- Ankurbelung der Wirtschaft durch MilitÀrausgaben... - YIHI, 27.10.2001, 15:09
- Ankurbelung der Wirtschaft durch projektgebundene Grosskredite! - Josef, 27.10.2001, 16:28
- Re: Ankurbelung der Wirtschaft durch MilitÀrausgaben... - Diogenes, 27.10.2001, 17:36
- Re: Ankurbelung der Wirtschaft durch MilitÀrausgaben... - YIHI, 27.10.2001, 17:53
- Re: Ankurbelung der Wirtschaft durch MilitÀrausgaben... - Toni, 27.10.2001, 19:59
- Toni du bist Gold wert... - Diogenes, 28.10.2001, 10:38
- Re: Ankurbelung der Wirtschaft durch MilitÀrausgaben... - Diogenes, 28.10.2001, 10:36
- Re: Ankurbelung der Wirtschaft durch MilitÀrausgaben... - Toni, 27.10.2001, 19:59
- Re: Ankurbelung der Wirtschaft durch MilitÀrausgaben... - YIHI, 27.10.2001, 17:53
- Re: Ankurbelung der Wirtschaft durch MilitÀrausgaben... - apoll, 27.10.2001, 18:04
- Meinst du mit den Tschandalas die international herrschende Oligarchie? - Josef, 27.10.2001, 19:51
- Re: kleiner Irrtum - R.Deutsch, 27.10.2001, 18:35
- Wieder falsch! - YIHI, 27.10.2001, 18:39
- Re: Wieder falsch! - R.Deutsch, 27.10.2001, 19:42
- Re: Auf diesem Irrtum fusst"erfolgreich" seit je ĂŒber 50% der Wirtschaft!!! - AndrĂ©, 27.10.2001, 20:24
- Re: Auf diesem Irrtum fusst - R.Deutsch, 27.10.2001, 21:29
- Re: Auf diesem Irrtum fusst - dottore, 28.10.2001, 13:14
- Re: Auf diesem Irrtum fusst - Diogenes, 28.10.2001, 11:30
- Re: Auf diesem Irrtum fusst - R.Deutsch, 27.10.2001, 21:29
- Wieder falsch! - YIHI, 27.10.2001, 18:39
- Re: Ankurbelung der Wirtschaft durch MilitÀrausgaben... - Uwe, 27.10.2001, 19:12
- FAKT ist doch........... - No_Fear, 27.10.2001, 21:01
- Re: FAKT ist doch........... - apoll, 28.10.2001, 11:27
- Re: Ankurbelung der Wirtschaft durch MilitÀrausgaben... Zu wessen Vorteil? - JLenz, 28.10.2001, 01:58
Re: Ankurbelung der Wirtschaft durch MilitÀrausgaben...
Zum Pendeln zwischen dem Ruf nach Mehr-Staat und Weniger-Staat bzw zwischen Regulierung und Deregulierung war heute ein interessanter Artikel in der BaZ.
(Das Thema ist an Beispielen aus der Schweiz aufgehĂ€ngt, geht aber ĂŒber sie hinaus; Hervorhebungen von mir.)
<font size="5">Das Ende des NachtwÀchterstaates </font>
Pierre Weill
Die TerroranschlÀge in den USA und das Swissair-Debakel in der Schweiz sind von den politischen und menschlichen Dimensionen her nicht vergleichbar. Beide Krisen haben aber etwas Gemeinsames: Sie legitimieren und stÀrken die Macht des Staates.
In den USA galt bis zum 11. September jeder, der dem Staat eine grössere Rolle in der Gesellschaft zuordnen wollte, als «liberal», was sich seit den Reagan-Jahren schleichend zu einem Schimpfwort entwickelt hat. Mit den TerroranschlÀgen von New York und Washington hat der Staat, personifiziert durch die furchtlosen Feuerwehrleute, wieder an Bedeutung und Ansehen gewonnen.
In der Schweiz prĂ€gte die FDP das Schlagwort von «mehr Freiheit, weniger Staat». Zumindest fĂŒr einen Teil der Swissair-Mitarbeiter dĂŒrfte das Motto jetzt heissen «mehr Freiheit, dank mehr Staat». Denn ohne finanzielle UnterstĂŒtzung von Bund und Kantonen in der Höhe von 2,43 Milliarden Franken hĂ€tten sie ihren Job verloren.
Von den AnfĂ€ngen des Liberalismus Ende des 18. Jahrhunderts bis zur grossen Depression in den 20er Jahren des 20. Jahrhunderts musste der Staat primĂ€r fĂŒr Ruhe und Ordnung sorgen, deshalb bezeichnete man ihn auch als «NachtwĂ€chterstaat». Der englische Ă-konom John Maynard Keynes und der amerikanische PrĂ€sident Franklin D. Roosevelt sahen im Staat einen Katalysator, der antizyklisch wirken sollte, um die Wirtschaft anzukurbeln. Wenn also eine Rezession herrscht, soll der Staat AuftrĂ€ge erteilen und Geld in die Wirtschaft pumpen. Dadurch schafft er ArbeitsplĂ€tze und Vertrauen, so dass die Aktienkurse steigen, der Konsum angeregt und die Krise ĂŒberwunden wird. Roosevelt hat zunĂ€chst viel zu wenig staatliche Mittel in die Wirtschaft gepumpt. Erst die massive AufrĂŒstung als Folge des Zweiten Weltkrieges hat die Konjunktur in Schwung gebracht.
Die wÀhrend des Krieges eingenommenen Positionen hat der Staat in den westlichen IndustrielÀndern nicht mehr abgegeben. Immer mehr Bereiche hat der Staat kontrolliert, wobei in Europa die MÀrkte stÀrker reguliert waren als in den USA. Telekommunikation, Verkehr, Ausbildung, elektronische Medien und anderes waren immer Sache des Staates.
Die Ă-lkrise 1973 markierte das Ende der Hochkonjunktur der Nachkriegszeit. Dies erschĂŒtterte auch den Glauben an die Allmacht des Staates. Thatcherismus und Reaganismus waren in den 80er Jahren Trumpf. Die neoliberalen KrĂ€fte förderten die Liberalisierung, Deregulierung und Privatisierung der Wirtschaft. Bereiche wie die Luftfahrt, der Schienenverkehr, die elektronischen Medien, die Telekommunikation und andere wurden dereguliert und privatisiert. Der Staat wurde nicht mehr als Katalysator fĂŒr die Wirtschaft betrachtet, sondern grundsĂ€tzlich als negativ und ineffizient eingestuft.
Die Privatisierungswelle fĂŒhrte tatsĂ€chlich zu einer effizienteren Wirtschaft und zu höherer ProduktivitĂ€t, denn der Wettbewerb erwies sich wirklich als der Motor des unternehmerischen Denkens und Handelns. In Kontinentaleuropa ist die Deregulierung bedeutend langsamer vorangeschritten als im angelsĂ€chsischen Raum. In den USA betrĂ€gt die Staatsquote, also die Staatsausgaben inklusive obligatorische Sozialversicherungen, 30,1%, in der Schweiz gemĂ€ss Eidgenössischem Finanzdepartement 37,7%. Drei Jahre frĂŒher lag der Anteil in der Schweiz noch bei 39,4%. Auf Grund von Privatisierungen, wie dem Waffen- und Munitionsbereich oder der Swisscom, nimmt der Anteil des Staates am Bruttoinlandprodukt ab.
In den USA senkte PrĂ€sident Reagan in den 80er Jahren die Steuern massiv. Die Folge war ein Rekorddefizit von ĂŒber 200 Mrd. Dollar. Der Staat musste deshalb seine Ausgaben kĂŒrzen, wobei besonders die BeitrĂ€ge im Erziehungs- und Sozialwesen reduziert wurden. Der Glaube an die Allmacht des Marktes erreichte seinen Höhepunkt.
Dies musste auch Bill Clinton feststellen. Seine BemĂŒhungen um eine Reform des Gesundheitswesens scheiterten klĂ€glich. Der Grund: der Staat sollte jenen 30 Millionen Amerikanern helfen, die zu arm fĂŒr eine Krankenversicherung waren.
Mit den Terror-AnschlĂ€gen ĂŒberdenken die Amerikaner auch ihr VerhĂ€ltnis zum Staat. Ira Jackson, Direktor des Center for Business and Government an der Kennedy School of Government der Harvard UniversitĂ€t, erklĂ€rte in einem GesprĂ€ch mit Schweizer Besuchern, dass «der 11. September gezeigt hat, dass das Pendel zu stark Richtung Markt ausgeschlagen hatte». Seither hat der Staat in der amerikanischen Ă-ffentlichkeit, aber auch in der Schweiz, wenn wir das Drama um die Swissair betrachten, an Bedeutung gewonnen. Der konservative Bush hat neben Steuersenkungen ein Wirtschaftshilfsprogamm - das er teilweise bereits vor dem Anschlag geplant hatte - in der Höhe von ĂŒber 60 Mrd. Dollar lanciert. Dies ist nichts anderes als reinster Keynesianismus. Die BĂŒrgerinnen und BĂŒrger erkennen gemĂ€ss Jackson, dass die Gesellschaft auf drei SĂ€ulen ruht, nĂ€mlich dem Markt, der Regierung und der Politik. Der Markt sorgt fĂŒr die Effizienz, die Regierung sollte fĂŒr die Moral und Gerechtigkeit eintreten und die Politik muss das Vorgehen legitimieren. Die Gesellschaft kann nur funktionieren, falls SolidaritĂ€t und IndividualitĂ€t im Einklang stehen. In den USA haben der Terrorismus, in der Schweiz der Amoklauf in Zug und das Debakel um die Swissair zu SolidaritĂ€tswellen gefĂŒhrt. Das Pendel zwischen Markt und Kollektivismus schlĂ€gt wieder in Richtung Kollektivismus aus.
Allerdings unterscheidet sich die Situation in den USA von jener in der Schweiz und dem ĂŒbrigen Europa dadurch, dass in den USA die Deregulierung und Liberalisierung viel umfassender ist als in Europa. In den USA ist ein Schritt zurĂŒck zweifellos wĂŒnschenswert. In der Schweiz muss diese RichtungsĂ€nderung etwas differenzierter betrachtet werden. In zahlreichen Bereichen, namentlich im gewerblichen Binnenmarkt, im Bauwesen, aber auch teilweise im Arbeitsmarkt, ist die Deregulierung noch zu wenig fortgeschritten. Hier gilt es punktuell - Baurecht, Ă-ffnungszeiten, Arbeitszeit - weitere Liberalisierungsmassnahmen vorzunehmen.
Die - zumindest vorlĂ€ufige und teilweise - Rettung der Swissair durch den Staat hat auch hier zu einem Ăberdenken des VerhĂ€ltnisses zwischen Individuum und Staat gefĂŒhrt. Der Staat ist letztlich nichts anderes als die Gesamtheit der BĂŒrger, also kann man ihn nicht verteufeln, ohne sich selbst zu verteufeln. Es gibt GĂŒter, die nur der Staat anbieten kann, wie Demokratie, persönliche Freiheit, Menschenrechte. Andere kann der Staat oder aber der Privatsektor anbieten, wobei es in gewissen FĂ€llen optimaler ist, wenn es der Staat macht, beispielsweise aus GerechtigkeitsgrĂŒnden, wie Schulen. In wiederum anderen FĂ€llen, wie beim Transport, kann der Staat diese GĂŒter selbst anbieten, er muss es aber nicht.
Was der Staat macht, ist letztlich in einer Demokratie immer richtig, denn es ist durch das Volk legitimiert. Fehler werden, wenn auch oft spÀt, erkannt und korrigiert, wie beispielsweise das EWR-Nein durch die bilateralen VertrÀge.
Die Rettungsaktion der Swissair wirft dennoch heikle Fragen auf. Es fehlt die Transparenz, um die Kriterien, die fĂŒr die Hilfsaktion entscheidend waren, öffentlich verstĂ€ndlich zu machen. Wer bestimmt, welches Unternehmen «rettenswert» ist und welches nicht? Das Volk kann sich nicht dazu Ă€ussern, ob der Bund ĂŒber eine Miliarde Franken in die Airline einschiessen soll. Der Staat darf nicht zum Selbstbedienungsladen verkommen. Seine Aktionen mĂŒssen das Ziel haben, dem Wohl möglichst aller Einwohnerinnen und Einwohner zu dienen. Falls dies dank der Rettung der Swissair mittelfristig auch eintritt, wird das Ansehen nicht nur des Staates, sondern auch der Politiker weiter zunehmen.
Nach Jahren der undifferenzierten LiberalismusglĂ€ubigkeit schlĂ€gt das Pendel jetzt Richtung Staat aus es gilt wachsam zu sein, damit es nicht zu Ăbertreibungen in die andere Richtung kommt.
http://www.baz.ch/reusable/druckver...59B9D-F4B0-4494-BA1889E3784B4C1C "> Das Ende des NachtwÀchterstaates
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