- Gold aus dem Meer? - Hirscherl, 30.10.2001, 19:53
- Re: Gold aus dem Meer? - FlyingCondor, 31.10.2001, 00:48
- Re: Gold aus dem Meer? - Hirscherl, 31.10.2001, 08:12
- Re: Gold aus dem Meer? - FlyingCondor, 31.10.2001, 00:48
Gold aus dem Meer?
Seit der Mitte des neunzehnten Jahrhunderts tauchte immer wieder die Frage auf: Ist es möglich, wirtschaftlich Gold aus dem Meerwasser zu gewinnen?
Es ist offensichtlich, daß eine wirtschaftliche Gewinnung des Goldes vornehmlich davon abhängt, wie hoch seine Konzentration ist. Die ersten Annahmen lagen bei ca. 50 mg/m3. In der sechsten Auflage des Römpp wird noch von einem Goldgehalt von 0,03 - 44 mg/m3 ausgegangen.
Nach der Niederlage des Deutschen Reiches im WKI und nach längeren Verhandlungen war am 28. Juni 1919 der Versailler Vertrag unterzeichnet worden. Eine der schwerwiegendsten Bedingungen dieses Vertrages war die Zahlung von Reparationsgeldern in einer noch zu bestimmenden Höhe. Diese wurde dann im Juni 1920 auf 263 Milliarden Mark festgelegt. Es war kaum möglich, eine solche Summe zu zahlen, und sei es auch nur in Raten. Hier sah der berühmte Chemiker Fritz Haber eine Möglichkeit, dem Vaterland einen Dienst zu erweisen. Er setzte sich in Verbindung mit Regierungsstellen und mit der Deutschen Gold- und Silber-Scheideanstalt und prüfte, ob das Projekt einer Gewinnung von Gold aus dem Meerwasser sinnvoll sei.
Vorarbeiten
Die Arbeiten zu diesem Projekt begannen 1920 mit der Untersuchung von dem Seewasser nachgestellten Standardlösungen. In dieser Zeit war es schwierig, Proben aus dem Meer zu ziehen, ohne daß die alliierten Kommissionen davon Kenntnis erhielten. Die Standardlösungen enthielten Goldchlorid mit einer Konzentration, die dem damals angenommenen Gehalt von Gold mit 5 mg/m3 entsprach. Verschiedene analytische Methoden, von der die befriedigendste die Mikrokuppelation des Goldes war, das man durch eine Fällung mit Bleisulfid aus der Lösung gewann, wurden erarbeitet.
Die Kupellation ist ein sehr altes Analysenverfahren. Sie soll bereits den Bablyoniern bekannt gewesen sein in wird in der Bibel von dem Propheten Jeremia (ca. 600 v.Chr.) in einem Gleichnis erwähnt. Hier heißt es (Jeremia, 6, 29-30)
"Der Blasbalg ist verbrannt, das Blei verschwindet; das Schmelzen ist umsonst, denn das Böse ist nicht davongeschieden. Darum heißen sie auch ein verworfenes Silber..."
Das Verfahren läßt sich wie folgt beschreiben: Versetzt man Au/Ag mit einem Vielfachen der Masse an Blei und erhitzt, so oxidieren die Verunreinigungen und werden in der flüssigen Bleiglätte gelöst. Führt man diese Prozedur in einem porösen Tontiegel (Kupelle) durch, so dringt in diesen die heiße Bleiglätte ein. Es verbleibt ein Edelmetallkörnchen.
Die Fahrt mit der"Hansa"
Man schrieb den Sommer 1923. Mit der Fürsprache und finanziellen Unterstützung der Degussa und der Metallgesellschaft wurde auf dem Passagierschiff"Hansa" der Hapag (Hamburg-Amerikanische Paket AG) ein labor eingerichtet und für Haber und seine Mitarbeiter eine Passage nach New York und zurück gebucht.
Nach dem Erreichen des freien Meeres begannen sofort die Probeaufnahmen, die durch eine extra Vorrichtung von Bord des Schiffes vorgenommen wurden. Diese Arbeit blieb bei den Passagieren nicht unbemerkt, und es entstanden die wildesten Gerüchte. So schrieb nach der Ankunft des Schiffes in New York eine Zeitung einen Artikel mit der Überschrift:"German Scientists see way to drive ships by using mysterious Force".
Unten im Schiff aber schufteten Haber und seine Mitarbeiter, um die Proben aufzuarbeiten und zu analysieren. Im Herbst des gleichen Jahres reiste er, durch Mittel der Notgemeinschaft der Deutschen Wissenschaften und der Reichsmarine zusätzlich gefördert, von Hamburg auf der"Württemberg" nach Buenos Aires. An Bord war ein durch die bÃsherigen Erfahrungen ausgereiftes Laboratorium zum Studium des wärmeren Wassers des Südatlantiks.
Nach der mühevollen Ausschaltung aller Fehlerquellen stellte sich heraus, daß die vorher gefundenen Werte zu hoch waren. Noch gab Haber nicht auf. Er ließ sich von verschiedenen Stellen, an denen ein relativ hoher Goldgehalt vermutet werden konnte, Proben kommen, so aus der Bucht von San Francisco und dem Eismeer vor Grönland und island.
Die Ernüchterung
Die Ergebnisse waren für Haber niederschemtternd. Der Goldgehalt der Proben aus der Bucht von San Francisco lag im Mittel bei 0,01 mg/m3. Im Eismeer wurde im Durchschnitt 0,047 mg/m3, im Atlantik 0,008 mg/m3 gemessen.
Für Haber und seine Mitarbeiter war das Scheitern des Projekts eine große Enttäuschung. Haber endete seine Ausführungen im Jahre 1927 mit den Worten:"Ich habe es aufgegeben, nach dieser zweifelhaften Stecknadel in einem Heuhaufen zu suchen."
In den fünfziger Jahren änderte sich das Analyseverfahren für Spuren von Edelmetallen erheblich. Auf das Gebiet des Goldgehalts im Meerwasser wandte R.W. Hummel zuerst die Neutronenaktivierungsanalyse an, die später mit der Gamma-Spektroskopie verbunden wurde. Danach wurde der Goldgehalt in verschiedenen Teilen der Weltmeere untersucht, so vor den Küsten Japans (0,0006 - 0,4430 mg/m3), Indiens, im altlantischen Ozean und in tropischen Zonen (0,004 - 0,34 mg/m3), im Schwarzen Meer (0,006 - 0,3 mg/m3), in der Bucht von Tokio (0,0023 mg/m3) und in der Bering See (0,016 mg/m3).
Im Jahre 1973 verfasste F.H. Lancaster einen Artikel, den er überschrieb:"Der Goldgehalt des Meerwassers, seine Extraktion - ein nicht realisierbarer Traum". Er zog den Schluß, daß eine ökonomische Gewinnung von Gold aus dem Meerwasser, auch wenn die Goldpreise einmal erheblich steigen sollten, nicht möglich ist.
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Etwas zum Rechnen (korrigiert mich, falls ich mich irre):
Der durchschnittliche Goldgehalt der Weltmeere wird mit 0,01 mg/m3 angegeben (Römpp, 9.Aufl.). Die Weltmeere haben ein Volumen von 1,3 Milliarden km3.
Ein km3 hat 1.10^9 m3. Also haben die Weltmeere ein Volumen von 1,3.10^9 mal 1.10^9, also 1,3.10^18 m3.
Also sind in den Weltmeeren 1,3.10^18 mal 0,01 mg Gold, sprich 1,3.10^16 mg Gold. Das sind 1,3.10^13 Gramm oder 1,3.10^10 Kilo oder 1,3.10^7 Tonnen.
Also 13.000.000 (dreizehn Millionen) Tonnen Gold?!?
gierige Grüße,
Tom
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