- Brasilien in der Schuldenspirale.... - Tofir, 06.10.2001, 16:15
Brasilien in der Schuldenspirale....
Brasiliens Dollar-gekoppelte Anleihen vergrößern Schuldenberg
Brasilia, 4. Oktober (Bloomberg) - Seit den Terrorattacken in den USA hat Brasilien an den Dollar gekoppelte Anleihen im Volumen von 22 Mrd. Real (17,3 Mrd. DM) auf den Markt gebracht. Damit hat das Land zwar die Talfahrt der brasilianischen Währung zunächst aufgehalten, aber zugleich den Schuldenberg kräftig erhöht. Der Schuldenstand ist von 658,3 Mrd. Real oder 53,7 Prozent des Bruttoinlandsprodukts im August nochmals um fast drei Prozent angestiegen.
Sollte der Real weiter fallen, muss der Staat noch mehr Anleihen auflegen, um die steigenden Finanzierungskosten aufzufangen. Darunter dürfte die Bonität Brasiliens leiden. Diese Politik"wird nur funktionieren, wenn der Real wieder anzieht", warnt Jose Carlos de Faria, leitender Volkswirt bei der Deutschen Bank AG in Sao Paulo."Ansonsten steigen die Schulden nur weiter an."
Nach den Terroranschlägen in den USA wird befürchtet, dass der Kapitalstrom nach Brasilien austrocknen könnte. Das hat auf den Kurs des brasilianischen Real gedrückt, der in diesem Jahr bereits 28 Prozent verloren hat. Seit den Anschlägen in den USA hat die brasilianische Währung vier Prozent ihres Wertes eingebüßt und notiert bei 2,7210 Real je Dollar. Vorübergehend hatte der Real sogar neun Prozent verloren, legte aber nach den Emissionen der Dollar-gekoppelten Anleihen wieder sechs Prozent zu.
Am Mittwoch hat das brasilianische Finanzministerium Anleihen im Volumen von 1,8 Mrd. Real aufgelegt, um die Währung zu stützen, die am Morgen 1,2 Prozent an Wert verloren hatte. Bei den Papieren, die an den Dollar gekoppelt sind, erhalten die Anleger einen festen Zinssatz sowie einen Ausgleich für Kursverluste oder -gewinne des Real gegenüber dem Dollar.
Zentralbankvolkswirt Altamir Lopes warnt, dass eine fortdauernde Schwäche des Real die Schuldenlast weiter in die Höhe treibe."Wir haben für das Jahresende einen Zielwert von 54 Prozent mit dem Internationalen Währungsfonds vereinbart, aber der tatsächliche Wert hängt auch von den Schwankungen unserer Währung ab", erläuterte er. In einer Bloomberg-Umfrage rechneten Volkswirte im Durchschnitt mit einer Verschuldung im Ausmass von 57 Prozent des BIP.
Wenn der Real um zehn Prozent abgewertet wird, wachsen die Schulden des Landes im Verhältnis zum Bruttoinlandsprodukt um 2,5 Prozent an, schätzt Merrill Lynch & Co. Im letzten Jahr hatte Brasilien Schulden in Höhe von 49 Prozent seines Bruttoinlandproduktes. Bei einem Kurs des Real von 2,60 Real pro Dollar und einem angenommenen Tagesgeldsatz von 19,3 Prozent nimmt der Verschuldungsgrad Brasiliens einer Schätzung von Credit Suisse First Boston zufolge bis zum Jahresende auf 56 Prozent des BIP zu. Sinkt der Real bis auf 2,90 Real je Dollar ab, schwillt die Verschuldung auf 59 Prozent an. Die massiven Auswirkungen des Wechselkurses sind darauf zurückzuführen, dass rund 29 Prozent der brasilianischen Anleihen an den Dollar gekoppelt sind. CSFB rechnet zum Jahresende mit einem Real-Kurs von 2,80 Real gegenüber dem Dollar.
Investoren fürchten, dass Brasilien angesichts des steigenden Schuldenbergs Schwierigkeiten bekommt, seinen Finanzierungsbedarf von 80 Mrd. Dollar für nächstes Jahr zu decken. Die Ratingagentur Standard & Poor's hatte im August angekündigt, dass sie erwäge, Brasiliens Bonität für langfristige Fremdwährungsanleihen aufgrund des steigenden Schuldenberges und der schwachen Währung herabzustufen. Zurzeit wird Brasilien mit"BB-" beurteilt, drei Stufen unterhalb des Investmentgrades.
Die brasilianische Zentralbank hat vor einer Woche zusätzlich Beschränkungen für den Kapitalverkehr eingeführt, um den Kursverfall des Real zu stoppen. Zum einen hat sie den Anteil an der Mindestreserve, der den Banken für Handelsgeschäfte zur Verfügung steht, reduziert. Damit sind vier Mrd. Real dem Bankensystem entzogen worden. Zum anderen hat sie die Eigenkapitalanforderungen an die Banken erhöht, um ihre Verletzbarkeit bei einer weiteren Abwertung zu senken."Die Zentralbank muss unbedingt den Teufelskreis der Real-Abwertung durchbrechen. Sie bemüht sich, die Liquidität im Zaum zu halten, ohne gleich die Zinsschraube anzuziehen", erklärte Faria."Aber die Wirtschaft ist weiterhin durch externe Schocks gefährdet, die die Zentralbank nicht kontrollieren kann."
Gruss
tofir
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