- EZB senkt Leitzinsen in Euro-Zone unerwartet deutlich - Sascha, 08.11.2001, 18:46
EZB senkt Leitzinsen in Euro-Zone unerwartet deutlich
Heute 17:33 Uhr
<font size=5>FOKUS 4 - EZB senkt Leitzinsen in Euro-Zone unerwartet deutlich </font>
- von Ilona Wissenbach -
(Neu: Äußerungen Schröder)
Frankfurt, 08. Nov (Reuters) - Die Europäische Zentralbank (EZB) hat die Leitzinsen <font color="#FF0000">angesichts der schwachen Konjunktur und rückläufiger Inflation </font>deutlich <font color="#FF0000">um 50 Basispunkte reduziert und die Tür für weitere Senkungen offen gelassen</font>. Der Schlüsselzins sei auf 3,25 (3,75) Prozent verringert worden, teilte die EZB am Donnerstag in Frankfurt mit. <font color="#FF0000">Die Inflation werde schneller als erwartet wieder unter die EZB-Obergrenze von zwei Prozent sinken</font>, sagte EZB-Präsident Wim Duisenberg nach der Ratssitzung. Mit niedrigeren Zinsen wolle die EZB das nach den Anschlägen in den USA erschütterte Vertrauen von Verbrauchern und Investoren wieder herstellen. Bundeskanzler Gerhard Schröder (SPD) und das Bundesfinanzministerium (BMF) begrüßten den Schritt ebenso wie Verbände und Volkswirte als notwendig zur Konjunkturbelebung.
Der Euro legte zeitweise knapp einen drittel US-Cent auf bis auf 0,8988 Dollar zu, gab dann aber wieder deutlich um fast einen halben US-Cent nach. <font color="#FF0000">Der Dax legte bis zum Nachmittag auch dank guter US-Vorgaben um knapp drei Prozent zu und übersprang erstmals seit zwei Monaten die Marke von 5000 Punkten</font>.
Mit der EZB, der US-Notenbank Fed und der Bank of England haben in dieser Woche <font color="#FF0000">drei führende Notenbanken die Leitzinsen je einen halben Prozentpunkt gesenkt, um den Abschwung zu bremsen. Die EZB hat 2001 die Zinsen vier Mal um insgesamt 150 Basispunkte gesenkt</font>.
Es gebe inzwischen vor allem viel klarere Signale, dass das Wachstum im zweiten Halbjahr dieses Jahres schwach und auch 2002 zunächst noch unter dem Potenzialwachstum von 2,0 bis 2,5 Prozent liegen, sagte Duisenberg. <font color="#FF0000">Das Wachstum werde gering, aber nicht unter Null sein</font>. Eine Erholung erwartet die EZB im ersten Halbjahr 2002. Nach den Anschlägen in den USA herrsche ein hohes Maß an Unsicherheit, das Investitionen verzögere und den privaten Verbrauch dämpfe."Das Vertrauen ist dadurch stärker getroffen worden und die Konjunkturerholung verzögert sich länger als wir zuvor angenommen haben", sagte Duisenberg.
<font color="#FF0000">"Der Inflationsdruck ist weiter geschwunden"</font>, sagte Duisenberg. Die Inflationsrate werde Anfang 2002 und damit schneller als angenommen deutlich unter zwei Prozent sinken und die Preisstabilität 2002 wiederhergestellt."Das neue Zinsniveau steht in Einklang mit dem Erhalt eines stabilen Preisniveaus auf mittlere Sicht und wird ein förderliches Umfeld für eine Rückkehr zu höherem Wachstum in der Euro-Zone schaffen." Duisenberg kündigte an, die EZB werde künftig in der Regel nur noch einmal im Monat über die Zinsen entscheiden, um Spekulationen einzudämmen und die Finanzmärkte zu beruhigen. Der EZB-Präsident betonte, die Notenbank entscheide unbeeinflusst von politischen Forderungen. Den Märkten gab der EZB-Chef den Rat, vor allem auf seine Äußerungen zur Zinspolitik zu hören und kritisierte damit indirekt Bundesbankpräsident Ernst Welteke. Auf die Frage, ob die jüngst von Welteke geäußerten Inflationssorgen die Märkte hatten verunsichern sollen, sagte der EZB-Chef:"Das wäre wohl ein Signal dafür, dass die Märkte auf mich hören sollten und nicht auf andere."
Bundeskanzler Schröder begrüßte die Entscheidung der EZB, die diese völlig unabhängig getroffen habe. Die Zinssenkung werde zusätzlichen Auftrieb und Wachstumsimpulse auslösen. <font color="#FF0000">Ein BMF-Sprecher sagte:"Wir begrüßen das sehr."</font> Finanzminister Hans Eichel (SPD) unterstreiche, dass die Regierung ihren Sparkurs fortsetzen und die Kriterien des EU-Stabilitätspaktes einhalten wolle. Analysten lobten Zeitpunkt und Ausmaß der Senkung."Hervorragend gemacht, die Senkung um 50 Basispunkte ist das richtige Signal", sagte Otmar Lang von Deutsche Bank Research. Viele Volkswirte hatten wegen der düsteren Konjunkturaussichten mit einer Zinssenkung gerechnet. Duisenberg habe die Tür für weitere Schritte offen gelassen, sagte Mark Ramsden von Stone & McCarthy in London. Die EZB sei offenbar stärker über die Konjunktur als über die Inflationsgefahren besorgt.
Die Aussichten für das Wachstum in der Euro-Zone verschlechtern sich Analysten zufolge zunehmend, weil die Schwäche der US-Wirtschaft nach den Anschlägen vom 11. September die Euro-Zone in Mitleidenschaft ziehen könne. Auch neueste Wirtschaftsdaten aus Deutschland signalisierten, dass die größte Volkswirtschaft der Euro-Zone am Rande einer Rezession stehe. Unternehmen und Verbraucher in der Euro-Zone sind so pessimistisch wie seit Jahren nicht mehr. Die EU-Kommission prognostiziert nur noch 1,7 Prozent Wachstum für die Euro-Zone 2001, mit 1,8 Prozent wird für 2002 kaum Besserung erwartet.
Nach Einschätzung von Ulla Kochwasser von der IBJ wird die EZB nun abwarten, ob die pessimistischen Stimmungsindikatoren das Wachstum tatsächlich weiter belasten werden."Die Aussagen zum Wachstum waren sehr vage, die EZB will ein klareres Bild bekommen vor weiteren Zinssenkungen." Kochwasser erwartet - auch wegen des nur noch vierwöchigen Entscheidungsturnus - frühestens im Februar eine Zinssenkung, sollte dies erforderlich erscheinen. Für Analysten sind weitere Zinssenkungen in diesem Jahr nicht ausgeschlossen, aber in nächster Zeit werde die Diskussion darüber etwas nachlassen.
iws/mwo
Quelle: http://www.sharper.de[/b]
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