssen lernen, dass es auch andere Kulturen gibt die mindestens genauso viel"wert" sind wie ihre eigene. Ansonsten gebts ihnen - wo, wann und wie auch immer.
Der Islam als Weltmacht - auch so denken einige Teilnehmer:
Ich glaube, dass - wie viele Zivilisationen vor uns auch - die westliche Welt sich immer mehr zurĂŒckziehen wird. Es wird, geboren aus immer mehr"Angst", Desinteresse, Egoismus ("Ich lebe jetzt! Was interessiert mich was in 50 Jahren ist?"), Ignoranz, Dekadenz, Kinderlosigkeit und eben Kinderreichtum bestimmter Volksgruppen (ist eben so), dem Islam immer mehr Raum gegeben sich auszubreiten. In 50 bis 60 Jahren ist der Islam (Sunniten; nach heftiger Gegenwehr der USA, China, RuĂland, Indien) zur Supermacht aufgestiegen.
Einige Teilnehmer bekennen sich deutlich zu einem antikapitalistischen, konservativen Werte-Bild. Sie hoffen, dass der âĂ€uĂere Feindâ des Terrorismus die âRĂŒckkehr der Werteâ erzwingt:
Die Allianz gegen Terror (Angstdefiniert und von finanziellen Interessen getrieben) wird nicht lange halten, es sei denn, es wird eine tragfĂ€hige Werteallianz (Freiheit, Demokratie, Menschenrechte, Hoffnung, Sozialer Wohlstand). Diese Verinnerlichung könnte eine Welle der Vertiefung, Sinnsuche, Hinwendung zum Glauben und SolidaritĂ€t trotz Ă€uĂerer Bedrohung auslösen.
In der POLITISCHEN EinschĂ€tzung wird von den meisten Szenario-Erstellern eine gröĂere Einbindung Russlands und fast einhellig ein Erstarken Chinas angenommen:
Politischer Druck auf Nahost erreicht Frieden; die Attentate reduzieren sich wieder auf ein Minimum; NormalitĂ€t stellt sich ein; China ĂŒberholt Russland; USA bleiben vor Europa; Japan und andere Fernoststaaten bleiben vor China und RuĂland. Ethnische Konflikte beherrschen Kriegsszenarien. Der groĂe Terror bleibt aus und erstickt im Keim. Afghanistan ist befreit und wird erstes demokratisch-islamistisches Land mit fast gleichen Rechten auch fĂŒr Frauen. Keine Todesstrafe mehr. Freie Wahlen. Vorbildfunktion fĂŒr Nahost. Wirtschaftlicher Aufschwung.
Am ehesten wahrscheinlich scheint mir eine Situation, in der Europa (inklusive RuĂland), OPEC und China Hauptrollen spielen, wĂ€hrend die USA als Hauptziel der AnschlĂ€ge an Macht verlieren. Der Terror wird nach einem scharfen Anstieg bis 2005-2007 mit der"Niederlage" der USA abnehmen. Weit mehr als das WarenwirtschaftsgefĂŒge wird das FinanzgefĂŒge einen schweren Schlag erleiden, Aktien- und WĂ€hrungsmĂ€rkte wie noch 2001 werden in dieser Form nicht mehr existieren. Ein starker Euro könnte VorlĂ€ufer einer von den drei neuen GroĂmĂ€chten allgemein akzeptierten WeltwĂ€hrung werden.
Das Problem bei der Beurteilung der Szenarien besteht vor allem in einer PrioritÀt des Wunschdenkens vor der Analyse. Darin spiegelt sich die Gewöhnung an die Technik der Meinungsumfrage, bei der es ja auf das subjektive Empfinden und die Meinung der Teilnehmer ankommt. Szenarien jedoch fragen nicht nach dem Wollen, sondern nach der EinschÀtzung der Wahrscheinlichkeit des Eintreffens. Die PlausibilitÀt des jeweiligen Szenarios soll begutachtet werden - in einem kollektiven Reflektionsprozess.
Dies fĂ€llt sichtlich ca. 30 Prozent der Teilnehmer schwer. Viele drĂŒcken ihre Wut, ihre ideologischen Vorurteile, ihre Hoffnungen aus, ohne sich allzu sehr um Wahrscheinlichkeiten zu kĂŒmmern. Sie reagieren - allzumenschlich - rein appellativ auf ein komplexes analytisches Problem. Mit teilweise deutlicher Lust konstruieren sie GesamtzusammenhĂ€nge, die die ganze Welt erklĂ€ren und verĂ€ndern sollen. Typisches Beispiel:
Meine Hoffnung ist Globalisierung Plus.... Eine andere Hoffnung wĂ€re ein Zeitalter des Dialogs und der Verantwortung. So genannte Wohlstandsstaaten verantworten sich fĂŒr die BekĂ€mpfung der Armut und des Bildungsnotstandes. Durch einen Dialog der Religionen werden Unterschiede ĂŒberwunden und Gemeinsamkeiten gesucht. Jedes Land behĂ€lt seine Kultur und EigenstĂ€ndigkeit und man kommt wieder weg vom Globalisierungswahn und mehr dahin, dass jedes Land seine Kultur stĂ€rker fördert. NGO-Organisationen bekommen mehr politischen Einfluss, einzelne engagierte BĂŒrger werden dadurch auch mehr in politische Entscheidungen mit einbezogen. Es kommt mehr auf die Entscheidungen einzelner verantwortlicher Menschen an, als auf die Entscheidungen einzelner machthungriger Politiker. Es findet ein tatsĂ€chliches Umdenken statt: Von der ĂbersĂ€ttigung durch Konsum weg und hin zu nachbarschaftlichem Denken und Handeln. Humanistische Erziehung fĂŒhrt zum Denken und Handeln als WeltbĂŒrger, aber im eigenen Land. Es wird daran gearbeitet, dass besonders Frauen in bisher frauenunterdrĂŒckenden Kulturen ein Recht auf Bildung haben. Eine BekĂ€mpfung des Terrors ist nur möglich durch BekĂ€mpfung der Armut, durch Bildung und Erziehung, Dialog, AnnĂ€herung der Kulturen und Pflege der eigenen Kultur. Eine BekĂ€mpfung der Terrororganisationen ist notwendig. Dies hebt aber die eigentlichen Ursachen nicht aus den Angeln. Die Welt braucht eine langfristig angelegte Friedensvision und die Taten dazu JETZT.
Viele der Teilnehmer betÀtigen sich als Hobby-Weltpolitiker - sie betÀtigen sie sich als Welt-Diplomaten und allgemeine Welt-Arrangeure:
Es wird einen eigenen Staat PalĂ€stina geben. Drogen werden ethisch geĂ€chtet. Drogenherstellung wird nicht mehr profitabel. Wirtschaftlicher Aufschwung geht langsam voran, da die westlichen LĂ€nder erst verstehen/lernen mĂŒssen, dass sie nicht lĂ€nger auf Kosten armer LĂ€nder ihren Reichtum ausbauen können. Weitere Spezialisierung/völlig neue GeschĂ€ftsideen werden sich bilden. NiedriglohnlĂ€nder verschwinden, da die Löhne weltweit angeglichen werden (nach oben und unten). Der nĂ€chste Krisenherd ist Afrika. Um eine Massenwanderung nach Norden und Osten zu vermeiden, wird sich die Weltpolitik mit der Lösung der Hungersnöte beschĂ€ftigen. Ăberproduktionen werden kostenfrei in Hunger/ArmutslĂ€nder verteilt und nicht mehr teuer eingelagert und spĂ€ter vernichtet. Gesundheitsvorsorge und Verhinderung von Epidemien durch gehobene Hygienestandards und Impfungen weltweit wird Thema und Wirtschaftsfaktor Nr. 1. Das Gesundheitswesen wird reformiert, indem Frankreichs Gesundheitswesen als Vorbild genommen wird die Kosten zu senken. Naturheilverfahren werden anerkannt und gleichgestellt mit konservativen Methoden. Mediziner bekommen Bonus fĂŒr Patienten die möglichst kostengĂŒnstig und rasch gesunden. Teure und unötige apparative Medizin (Untersuchungen) wird vermieden durch Iris Diagnostik und Reflexzonen Untersuchungen. Politische Ideen werden global durchdacht mit ihren weltpolitischen Folgen und nicht mehr nur auf das jeweilige Land ausgerichtet. Es wird eine demokratische, gesamteuropĂ€ische Regierung geben. Neo-Nazis werden weltweit als Terroristen eingestuft und genauso bekĂ€mpft.
AuffĂ€llig ist der deutliche Unterschied zwischen mĂ€nnlichen und weiblichen Szenarien. Frauen reagieren deutlich optimistischer in ihren Zukunftsaussichten. Sie setzen auf die Kraft der Diplomatie, âGlobalisierung Plusâ ist ihr bevorzugtes Szenario. Beispiel:
Die Welt erkennt, dass die gegenwĂ€rtigen Strukturen in Wirtschaft und Kultur unweigerlich zu Spannungen und Konflikten fĂŒhren. Finanz- und Handelsstrukturen werden ĂŒberprĂŒft und Mechanismen zum Konfliktabbau entwickelt. Langfristig werden kapitalistische Prinzipien durch neue Ordnungssysteme ersetzt, die den Menschen und einen bestĂ€ndigen Frieden im Fokus haben. Staatengemeinschaften zerfallen und ordnen sich nach neuen konfliktfreien und Frieden erhaltenden Prinzipien.
Eine typisch weibliche Stimme zitiert Albert Schweitzer (Humanist, 1875-1965):
"Ich bin der Zuversicht, dass der aus Wahrheit kommende Geist stÀrker ist als die Macht der VerhÀltnisse. Finde ich Menschen, die sich gegen den Geist der Gedankenlosigkeit auflehnen und als Persönlichkeiten lauter und tiefer genug sind, dass die Ideale ethischen Fortschritts als Kraft von ihnen ausgehen können, so hebt ein Wirken des Geistes an, das vermögend ist, eine neue Gesittung in der Menschheit hervorzubringen. Weil ich in die Kraft des Geistes und der Wahrheit vertraue, glaube ich an die Zukunft der Menschheit."
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