- Falsche Fassade - Die Spuren der Taliban in Deutschland - marsch, 16.10.2001, 18:16
- Der Genosse Schröder hat es an soz...äh globalistischer Wachsamkeit fehlen... - Theo Stuss, 16.10.2001, 21:00
Falsche Fassade - Die Spuren der Taliban in Deutschland
<font size=-3>Report Mainz am
15. Oktober 2001 im Ersten</font>
Falsche Fassade -
Die Spuren der Taliban in Deutschland
Die Spuren der islamistischen Terroristen in Deutschland führen längst nicht mehr nur nach Hamburg, sondern kreuz und quer durch die Republik. Als Brückenkopf kristallisiert sich immer stärker Frankfurt am Main heraus.
Büroräume in der Siegmund-Freud-Straße dienten dem Taliban-Regime als eine Art Konsulat. Hier florierte vor allem der Handel mit Pässen - für 220 Mark das Stück.
Meine Kollegen Eric Friedler und Edgar Verheyen stießen bei ihren Recherchen in Frankfurt auf dieses Papier. Es ist die Todesliste der Taliban. Auf ihr finden sich die Namen von 106 Oppositionellen, die liquidiert werden sollen. Einige kamen bereits vor kurzem bei Anschlägen ums Leben.
Terrorismusexperten stufen die Liste mit Datum vom 3. Juli dieses Jahres als sehr ernstzunehmend ein.
B E R I C H T:
Niddastraße 45 in Frankfurt. In diesem Gebäude war bis vor kurzem noch der Sitz des Taliban-Büros in Deutschland. Heute stehen die Büroräume leer, von der Polizei durchsucht und geräumt.
Seit Jahren dienten diese Zimmer als Konsulat der Taliban-Regierung in Deutschland. Die Staatsanwaltschaft:
O-Ton, Job Tillmann, Oberstaatsanwalt Frankfurt/Main:
»Nach den bisherigen Erkenntnissen haben sie Visa für den Aufenthalt in Afghanistan erteilt, sie haben Passverlängerungen afghanischer Staatsangehöriger vorgenommen, sie sollen Unterschriftenbeglaubigungen, sonstige Texte beglaubigt haben im Zusammenhang mit familiären Angelegenheiten, Eheschließungen, Geburten und dergleichen mehr. Das alles sind konsularische Geschäfte, das alles ist hoheitliches Handeln des fremden Staates auf dem Gebiet der Bundesregierung, und das ist nur zulässig, wenn die Bundesregierung dafür ihre Genehmigung erteilt hat, das heißt, ein Konsulat anerkannt hat. Eine solche Anerkennung lag nicht vor.«
Dennoch konnte das inoffizielle Taliban-Konsulat über Jahre hinweg ungestört arbeiten. Auf Grund der von ihnen ausgestellten Papiere wurden Duldungen und Aufenthaltsgenehmigungen ausgesprochen. Experten sind sich mittlerweile sicher, dass so auch viele Anhänger des Regimes nach Deutschland einreisen und bleiben konnten, womöglich unter falscher Identität.
Das bestätigt auch ein Kenner der afghanischen Szene in Deutschland. Das Taliban-Büro in Frankfurt sei mehr als nur eine illegale diplomatische Vertretung gewesen. Darüber offen zu sprechen, sei gefährlich. Er will unerkannt bleiben.
O-Ton:
»Eine der Aufgaben oder vielleicht der Hauptaufgabe dieser Vertretung bestand darin, den internationalen Terrorismus zu fördern und den Terroristen eine Möglichkeit zu geben, damit sie dann ihre Aufgaben erfüllen konnten.
Das Taliban-Büro als Infrastruktur für internationalen Terrorismus? Dies scheinen nun auch diese Listen zu belegen, die dem Taliban-Büro in Frankfurt zugestellt wurden und REPORT Mainz vorliegen.
Eine Liste, geschrieben in Paschtu, am 3. Juli 2001, mit über 100 Namen führender Oppositioneller Afghanistans, die heute im Ausland leben, vier davon in Deutschland. Viele von ihnen arbeiten zur Zeit im Umfeld des afghanischen Königs, der von seinem Exil in Rom aus Vorbereitungen trifft, nach einem Sturz der Taliban ein demokratisches System in Afghanistan aufzubauen.
Die Dokumente sind laut Anschreiben an alle Geheimdienste und Vertretungen der Taliban adressiert. Darin heißt es:
Zitat:
» Für diejenigen, die sich im Ausland aufhalten, muss auch eine Lösung gefunden werden. Bei der Entscheidung über diese Leute haben Sie freie Hand.«
O-Ton:
»Man hat in Kabul dort alles genau studiert und ausgemacht, dass diese Menschen für das Regime gefährlich sind. Die sind aktiv gegen das Regime, die müssen beseitigt werden. Und um diese Leute zu beseitigen, dann müssen die Organe des Regimes tätig werden. Die einzigen Organe des Regimes im Ausland waren diese Vertretungen. Und dann sind die Listen an die Vertretrungen geschickt worden mit solchem Aufruf zum Mord sogar - also freie Hand und so. Und dann haben die Vertretungen angefangen, diese Menschen überall ausfindig zu machen und dann entsprechend den Anweisungen aktiv zu werden. Diese Listen mit dem Inhalt sind ein Appell zum Mord.«
Ein Appell zum Mord an über 100 Männer und Frauen in Europa, Amerika und Pakistan.
Wir zeigen die Liste Wilhelm Dietl, einem anerkannten Experten für den Terrorismus in der arabischen Welt. In der Liste sieht er eindeutige Parallelen zu den weltweit operierenden Mordkommandos des Iran in den 80er und 90er Jahren.
Hinter den Namen von bereits ermordeten Personen findet sich in der Liste jeweils der englische Begriff „killed“, umgebracht.
O-Ton, Wilhelm Dietl, Terrorismusexperte:
»Nachdem sich auf der Liste Personen befinden, die bereits ermordet wurden, nachweislich ermordet wurden, in Pakistan, ist es eindeutig eine Todesliste. Es deutet alles darauf hin, dass die Liste direkt aus dem Büro des Mullahs Omar kommt, des Führers der Taliban in Kandahar. Er hat selbst unterschrieben. Der ganze Aufbau ist in der Art wie die Taliban ihre offiziellen Schreiben abfassen. Die ganze Art lässt keinen Zweifel zu, dass die Liste echt ist.«
Zehn Menschen, deren Namen auf dieser Liste stehen, sind bereits getötet worden - wie zum Beispiel Abdul Karsan, afghanischer Oppositioneller, erschossen in Pakistan nach einem Moscheebesuch. Die nun vorliegende Liste ist vier Monate alt. Verfasst also lange vor den Terroranschlägen in Amerika und vor dem Angriff auf Afghanistan. Aber:
O-Ton:
»Diese Liste ist noch immer brisant und wird auch brisant bleiben, weil mit dem Verschwinden des Taliban-Regimes die Geschichte noch nicht vorbei ist. Die Terroristen sind aktiv, die werden noch weiter aktiv bleiben und werden natürlich auch solche Listen und ähnliche dann genau darauf hinschauen und die Menschen, die darauf stehen, also die eigenen Gegner verfolgen. Überall, wo die sie auch finden, dann versuchen die, sie zu beseitigen.«
In Rom treffen wir einen Mann, der auf dieser Liste steht. Er ist ein Mitarbeiter des afghanischen Königs. Er möchte mit uns über die Liste sprechen, hat aber Angst, will ebenfalls nicht erkannt werden.
Als sein Name bereits 1999 in einem ähnlichen Dokument in Pakistan auftauchte, boten ihm westliche Länder sofort Asyl an.
Doch nun droht der Terror nach Europa zu kommen. Die Morddrohungen gegen ihn und andere Oppositionelle des Taliban-Regimes erhalten eine neue Qualität.
O-Ton:
»Viele, die auf dieser Liste stehen, sind schon ermordet worden. Das ist kein Spaß, das ist sehr beängstigend und gefährlich. Bisher haben wir gedacht, dass eine solche ältere Liste nur in Pakistan gibt. Wir, ich selbst hätte nicht gedacht, dass sie so weit gehen. Dies zeigt mir, dass sie ganz eng mit anderen terroristischen Netzwerken verflochten sind. Sie spüren uns in vielen Ländern auf. Das ist wirklich alarmierend.«
Aus der Übersetzung des Dokuments wird deutlich, dass der Aufenthaltsort der Menschen, die ermordet werden sollen, exakt verzeichnet ist. Darunter auch vier Exil-Afghanen, die in Deutschland leben.
O-Ton:
»Viele Menschen, die auf dieser Liste stehen, kannte ich persönlich. Ich habe enge Beziehungen zu ihnen gehabt. Wir arbeiteten zusammen, wir dachten ähnlich. Wir wollten ein demokratisches System in Afghanistan, wir haben schon viele gute Freunde verloren.«
Zurück nach Frankfurt. Das Taliban-Büro wurde zwar geschlossen, doch sind die beiden Betreiber auf freiem Fuß, haben bisher noch nicht einmal wegen der illegalen konsularischen Arbeit eine Haftzeit absitzen müssen.
Allerdings: Durch die Schließung des Büros scheint die Vernetzung untereinander noch nicht aufgebrochen.
O-Ton, Wilhelm Dietl, Terrorismusexperte:
»Es gibt mit Sicherheit noch eine funktionierende Infrastruktur, denn der Krieg hat gerade erst begonnen, die Maßnahmen der Bundesregierung haben auch erst begonnen. Die meisten Taliban-Schläfer kennt man nicht. Es gibt auch keine Zahl, keine annähernde Zahl, wie viele von ihnen hier leben. Und deswegen sollte man da sehr vorsichtig damit umgehen.«
Der Aufenthaltsort der ehemaligen Betreiber des Taliban-Büros ist der Staatsanwaltschaft Frankfurt bekannt. Sie sieht vorerst keine weitere Handhabe.
O-Ton, Job Tillmann, Oberstaatsanwalt Frankfurt/Main:
»Sie denken immer, das sind Terroristen. Da muss ich aber erst mal Verdachtgründe haben, um entsprechend gegen die vorgehen zu können. Habe ich aber nicht. Bisher sind es Amtsanmaßer. Mit einer Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren oder so. Und da kann ich kaum einen Haftbefehl beantragen, zumal sie ja da sind. Fluchtgefahr - wo nehme ich die her? Immer vor dem Hintergrund Amtsanmaßung, illegales Büro.«
Doch auf Grund des uns vorliegenden Dokuments scheint das Taliban-Büro in Frankfurt nun in einem anderen Licht. REPORT Mainz hat die Liste gestern dem Bundeskriminalamt übergeben. Nach einer ersten Prüfung wird sie dort als sehr ernstzunehmend eingestuft. Nun werde alles getan, um die Menschen auf der Todesliste der Taliban zu schützen.
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