- ZDF-Politbarometer: Gerhard Schröder und Joschka Fischer mit Spitzen-Noten - Theo Stuss, 13.10.2001, 17:18
ZDF-Politbarometer: Gerhard Schröder und Joschka Fischer mit Spitzen-Noten
Die Berieselung zeigt ihre Wirkung:
Jetzt zwei Drittel der Deutschen für Beteiligung an Militäraktionen
Gerhard Schröder liegt jetzt auf Platz 1 der Liste der zehn wichtigsten Politiker in Deutschland vor Außenminister Fischer, beide mit deutlich verbesserten Werten. Der Kurs der Regierung in der Krise, die uneingeschränkte Solidarität mit den USA, wird von den Deutschen mehrheitlich akzeptiert. Selbst die Beteiligung von Bundeswehr-Soldaten erfährt eine große Zustimmung in der Bevölkerung. Bei der politischen Stimmung für die Parteien hingegen hat sich im Vergleich zum Vormonat kaum etwas geändert, so die wesentlichen Ergebnisse des ZDF-Politbarometer im Oktober.
Oktober-Politbarometer im Detail
Dass sich Deutschland militärisch an den US-Aktionen beteiligen soll, sagen jetzt 65Prozent, vor vier Wochen unmittelbar nach den Terroranschlägen waren es erst 37 Prozent. Gegen einen Einsatz der Bundeswehr sind jetzt 30 Prozent, vor vier Wochen waren noch 57 Prozent dagegen. Mit Ausnahme der PDS-Anhänger gibt es in allen anderen Parteianhängerlagern, auch bei den Grünen, eine deutliche mehrheitliche Zustimmung zu einem deutschen militärischen Engagement.
Aufgrund der Terroranschläge und der Militäraktionen der USA sehen 52 Prozent den Frieden auch in Europa gefährdet, 46 Prozent glauben das nicht. Auffällig hier der Unterschied zwischen Männern und Frauen: 37 Prozent der Männer halten den Frieden für gefährdet, aber 65 Prozent der Frauen. Dieses Bild entspricht fast genau der Situation unmittelbar nach Beginn des Golfkriegs Anfang 1991.
Islam eine Bedrohung der westlichen Demokratie?
Auf die Frage, ob der Islam eine Bedrohung der westlichen Demokratien darstellt, antworten 36 Prozent ja, 58 Prozent nein. Dabei gibt es sehr große Unterschiede in Abhängigkeit von der formalen Bildung der Befragten. So halten 46 Prozent der Befragten mit Hauptschulabschluss den Islam für eine Bedrohung aber nur 23 Prozent derjenigen mit Hochschulreife.
Die politische Stimmung in Deutschland zeigt sich nahezu unverändert. Die SPD erreicht 43 Prozent, CDU/CSU 39 Prozent, Bündnis90/Grüne 6 Prozent, alle ohne Veränderungen. Die FDP 7 Prozent (Sept. 6 Prozent), die PDS 4 Prozent (Sept. 3 Prozent).
Am ehesten eine Mehrheit
fĂĽr eine sozialliberale Koalition
Wenn am nächsten Sonntag tatsächlich Bundestagswahl wäre, würden sich lediglich geringfügige Veränderungen ergeben. Die Projektion im Oktober lautet: SPD 41 Prozent (+1), Grüne unverändert 5 Prozent, CDU/CSU unverändert 38 Prozent, FDP unverändert 7 Prozent, PDS unverändert 5 Prozent, andere Parteien 4 Prozent (-1). Das bedeutet, dass weder für die jetzige Koalition aus SPD und Grünen eine Mehrheit da wäre, noch für eine aus Union und FDP. Am ehesten wäre eine Mehrheit für eine sozialliberale Koalition möglich.
Diese erstaunliche politische Stabilität nach so einschneidenden Ereignissen liegt zum einen daran, dass die Bundesbürger mit dem Kurs der Bundesregierung einverstanden sind, aber offenkundig auch mit der Haltung von Union und FDP, der Regierung in der Krise beizustehen. So hat sich sowohl die Zufriedenheit mit der Arbeit der Bundesregierung von 0,1 auf jetzt 0,8 sehr deutlich verbessert, als auch die mit den Leistungen der CDU/CSU-Opposition, die ebenfalls von -0,6 auf jetzt 0,2 stark gestiegen ist.
Offenkundig sind die Deutschen mit ihrem Regierungssystem, das stellen wir auch in anderen Fragen fest, zufriedener in der Krise. Das zeigt sich auch bei den Politikerwerten: Auf der Liste der zehn wichtigsten Politiker in Deutschland hat es deutliche Veränderungen gegeben: Neu verzeichnet Otto Schily, wieder dabei Rudolf Scharping und Friedrich Merz. Für den Kanzler und den Außenminister gab es regelrechte Sprünge nach oben in der Bewertung. Auf Platz 1 jetzt Gerhard Schröder mit 2.5 (Sept. 1.6), Joschka Fischer 2.3 (Sept. 1.8), Edmund Stoiber 1.4 (Sept. 1.1), Otto Schily neu mit 1.4, Hans Eichel 1.2 (Sept. 1.1), Guido Westerwelle 0.8 (Sept. 0.6), Angela Merkel 0.7 (Sept. 0.4), Rudolf Scharping wieder dabei mit 0.0, Gregor Gysi -0.5 (Sept. -0.7), für Friedrich Merz wurde noch kein Wert erhoben.
Auf die Frage, wen die Deutschen lieber als Kanzler haben möchten, sagen im Vergleich mit Angela Merkel: Gerhard Schröder 67 Prozent (Sept. 60 Prozent), Angela Merkel 25 Prozent (Sept. 29 Prozent). Der Vergleich mit Edmund Stoiber: 56 Prozent Gerhard Schröder (Sept. 52 Prozent), Edmund Stoiber 37 Prozent (Sept. 37 Prozent). Damit hat der Kanzler gegen beide mögliche Kandidaten weiter aufgeholt, allerdings hat sich Stoibers Position gegenüber Merkel weiter verbessert.
Dass trotz solch guter Noten für die Spitzenpolitiker Schröder und Fischer die Werte für die Regierungsparteien nicht gestiegen sind, liegt zum einen sicherlich an den wirtschaftlichen Problemen, aber auch daran, dass die Bürger das Gefühl haben, die Koalition ist nicht geschlossen. So bezweifeln 44 Prozent, dass die SPD geschlossen zur gemeinsamen Koalition mit den Grünen steht, 40 Prozent sehen da keine Probleme und 16 Prozent können oder wollen darauf keine Antwort geben. In Hinblick auf die Grünen fällt das Ergebnis noch kritischer aus: 50 Prozent glauben, dass die Grünen nicht voll zur Koalition stehen, lediglich 37 Prozent nehmen an, dass es da keine nennenswerten Differenzen gibt und 13 Prozent haben keine Meinung dazu.
Das Wahlergebnis in Hamburg beschäftigt nach wie vor die Parteistrategen, vor allem das Ergebnis für die Schill-Partei, das besonders die CDU beunruhigen muss. Auch bundesweit würden 15 Prozent die Schill-Partei wählen, wenn sie denn antreten würde, 61 Prozent jedoch wollen dies nicht, und"weiß nicht", sagen 25 Prozent.
Die Umfragen zum POLITBAROMETER wurden wie immer von der Mannheimer Forschungsgruppe Wahlen durchgeführt. Die Interviews wurden in der Zeit vom 8. bis 11. Okt. 2001 unter 1.250 zufällig ausgewählten Wahlberechtigten telefonisch erhoben.
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