- EMC: Nicht mehr lange auf Platz 1 (ein Lehrstück zu Prognosen von Firmenchefs) - yatri, 25.10.2001, 17:26
EMC: Nicht mehr lange auf Platz 1 (ein Lehrstück zu Prognosen von Firmenchefs)
EMC: Nicht mehr lange auf Platz eins
Der Speicher-Star ist auf dem Scheideweg
Lang, lang ist’s her: Noch in den ersten Monaten des Jahres hat Mike Ruettgers, Verwaltungsratsvorsitzender von EMC, allen - ob sie es nun hören wollten oder nicht - erzählt, dass der Bedarf nach Netzwerkspeichern genauso schnell wächst wie sich das eBusiness entwickelt. Und natürlich war in diesem Szenario sein Unternehmen ganz vorne dabei. Jetzt sieht es anders aus.
Im Februar sah man sich noch immun gegen jegliche Art von Technologiefäule 160140 und wollte im laufenden Jahr 7.000 neue Stellen schaffen. Und selbst im Juli hieß es noch: „Wir werden mittelfristig mit mehr als 20% wachsen“.
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Jetzt müssen Ruettgers und EMC ein wirklich schlechtes Quartal erklären - das erste mit Verlust seit zwölf Jahren. Der Quartalsumsatz hat sich gegenüber dem Vorjahr halbiert, der Kurs nahezu gezehntelt. Nach Spitzenpreisen von 100 Dollar fiel die Aktie in der vergangenen Woche auf 11 Dollar.
Wahrscheinlich ist EMC immer noch der größte Anbieter von Netzwerkspeicher-Lösungen. Aber nicht mehr lange - wenn es so weitergeht. Sicher hat die schwache Wirtschaftslage nicht eben zur Belebung des eBusiness beigetragen, woran die Entwicklung des Speichermarktes weitgehend hängt. Fest steht, dass die Zeit für Extraprofite auf Grund herausragender Marktstellung für EMC vorbei ist. Ob auf Dauer oder nur zeitweilig, muss sich noch zeigen. Der Wettbewerb ist auch bei den Netzwerkspeichern schärfer geworden. Hinzu kommen Fehlentscheidungen, die EMC selbst zu verantworten hat.
Oft wiegen sich in ihrem Segment führende Unternehmen nach Jahren des Wohlergehens träge in trügerischer Sicherheit. Das scheint auch bei EMC der Fall zu sein. Wie ist es sonst zu erklären, dass die Chefetage noch von signifikantem Wachstum träumte, als Marktkenner schon warnend der Finger hoben.
Der technologische Punkt, an dem EMC geschlafen hat, lässt sich leicht festmachen. In den letzten 18 bis 24 Monaten haben eine Reihe von Standards bei den Speichernetzen Einzug gehalten, die das bloße Hardware-Geschäft unter Preisdruck brachten. Es ist dabei, sich zum so genannten Commodity-Produkt zu entwickeln. Aus einer etwas anderen Sicht hatte kürzlich Intel-Chef Barrett ebenfalls diese Richtung aufgezeigt. Wettbewerber von EMC waren fixer und haben längst interessante Softwareprodukte im Angebot, mit denen sich gegen ihre Rivalen abheben.
In der Vergangenheit haben die größeren Wettbewerber wie Compaq, Hewlett-Packard, Hitachi, IBM und Sun Allianzen gebildet und Marktanteile vereinnahmt. Kleinere Konkurrenten haben sich Nischen gesucht und gefunden, die sie gut ausfüllen können.
Das, was EMC am meisten zu denken geben sollte, ist die Tatsache, dass IBM kürzlich einen Anstieg der eigenen Umsätze im High-end-Bereich seines Netzspeicher-Angebots um 14 Prozent gemeldet hat.
Mit der „Automatic Information Storage“-Initiative will EMC jetzt nachziehen. Gleichzeitig wird man sich öffnen und die eigenen Produkte besser mit denen der Wettbewerber zusammenarbeiten lassen. Die sogenannte Virtualisierung bedeutet eine einheitliche Verwaltung von Speicher-Ressourcen, gleichgültig ob es sich um EMC-Gerät oder nicht handelt.
Außerdem will EMC jetzt aggressiv an die „Rich-Media“-Industrie heran, um u.a. beim interaktiven Fernsehen einen Fuß in die Tür zu bekommen.
Dies bedeutet eine radikale Änderung der Unternehmenskultur. Das ist riskant, aber der einzige Weg, wieder Tritt zu fassen. Die Prämie, die Kunden dafür zahlen, dass EMC draufsteht, hat eben deutlich abgenommen. Die Schwierigkeit für EMC besteht u.a. darin, den Alt-Kunden eine Perspektive zu geben, damit sie nicht eines Tages den Eindruck gewinnen, sie hätten alten Schrott gekauft, der inkompatibel zu den neuen Produkten ist. Das verursacht Aufwand in der Entwicklung, eine geschickte Lösung hält aber alte Kunden bei der Stange. Gleichzeitig will EMC neue Vertriebskanäle aktivieren. Kürzlich wurde eine Speicher-Allianz mit Dell gemeldet.
Statt Stellenausbau ist bei EMC jetzt erst einmal Stellenabbau angesagt. EMC wird 4.000 Mitarbeiter entlassen und zum Jahresende auf 19.000 Mitarbeiter kommen. Zusammen mit anderen Maßnahmen sollen dann 800 Mio. Dollar jährlich eingespart werden.
Autor: Klaus Singer, 16:54 25.10.01
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