- Regierungschefs wollen Zinssenkungen; Ende der Unabhängigkeit d. Notenbanken! - H. Thieme, 21.10.2001, 13:10
Regierungschefs wollen Zinssenkungen; Ende der Unabhängigkeit d. Notenbanken!
EU: Staats- und Regierungschefs fassen weitere Zinssenkungen ins Auge
GENT (dpa-AFX) - Die Staats- und Regierungschefs der Europäischen Union haben weitere Zinssenkungen ins Auge gefasst. Verbesserte Aussichten bei der Preisentwicklung und Lohnzurückhaltung könnten weiteren Spielraum in der Geldpolitik schaffen, heißt es in der wirtschaftspolitischen Erklärung des EU-Gipfels von Gent vom Freitagabend.
Der Präsident der Europäischen Zentralbank (EZB), Wim Duisenberg, präzisierte diese Möglichkeit: Wenn die Inflationsrate deutlich unter die vorhergesagten zwei Prozent falle oder dies vor dem Frühjahr 2002 geschehe, sehe er für die EZB währungspolitischen Spielraum.
"Es ist vielleicht wichtig, diesen Spielraum zu nutzen", betonte Frankreichs Ministerpräsident Lionel Jospin. Bundeskanzler Gerhard Schröder meinte zu einer Zinssenkung, von der Impulse für die Wirtschaft erwartet werden:"Die EZB macht eine vernünftige Politik. Aber Vernunft ist immer noch steigerungsfähig." Der belgische Finanzminister Didier Reynders betonte, die Schlussfolgerungen des Gipfels zur Geldpolitik seien als Feststellung zu verstehen, nicht als Aufforderung an die Zentralbank.
ZUFRIEDENHEIT MIT VORBEREITUNGEN ZUR EURO-EINFÜHRUNG
Zufrieden zeigten sich die Staats- und Regierungschefs mit den Vorbereitungen zur Einführung des Euro-Bargeldes. Sie drangen jedoch auf eine Senkung der (Bank-)Gebühren für grenzüberschreitende Zahlungen. Mit Einführung des Euro-Bargeldes werde es für die Bürger unverständlich sein, wenn er für Abhebungen im Euro-Ausland mehr zahlen müsse als daheim, sagte der Franzose Jospin."Mit dieser Situation muss Schluss sein", sagte Jospin. Die Staats- und Regierungschefs forderten ihre Finanzminister auf, bis zum nächsten Gipfel im Dezember entsprechende Regelungen zu beschließen.
Der Gipfel von Gent betonte zudem seine Erwartung einer positiven Wirtschaftsentwicklung."Wir sind vorsichtig optimistisch", sagte der belgische Regierungschef und Ratspräsident Guy Verhofstadt. Zwar hätten die Attentate vom 11. September die schon schwache Konjunktur zusätzlich gebremst. Doch sei die europäische Wirtschaft stark genug, um sich davon zu erholen. Die Staats- und Regierungschefs sehen keinen Grund, von der langfristigen Planung abzuweichen. Die in einigen EU-Staaten bereits gestarteten Steueranreize sollten beibehalten werden. Für wichtig erklärten sie zudem eine Stärkung der privaten und - falls nötig - der öffentlichen Investitionen.
Der EU-Gipfel will zudem ein starkes Signal für eine neue Welthandelsrunde geben. Die Unsicherheit, die derzeit auf der Wirtschaft laste, mache eine Liberalisierung des Handels im Rahmen internationaler Regeln nötiger denn je, heißt es in der Erklärung. Darüber hinaus solle die Europäische Investitionsbank ihre Kredite wieder bevorzugt für Infrastrukturprojekte vergeben.
2002 WAHRSCHEINLICH NEUE DISKUSSION UM AMTSZEIT VON DUISENBERG
Frankreichs Staatspräsident Jacques Chirac deutete am Rande des Treffens an, dass er eine neue Diskussion um die Amtszeit von EZB-Präsident Wim Duisenberg im kommenden Jahr für möglich halte. Auf die Journalistenfrage, ob über ein vorzeitiges Ende von Duisenbergs Mandat und einen Nachfolger für den Niederländer nachgedacht werde, antwortete Chirac:"Das ist keine aktuelle Frage - im Jahr 2001."/ff/DP/bi
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