- Widerstand der Taliban überrascht US-Streitkräfte - Theo Stuss, 25.10.2001, 17:15
Widerstand der Taliban überrascht US-Streitkräfte
Die US-Streitkräfte sind vom Widerstand der in Afghanistan herrschenden Taliban überrascht, wie am Mittwoch Konteradmiral John Stufflebeem im Pentagon eingestand. Noch vor einer Woche hatte das Pentagon erklärt, die Taliban seien durch die andauernden Bombenangriffe lahm gelegt worden. Die jüngsten US-Bombardements in Afghanistan haben nach Angaben der Taliban 37 Menschen getötet.
Allein 20 Gläubige seien ums Leben gekommen, als eine Moschee in einem Dorf bei Herat im Westen des Landes angegriffen worden sei, berichtete am Donnerstag die in Pakistan ansässige afghanische Nachrichtenagentur AIP unter Berufung auf einen Taliban-Sprecher. Zudem seien durch Bombenabwürfe in Herat 16 Zivilisten getötet und 25 weitere verletzt worden.
Außerdem trafen amerikanische Bomben nach AIP-Angaben einen vollbesetzten Bus in Kandahar. Die Zahl der Opfer sei noch unbekannt. Ein Augenzeuge sagte der Nachrichtenagentur AIP, der Bus sei in Flammen aufgegangen, die Menschen seien verbrannt. In Herat sei zudem ein Mensch bei den US-Angriffen getötet worden. Die USA hatten nach Angaben des arabischen Fernsehsenders Al-Dschasira in der Nacht zum Donnerstag neben der Taliban-Hochburg Kandahar und Herat auch die Frontlinie der Taliban nahe der Hauptstadt Kabul angegriffen. «Unsere Streitkräfte erlitten keine Verluste», sagte dazu der Taliban-Sprecher der Agentur AIP.
»Sie sind zähe Kämpfer«, sagte der Konteradmiral, der stellvertretender Einsatzleiter im US-Generalstab ist. »Ich bin etwas überrascht, wie hartnäckig sie an der Macht hängen.« Stufflebeem deutete nun an, dass es den Taliban noch immer gelinge, ihre Truppen mit neuer Ausrüstung zu versorgen, und sie auf dem Land ihre Panzer noch immer verlegen könnten.
Vergiftete Lebensmittel?
Stufflebeem warf den Taliban zugleich vor, sie planten die Vergiftung von Lebensmittelpaketen, die die USA abgeworfen hätten. Die Schuld für die Vergiftungen wollten sie dann den USA geben, erklärte Stufflebeem. Zu den angeblich von den Taliban geplanten Vergiftungen sagte Stufflebeem nur, die USA warnten vorsorglich schon einmal davor. Die Afghanen sollten wissen, dass die Lebensmittel der Amerikaner nicht verseucht seien. Wie es hieß, stammten die Information aus verschiedenen Geheimdienstquellen.
Wie Stufflebeem weiter berichtete, konnte am Mittwoch der am Samstag in Pakistan abgestürzte Heeres-Hubschrauber vom Typ »Black Hawk« von zwei Hubschraubern der Marineinfanterie geborgen werden. Am Samstag waren sie noch bei einem ersten versuchten Bergungseinsatz von Unbekannten beschossen worden. Dieses Mal sicherten pakistanische Truppen das Gelände.
Rumsfeld: Keine Feuerpause
US-Verteidigungsminister Donald Rumsfeld sieht unterdessen keinen Anlass für eine Feuerpause in Afghanistan während des islamischen Fastenmonats Ramadan. «Es ist sehr klar, dass (die Terror- Organisation) El Kaida und die Taliban während des Ramadan auch nicht innehalten werden», sagte er am Mittwoch im Radiosender «Voice of America».
«Die Geschichte ist voller Beispiele, wo Moslems während diverser heiliger Feiertage, inklusive dem Ramadan, gegen andere Moslems und gegen Nicht-Moslems gekämpft haben», sagte er. «In einigen Fällen haben Moslems sogar Kriege während des Ramadan begonnen.» Der Fastenmonat beginnt in diesem Jahr am 17. November.
»USA nicht unsensibel«
US-Außenminister Colin Powell äußerte sich ähnlich. Im Afghanistan-Krieg gehe es nicht um Zeitlimits, sondern darum, die gesetzten militärischen Ziele zu erreichen, sagte er nach einem Treffen mit seinem britischen Kollegen Jack Straw in Washington. Die USA seien nicht «unsensibel», was den Ramadan betreffe, aber die Berücksichtigung des Fastenmonats könne nicht alleiniger Maßstab bei der Entscheidung sein.
Unterdessen flogen US-Kampfflugzeuge am Mittwochabend und Donnerstagmorgen Angriffe gegen die Taliban-Hochburg Kandahar und die Umgebung von Kabul, berichtete der arabische Fernsehsender Al- Dschasira. Ziel sei auch die Front zwischen Taliban-Truppen und der oppositionellen Nordallianz, die mit den USA verbündet ist, in der Nähe der Hauptstadt gewesen.
Derzeit kein Vorstoß
Mit diesem Angriffen soll die Kampfkraft der Taliban geschwächt werden, um einen Vormarsch der Nordallianz auf Kabul zu begünstigen. Ein Sprecher der Nordallianz machte jedoch klar, dass mit einem solchen Vorstoß zur Zeit nicht zu rechnen sei.
heute.online
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