- Aus dem fernen Argentinien - auch das Schlechte liegt so nah! - Tofir, 31.10.2001, 22:36
Aus dem fernen Argentinien - auch das Schlechte liegt so nah!
In Argentinien stehen 38 Mrd. Dollar Schulden auf der Kippe
Buenos Aires, 30. Oktober (Bloomberg) - Argentinien hat signalsiert, dass die pünktliche Bedienung von Anleihen im Volumen von mindestens 38 Mrd. Dollar, die von internationalen Gläubigern gehalten werden, in Frage steht. Argentinien-Anleihen kamen darauf hin erneut ins Trudeln. Die Rendite der variabel verzinslichen Anleihe mit Fälligkeit 2005 stieg auf einen Rekord von 42,6 Prozent. Die Regierung hat einer Bankengruppe unter Leitung des Merrill Lynch International Präsidenten Jacob Frenkel den Auftrag gegeben, den Umtausch von Altschulden in neue Anleihen mit niedrigerem Zinskupon und längerer Laufzeit zu organisieren, um die Belastung zu senken.
Wirtschaftminister Domingo Cavallo versicherte, der Umtausch sei freiwillig und beinhalte Garantien internationaler Kreditgeber. Auch wenn die Teilnahme an der Umschuldung freiwillig ist, weiß bislang niemand, wie Argentinien reagiert, falls sein Ansinnen bei den Investoren nicht auf Gegenliebe trifft.
"Wenn irgendwo von einer Umschuldung die Rede ist, kann von einer Zahlungsunfähigkeit ausgegangen werden", meint Charles Cassel, Fondsmanager mit Schwerpunkt Emerging Markets bei Standard Asset Management."Im Klartext wird gesagt: Wenn ihr uns jetzt nicht helft, wird am Schluss für alle erheblich weniger übrig bleiben."
Argentinien-Anleihen sind von Moody's Investor Service bereits seit dem 12. Oktober mit dem niedrigsten Rating von"Caa3" versehen. Standard & Poor's hat Argentiniens Kreditrating ebenfalls zurückgenommen und droht damit, eine solche Umschuldung als"Default" zu werten. Schließlich besitze der Investor danach weniger als vorher.
Rund ein Viertel der international platzierten Anleihen aus Schwellenländern entfallen auf Argentinien. Zu den Argentinien- Gläubigern zählten bis ins Frühjahr hinein institutionelle Investoren wie J.P. Morgan Investment Management, Putnam Investment Management und die Lutheran Brotherhood. Argentinische Anleihen bieten nach einem Index von J.P. Morgan Chase & Co. nicht nur eine Risikoprämie von 20,14 Prozentpunkten gegenüber vergleichbaren US-Treasuries. Ihre Rendite ist auch höher als bei Papieren aus allen anderen Schwellenländern.
"Auch auf die Gefahr, dass ich nicht alles verstanden habe - ich sehe nicht, wie das freiwillig gehen soll", meint Abel Viglione, Senior-Volkswirt des argentinischen Forschungsinstitutes Fiel."Für mich sieht es nach Zwang aus und es erinnert mich an eine Insolvenz."
Es gibt noch weitere Anzeichen, dass sich die Krise zuspitzen könnte. In der argentinischen Regierung hat der Finanz- Unterstaatssekretär Julio Dreizzen am Montag seinen Hut genommen. Dreizzen kam mit Präsident Fernando de la Rua im Dezember 1999 in sein Amt und hat für Argentinien neue Finanzierungsquellen erschlossen. Das Wirtschaftsministerium sprach von persönlichen Gründen.
Im Unterschied zu den späten achtziger Jahren, als Argentinien seine Zinszahlungen einstellte, ließ die Regierung nun durchblicken, dass sie den Zinsverpflichtungen, wenn auch auf niedrigerem Niveau, nachkommen wird. Die Umschuldung soll früh genug in Angriff genommen werden, bevor es zu irgendwelchen Zahlungsausfällen kommt. Das ist wichtig, denn die Vertragsbedingungen mit den Investoren definieren bereits eine verzögerte Bedienung der Anleihen als Ausfall.
Argentiniens Wirtschaftminister Cavallo erklärte, sein Land hänge von Krediten des Internationalen Währungsfonds ab und sei bei der geplanten Transaktion auf die Unterstützung der sieben größten Industrienationen angewiesen. Die neuen Anleihen sollen mit 3 Mrd. Dollar vom IWF und anderen Krediten garantiert werden. Cavallo könnte den IWF auch bitten, die für Dezember vorgesehene Auszahlung von 1,2 Mrd. Dollar vorzuziehen. Der IWF, dessen Experten derzeit in Buenos Aires vor Ort sind, gab keinen Kommentar dazu ab. Auch Jacob Frenkel von Merrill Lynch reagierte nicht auf die Bitte um eine Stellungnahme.
Die Historie der Zahlungsprobleme Argentiniens reicht weit zurück. Bereits in den zwanziger Jahren des 19. Jahrhunderts wurde das Land zusammen mit anderen lateinamerikanischen Staaten zum ersten Mal zahlungsunfähig. Gleiches erlebten die Investoren in den Jahren nach 1920. Im Jahr 1992 wurden mit Brady-Bonds im Volumen von 25 Mrd. Dollar die Schulden des Landes aus den späten siebziger Jahren neu strukturiert. In den vergangenen zehn Jahren konnte sich das Land am internationalen Kapitalmarkt 89 Mrd. Dollar aufnehmen, und so seine wachsende Haushaltslücke schließen.
Die Schulden Argentiniens belaufen sich inzwischen auf 132 Mrd. Dollar, davon 95 Mrd. Dollar in Form von Anleihen. Nach Schätzung der Regierung entfallen von diesen Anleihen 38 Mrd. Dollar auf ausländische Gläubiger. Merrill Lynch schätzt diesen Anteil auf 45 Mrd. Dollar. Andere Banken gehen sogar von 55 Mrd. Dollar aus. Die gesamten Auslandsverbindlichkeiten gegenüber Banken bezifferte die Bank für Internationalen Zahlungsausgleich am 31. März auf 66 Mrd. Dollar.
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Warum denn nicht einfach ein sauberer Bankrott?!
tofir
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