- Parketthandel in Zeiten der Cholera „Friedhelm Dachs“, Parketthändler in Frankfu - Der letzte Grund, 06.10.2001, 01:49
- Noch ein Aspekt der Situation: - Der letzte Grund, 06.10.2001, 01:56
- Den Artikel finde ich gut und will für die Händler trösten - Turon, 06.10.2001, 02:13
Den Artikel finde ich gut und will für die Händler trösten
Also ich werde selbstverständlich am Nemax wieder anlegen, wenn die Kriterien
wieder passen.
Zum Beispiel:
Eine ABC Aktie muß erst 0.01 kosten und ohne dynamische Verdrehungen
wie das dynamische KGV 4-5 betragen. ;)
Der andere Weg wäre, alle Nemax Aktien (na ja mit 5 Ausnahmen wieder auszugliedern, und 15 Aktien aus dem Dax wieder aufnehmen, so was wie Infineon,
deutsche Telekom, MLP) dann wird Nemax wieder interessant.
Was Bilanzfälschungen angeht: es gibt keine Bilanzfälschungen am Nemax,
alle bilanzieren nach dem sagenhaften US-Gaap mit völliger Transparenz.
Ferner es heiß doch"neuer" Markt, also sind auch die Bilanzierungsmethoden auch frisch"neu".
;)
Gruß
P.S Der Artikel war cool.
>Parketthandel in Zeiten der Cholera
>Es ist ca. 8:40 Uhr und man betritt die heilige Halle.“Guten Morgen” oder ähnliches wurde inzwischen abgeschafft, die oder das NASDAQ war mal wieder deutlich schwächer. Die Händler begrüßen sich mit einem lachenden “An Dich!” und betreten ihre Kabinen. Man kontrolliert die Meldungen auf Reuters (aha, schlechte Zahlen von XYZ) und guckt sich die ersten Taxen für seine Lieblingswerte an (schwächer, wie überraschend). Jetzt überlegt man sich, was man zur Eröffnung macht. Verkaufen wäre eine Idee. Oder doch die Aktien der XYZ nach den schlechten Zahlen kaufen? Vielleicht gibt es eine Panik zu den ersten Kursen und die Dinger steigen im Verlauf wieder. Am besten beides. Man geht also zum Skontroführer der XYZ, fragt nach der Taxe (12/13, Vortag 15) und sagt ihm “Ich kaufe 500 bei 12 und 500 bei 11”. Danach geht man zu irgendeinem liquiden Standardwert, gibt beim Makler 2000 Stück “minus” auf (also unlimitierter Verkauf) und harrt der Glocke.
>Nach der Eröffnung führt man vielleicht ein paar Kundenaufträge aus, fragt Kollegen, ob sie auch so miese Laune haben oder schaut sich auf den Kurstafeln um, ob es bei Werten, die man nicht täglich beobachtet, außergewöhnliche Bewegungen gibt. Plötzlich fällt einem dieeigene Position wieder ein. XYZ hat nach einer halben Stunde(Minusankündigung, Wartezeit) mühevoll mit 10,50 eröffnet (man hat also bereits zum erstenKurs 1000 Stück erworben) und steht jetzt bei 9. Danke! Man geht zurückzum Skontroführer, fragt nach dem Befinden (Antwort: “Suchst Du vielleicht noch ein paar XYZ, ich hätte noch was da”). Man dankt für die Auskunft, geht zum PC und schickt die 1000 XYZ dem Betreuer auf XETRA mit 8,irgendwas. Na ja, für irgendwas ist das XETRA doch gut. Der Markt fällt weiter und einige Zeit später kann man die 2000 Stück Standardwert, die man zum ersten Kurs verkauft hat, mit Gewinn eindecken. Man flucht, daß man schon wieder unüberlegt diese XYZ gekauft hat und nicht einfach nur “short”gegangen ist und holt sich einen Kaffee. Ab 11.00 schleppt sich der Tag so dahin. Der erste Ansturmist vorbei, man raucht tendenziell etwas mehr als Vormittags (und deutlich mehr als vor einem Jahr) und vertreibt sich die Zeit mit einem Gespräch über die Eintracht, ein wenig Arbitrage zwischen Parkett und XETRA oder mit der Tour de France. Man erzählt sich die schönsten Sprüche, die man von Kollegen gehört hat (”Noch so ein Monat und sie können mich abholen!”- ”Wem nützt das eigentlich, wenn es nur runter geht?” - ”Warum sind eigentlich die Singulus im Plus? Ich hol gleich die Handelsüberwachung!” -”Hätte ich alles in Gigabell investiert, hätte ich es wenigstens längst hinter mir.”). Ein anderer Händler kommt zum Makler, den Kunden am Telephon,und kauft 1.500 Stück ABC im Gegenwert von nicht einmal 10.000 Euro. Er sagt dem Kunden das Geschäft an, geht achselzuckend weg und murmelt irgendetwas von “früher hätte ich bei so einer Order einfach aufgelegt, aber wenigstens kauft der Kerl”.
>Um 14:30 wird es wieder interessanter. Wirtschaftsdaten aus den USA. Aus unerfindlichen Gründen ist man positiv gestimmt und geht ineinem Standardwert “long”. Und, oh Wunder, der DAX-Future springt aus dem Stand 20 Punkte höher. Warum weiß keiner, die Zahlen wurden eben“positiv aufgenommen”. Man überschlägt das bisherige Ergebnis des Eigenhandels, stellt fest, daß man jetzt im Plus liegt, und verkauft daher schnellstens die vor fünf Minuten erworbenen Aktien mit kleinem Gewinn. Gott sei Dank, der Chef wird nicht maulen, und außerdem geht es ja sowiesogleich wieder runter. Nach der Eröffnung in den USA tröpfeln auch wiederein paar Kundenaufträge herein, bis 16:30 geht die Zeit einigermaßenzügig vorbei, die Umsätze ziehen etwas an, man kann vielleicht irgendwo auf 10 oder 20 Cent zocken. Schließlich wartet man aber nur noch auf die XETRA-Auktion um 17:30. Nach dieser Auktion bricht der Umsatz in sich zusammen, man kann getrost nach Hause gehen und die Leute bedauern, die andiesem Tag “Stallwache” bis 20:00 machen müssen, für Kunden, die nie anrufen und wegen außergewöhnlicher Ereignisse, die einmal im Jahr eintreten.Der (inzwischen nicht mehr bezahlte) Dienst endet um ca. 22.30, wenn man nach dem Kneipenbesuch ins Internet schaut, was die Amis schlußendlich gemacht haben und über welche Zahlen man sich im Bett ärgern kann. Ernsthafter: Momentan ist Käuferstreik. Man kann es den Privatanlegern auch nicht verdenken. Alle Maßnahmen, die jetzt ergriffen werden, um zu retten, was zu retten ist, sind völlig sinnlos. Der Neue Markt wird nicht steigen, nur weil Metabox in den Freiverkehr wechseln müssen. Der Markt ist einfach von einem Extrem ins Andere gefallen. Kostolany hat sich immer sehr herzlich über die Golden Boysan den Börsen ausgelassen (Fondsmanager, 25 Jahre, teurer MBA). Sie kamen bei 5000 Punkten im NEMAX von der Schule, haben ihn auf 9000 hochgekauft und haben bei 4000 Punkten begonnen, den Scheiß wieder rauszuwerfen.
>Auch ich wurde im Boom eingestellt, zum Glück mit 10 Jahren privater Erfahrung und der konservativen Einstellung, daß EM-TV einfach nicht mehr wert sein kann als Commerzbank und Karstadt zusammen. Genützt hat es mir nur bis etwa Mitte 2000 was. Dann war meine Birne so weichgekocht, daß ich den Mist trotzdem gekauft habe. Mit Begründungen wie “Die X-Bank möchte nicht die erste sein, die eine Emission unter Ausgabepreis fallen läßt”. Es war Travel 24 und es war der X-Bank scheißegal. Gerade ist Frau Uhse verstorben und ich höre im Nachruf, daß eine große deutsche Bank die Emission der Uhse Holding aus moralischen Gründen abgelehnt hatte. Dieselbe Bank hatteallerdings keine Bedenken, Lycos Europe zu 24 Euro zu emittieren (und die Dt.Börse AG sah zu, obwohl - wie bei T-Online, - der Streubesitz nach Emissionunter dem Regelwerk des Neuen Marktes lag).Jetzt stehen alle vor dem Scherbenhaufen und schieben sichgegenseitig die Schuld in die Schuhe. Die Anleger fluchen auf die Banken,die schreien nach der Börse AG (zum großen Teil im Besitz der nämlichen Banken) und die Presse, die kräftig den Boom angeheizt hat (Focus, 8. Mai (!) 2000: Cool, kreativ und nie mehr arm: Die Helden der Börse = Kabel,Haffa, Schambach etc.), schaufelt jetzt genüßlich dem Neuen Markt das Grab.
>Der Handel sieht momentan so aus: Die Orderbücher der Maklersind leer. Auf XETRA stehen immerhin noch die Betreuer und die Aufträge derTerminbörse bzw. der Herausgeber von Indexzertifikaten (Kauft man der HypoVereinsbank bspw. 10000 Index-Zertifikate ab, muß sie im Gegenzug ca.100 Kinowelt, 15 Morphosys etc. kaufen). Trifft jetzt eine Verkaufsorder von 5000 XYZ auf diesen Markt, zuckt der Makler nur noch mit den Schulternund nimmt vielleicht 500 Stück aus Kulanz. Was bleibt übrig: Man lädt das Zeug bei den Betreuern ab, die panisch wieder den Makler anrufen, dervielleicht noch einmal 500 Stück einen halben Euro tiefer kauft,dadurch löst er einen Stop aus und nach einer halben Stunde ist das Ding dann 10%schwächer. Die Betreuer haben das Zeug im Bestand und keine Lust mehr zu“quoten”, der Makler hat einen Bestand, auf dem er gnadenlos schief liegt,ein paar Privatanleger gucken in die Röhre und man kann den Handel in diesem Papier eigentlich auch gleich beenden. Das selbe kann auch nachoben passieren. Die Schwankungen werden daher immer größer und immer unberechenbarer, die Lust der Makler und Händler, Positionen einzugehen, sinkt weiter, der Umsatz wird daher noch dürftiger, dadurch sinkt die Courtage (die ja, als kurswertabhängige Größe, sowieso nahe
>Null ist). Die Händler und Skontroführer müssen aber trotzdem bezahlt werden, womit wir bei den momentanen Entlassungswellen im Wertpapierbereich angekommen sind. Der Kreis hat sich also geschlossen, die ersten Golden Boys sitzen auf der Straße.
>Wie wird es weitergehen:Irgendwann wird aus unerfindlichen Gründen eine Initialzündung kommen (SAP-Zahlen hätten es sein können, halfen aber noch nicht).Bis dorthin muß man die Bälle flach halten, den Kopf einziehen und die ersten 20% Kurssteigerung sausen lassen. Oder kaufen, wenn man definitiv weiß (schwarz auf weiß, notariell beurkundet und auf die Bibel geschworen), daß die Prognosen eines Unternehmens nicht gefälscht sondern seriös sind. Die muß es doch irgendwo geben.
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