- Wie ein unschuldiger auf die Fahndungsliste des BKA kam - Theo Stuss, 24.10.2001, 11:17
- Re: Das ist ein endlich heftiges Argument gegen den Polizeistaat! (owT) - FlyingCondor, 24.10.2001, 11:47
Wie ein unschuldiger auf die Fahndungsliste des BKA kam
Thorsten B. aus Hamburg wollte seit seiner Kindheit Pilot werden. Eine Zeit lang war er an einer Flugschule in Florida, zur gleichen Zeit wie einer der Attentäter vom 11. September. Als die Namen der Attentäter bekannt wurden, meldete er sich sofort als Zeuge. Doch dann wurde sein Name zusammen mit den Namen von Terroristen auf Listen im Internet veröffentlicht, die Presse belagerte das Haus seiner Eltern, und er muss nun fürchten, ein Einreiseverbot für die USA zu erhalten. Der 23-Jährige hat keine Ahnung, wie er in das Netz der Fahnder geriet, er weiß aber mittlerweile, wie schwer es ist, wieder herauszukommen. Ein Beitrag von Astrid Randerath - bearbeitet für ZDFonline.
Thorsten B. ist 23 Jahre alt und will Pilot werden. Seit Jahren nimmt er teure Flugstunden. Doch seinen Traumberuf kann er möglicherweise nie ausüben. Denn Thorsten ist nach den Anschlägen in Amerika auf eine weltweite Fahndungsliste mit 400 Verdächtigen gesetzt worden - zu Unrecht. Thorsten B.:"Es könnte sein, dass es alles nicht mehr so klappt, weil ich halt zur Zeit, so wie mir gesagt wurde, keine Einreisegenehmigung in die USA hätte oder auch Probleme habe, in andere europäische Länder zu reisen, weil ich auf der Liste bin. Und wenn man nicht in andere europäische Länder oder die USA reisen kann, dann kann ich den Job als Pilot vergessen."
Uwe Walter ist Pilot und Thorstens Fluglehrer:"Es wäre wirklich sehr schlimm für Thorsten, wenn ihm das gestrichen werden würde. Das wäre erstens ein Zusammenbruch für ihn, die Welt bricht zusammen, weil er nicht Pilot werden kann. Zweitens, er bringt alles mit, was einen guten Piloten ausmacht."
Thorsten wendet sich sofort freiwillig an die Polizei
Im Winter 2000 nimmt Thorsten Flugunterricht in Florida. Dort lernt er den mutmaßlichen Terroristen Ziad Samir Jarrah kennen. Dieser steuert, nach Erkenntnissen der Fahnder, am 11. September das Flugzeug, das das Weiße Haus angreifen sollte, aber vorher abstürzt.
In seiner Flugausbildung ist der mutmaßliche Terrorrist hilfsbereit. Er leiht Thorsten und anderen Flugschülern seinen Wagen und kocht für sie. Nur im Cockpit fällt er Thorsten unangenehm auf, weil er schlecht zusammenarbeitet. Die Nachricht, dass dieser Mann ein Terrorist ist, macht Thorsten fassungslos:"Da war ich erst mal natürlich erschrocken. Andererseits war ich mir nicht hundertprozent sicher, ob er es gewesen sein könnte, weil so wie ich ihn erlebt habe, konnte ich mir das eigentlich nicht vorstellen. Aber als dann die Listen gezeigt wurden mit den Entführern, war natürlich klar, dass er das war."
Thorsten wendet sich sofort freiwillig an die Polizei. Er will bei den Ermittlungen helfen und erzählt alles, was er über den mutmaßlichen Attentäter weiß. Der Fall ist damit für ihn erledigt. Doch das Bundeskriminalamt (BKA) erstellt zusammen mit dem FBI eine Liste von Verdächtigen. Und auf der steht fälschlicherweise auch der Zeuge Thorsten - direkt über einem sehr bekannten Namen. Thorsten B.:"Dummerweise ist die Liste alphabetisch sortiert, und da stehe ich direkt neben Osama bin Laden. Das macht einem schon zu schaffen."
Adresse und Telefonnummer aufgeführt
Und dann passiert ein weiteres Missgeschick. Eine finnische Behörde stellt diese Liste dann aus Versehen kurzzeitig ins Internet. Thorsten steht auf einer Terroristen-Liste, mit seiner vollen Adresse und Telefonnummer. Von da an lauern ihm Kamera-Teams auf. Journalisten aus aller Welt rufen pausenlos bei ihm an. Thorsten B.:"Nachdem die Liste rausgekommen ist, haben viele Journalisten angerufen und wollten gar kein Interview. Sie wollten einfach nur noch wissen, ob ich einer der Terroristen bin, ob ich was damit zu tun habe oder nicht. Und das fand ich schon reichlich skurill."
Abgestempelt zum Top-Terroristen
Wiebke B., Thorstens Mutter, ist erschüttert:"Es ist erschreckend, dass unschuldige Bürger plötzlich auf so einer Liste erscheinen. Auf einer Fahndungsliste des FBI, die weltweit in Umlauf gebracht wird, die an alle Finanzinstitute gesandt wird. Und jeder Bürger, egal wo er ist auf der Welt, hat Zugang zu dieser Liste. Das ist eben das Erschreckende, dass man dann plötzlich abgestempelt wird als Verbrecher, als Top-Terrorist."
Quelle:"FRONTAL"
<center>
<HR>
</center>

gesamter Thread: