- Rasterfahndung=Generalverdacht. Egal, funktioniert sowieso nicht. - marsch, 18.10.2001, 21:23
Rasterfahndung=Generalverdacht. Egal, funktioniert sowieso nicht.
[img][/img]
RASTERFAHNDUNG
Bedingt fahndungsbereit
Es ist die größte elektronische Datenjagd in der Geschichte der Bundesrepublik: Mit der Rasterfahndung wollen die Sicherheitsbehörden weiteren Terroristen in Deutschland auf die Spur kommen. Doch das bundesweite Fahndungssystem, mit dem das BKA und die Länderpolizeien auch die Daten von mutmaßlichen"Schläfern" abgleichen, ist technisch völlig überholt. Die Einführung eines neuen Systems ist nach vertraulichen Papieren des Bundesinnenministeriums offenbar vorerst gescheitert. Nach Schätzung von Experten entstand dabei ein Schaden von rund 100 Millionen Mark.
Bei Regen saufen die Leitungen ab
In der Anzeigenaufnahme der Wache 63/11 in der Berliner Rathausstraße sind die Beamten lange Wartezeiten gewöhnt. Wenn sie mutmaßliche Verbrecher zur bundesweiten Fahndung ausschreiben, kann das schon mal eine halbe Stunde dauern. Regelmäßig stürzt das System mit dem Namen"Inpol-aktuell" ab."Besonders bei Regen", sagt eine Polizeimeisterin,"saufen die Leitungen ab." Neulich ist den Polizisten ein Mann durch die Lappen gegangen, der per Haftbefehl gesucht wurde. Seine Personalien konnten nicht überprüft werden - weil die Computer streikten.
Das Fahndungssystem Inpol-aktuell ist ein Relikt aus Zeiten, in denen das Bundeskriminalamt noch Jagd auf Terroristen der Roten Armee Fraktion (RAF) machte. Am 13. September 1972 ging die"automatisierte Personenfahndung" auf Initiative des damaligen BKA-Präsidenten Horst Herold ans Netz.
Erstmals war es gelungen, die unterschiedlichen Polizeisysteme der Länder mit dem BKA und dem Bundesgrenzschutz zu verbinden. Seitdem arbeitet die deutsche Polizei mit dem 29 Jahre alten System, das nach Meinung eines BKA-Mitarbeiters"ins Polizeimuseum, aber nicht auf unsere Schreibtische gehört".
Der Datenflut nicht gewachsen
Das System ist der modernen Datenflut längst nicht mehr gewachsen. Regelmäßig stürzen die Computer ab, Abfragen können nur nach langen Wartezeiten bearbeitet werden. Bei der jetzt angelaufenen Rasterfahndung müssen die Fahnder einen Datensatz bis zu viermal abgleichen -"das frisst Zeit und Personal", sagt ein BKA-Mitarbeiter.
Seit 1992 arbeitet eine Projektgruppe im BKA an einem modernen Computersystem namens"Inpol-neu". Es soll schneller arbeiten und den Fahndern ermöglichen, mehrere Daten wie Namen und Geburtsdatum gleichzeitig abzufragen. Am 15. April dieses Jahres sollte Inpol-neu an den Start gehen. Doch als die Beamten im Wiesbadener BKA die Computer anmachten, stürzte das System nach zehn Minuten ab."Bei Personenfahndungsabfragen bestehen allerdings weiterhin nicht hinnehmbare Mängel im Antwort-Zeit-Verhältnis", gestand die BKA-Leitung in einem internen Schreiben daraufhin ein.
Das Bundesinnenministerium beauftragte die Unternehmensberatung KPMG, eine"systemtechnische Überprüfung des Projektes" vorzunehmen. Das Ergebnis, das dem Ministerium jetzt als"vertrauliches" Dokument vorliegt, ist fatal:"Das Projekt... befindet sich derzeit in einem erheblich sanierungsbedürftigen Zustand. Es ist nicht auszuschließen, dass das Projekt mit dem heutigen Entwicklungsansatz nicht erfolgreich abgeschlossen werden kann", schreiben die Gutachter in dem Dokument, das stern.de vorliegt. Das System sei zu komplex geplant gewesen, die Geschwindigkeit lasse zu wünschen übrig. Es wird empfohlen darüber nachzudenken, ob bisherige Versuche mit dem System"eingestellt werden sollten".
Für Frank Schöndube, Hamburger Landesvorsitzender des Bundes deutscher Kriminalbeamter (BDK), ist damit klar,"dass Inpol-neu gestorben ist."
Die Gewerkschaft der Polizei (GdP) fordert einen"völligen Neuanfang für das gemeinsame Fahndungssystem". Der GdP-Vorsitzende Konrad Freiberg schätzt, dass durch die bisherigen Pleiten und Pannen"ein Schaden von über 100 Millionen Mark" entstanden ist."Es ist zu bedauern, dass in vielen Bundesländern die landeseigenen Datensysteme hervorragend funktionieren, aber eine bundesweite Vernetzung bislang gescheitert ist", sagt Freiberg und empfiehlt den Innenministern von Bund und Ländern einen"Neustart" des Projektes. Der ursprünglichen Plan,"Inpol-neu" noch in diesem Jahr einzuführen, ist damit gescheitert.
Martin Knobbe
Und noch ein kleiner Ausschnitt aus Das Rennen um die innere Sicherheit
"Doch die Waffe sei stumpf, da allein bei der Polizei bundesweit"mehrere zehntausend Stellen fehlen". Allein in Berlin würden daher 2.000 DNA-Analysen nicht bearbeitet und 60 richterlich angeordnete Telefonüberwachungen nicht ausgeführt."
<center>
<HR>
</center>

gesamter Thread: