- Gibt es hier Proselyten? - R.Deutsch, 20.10.2001, 12:59
Gibt es hier Proselyten?
Dottore hat vor ein paar Tagen mal wieder einen Meilenstein geschrieben. Ich wollte eigentlich ausführlich darauf eingehen, weil er, wie ich meine, sehr tief geht. Jetzt komme ich aber nicht dazu und gebe hier nur mal eine vorläufige Antwort, die dem Beitrag von dottore sicher nicht gerecht wird - aber das Thema wird uns sicher noch länger beschäftigen. Ich wiederhole erst den Beitrag von dottore und nehme unten fett dazu Stellung.
Re: Heilslehrer sind Feiglinge (und ich kann's gut verstehen...)
Geschrieben von dottore am 17. Oktober 2001 17:24:48:
Als Antwort auf: Re: die Welt ist nicht nur Buchhaltung geschrieben von R.Deutsch am 17. Oktober 2001 15:51:06:
Ach, Reinhard,
wir parlieren hier nicht über Mozart und laue Maientage.
Wenn Du dies schreibst:
>Die Welt besteht nicht nur aus Buchhaltung. Buchhaltung ist nur ein (vergeblicher) Versuch, die reale Welt abzubilden.
Wer wollte Dir da widersprechen?"Die Welt"!
Wir diskutieren hier aber nicht über"die Welt", sondern ganz konkret über Wirtschaft. Und wenn Du dort die
Buchhaltung ausblenden willst, dann kann das, was Du vorbringst, nichts mit Wirtschaft zu tun haben.
Es geht auch nicht um die"reale Welt", sondern ganz konkret um das, was in der realen Wirtschaft (!) abläuft.
Immer wenn's eng, weil konkret wird (egal ob bei Dir, bei den Freiwirten oder den mainstreamern) wird die Buchhaltung
"ausgeblendet".
Warum wohl?
Weil jeder die Hosen voll hat und nicht in den Abgrund schauen möchte, über dem steht: SCHULDEN! NICHTS ALS
SCHULDEN!
Das ist psychologisch gut zu verstehen (obwohl ich selbst kaum was von Psychologie verstehe):
o Die mainstreamer verstecken ihr Ängste hinter der"Alles-ist-doch-bloß-Tausch"-Theorie. Tauschen ist friedlich und
ungefährlich.
o Die Freiwirte verstecken ihre Angst hinter Papierzettelchen, genannt"Freigeld". Und solche Zettelchen sind nicht nur
äußerst harmlos, sondern auch noch wohltuend (das wohlige Gefühl, die Umlaufgebühr würde alles schon zum Besten
richten).
o Du versteckst Deine Angst hinter einem Hoffnungswert, genannt Gold & Silber. Wer davon"genug" hat, dem kann nie
mehr was passieren. Und Hoffnung, kaschiert als tatsächliches Wissen über etwas, das niemand wissen oder kennen
kann, ist auch was ganz, ganz Liebes.
Ihr wollt Euer Ego und das anderer in sanfter Massage streicheln. Ist doch alles nicht so schlimm, geht doch alles, man
muß nur das oder jenes machen...
Nur ich allein muss tapfer sein und die Dinge als das sehen, was sie sind: SCHULDEN - und inzwischen ohne noch
erkennbaren Ausweg (außer für einige wenige, je nachdem wie sie sich für die verschiedenen Stufen des kommenden
Desasters gerüstet haben - ich bin nicht gerüstet und wüßte auch derzeit nicht wie ich mich rüsten sollte).
Was mich aber nicht weiter stört."In the long run we're all dead" (Keynes). Das wa nicht defaitistisch gemeint, sondern
nur ein Eingeständnis des Noch-Nicht-Wissens, was.
Was mir allerdings äußerst missfällt, sind als"intelligente Analysen","Heilslehren" usw. getarnte Feigheiten, die man
verbreiten muss, damit man sich nicht so alleine fühlt.
Intellgenz allein ist nichts, Heilslehren sind es auch nicht. Man braucht Publikum und man braucht vor allem Proselyten.
Deshalb streife ich immer jeden Tarnanzug ab, sobald wieder jemand damit beginnt, ihn überzustreifen, sich und
anderen.
Und der mit der"Buchhaltung", die wir doch ruhig"wegfallen" lassen können, ist so ein Tarnanzug. Wer schaut schon
gern auf Passivseiten (seine und die aller anderen)?
Ich kann's ja gut verstehen, dass man sich einen großen blinden Fleck im Auge wünscht, damit man das nicht sehen muss, was leider ist.
Gruß
d.
[b]Lieber dottore,
wenn ich geschrieben habe, dass Buchhaltung ein (vergeblicher) Versuch sei, die reale Welt abzubilden, so meinte ich mit realer Welt schon"ein Unternehmen", also reale Wirtschaft. Ich hatte als Spezialfach im Studium Treuhandwesen und habe bei Prof. Moxter Bilanztheorie gelernt. Ich weiß also schon wovon ich rede, mit der Behauptung, dass Buchhaltung der vergebliche Versuch sei, ein reales Unternehmen abzubilden. Die Buchhaltung ist nicht das Unternehmen.
Bei aller Unzulänglichkeit hat aber jede Bilanz nicht nur eine Passivseite (Schulden) sondern auch eine Aktivseite (Vermögen). Im Grunde geht es um genau das gleiche Thema, das ich auch in meinem Vortrag in Friedrichroda versucht habe zu thematisieren. Wir müssen wieder die Verbindung zur realen Welt herstellen. Schuldbeziehungen ohne realen Schuldinhalt (fiat money - Geld ohne Deckung) ist eine Fiktion
Das ist keine Heilslehre aus Angst vor Schulden, sondern nüchterne Betrachtung der Realität. Die Schulden, die Dir soviel Angst machen, sind ja nichts anderes als fiktive Realität. Wir wissen, der Staat kann real nicht liefern - er kann weder Renten, noch Pensionen, noch Staatsanleihen real bedienen. Also müssen wir uns auf unser eigenes reales"Vermögen" besinnen, auf die Fähigkeit, anzupflanzen, zu produzieren, zu tauschen und uns von dem Staatsgeld (den Schulden des Staates) befreien. Konkret heißt das, keine Anleihen, keine Versicherungen, keine Schuldversprechen etc. kaufen, sondern real things.
Gruß
Reinhard
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