- Anklage gegen Bahn-Ingenieure wegen ICE-Katastrophe - Sascha, 09.11.2001, 17:09
Anklage gegen Bahn-Ingenieure wegen ICE-Katastrophe
Heute 16:24 Uhr
<font size=5>FOKUS 1 - Anklage gegen Bahn-Ingenieure wegen ICE-Katastrophe </font>
Hannover, 09. Nov (Reuters) - <font color="#FF0000">Knapp dreieinhalb Jahre nach der ICE-Katastrophe von Eschede hat die Staatsanwaltschaft Lüneburg Anklage gegen drei Ingenieure erhoben</font>. Sie werden der fahrlässigen Tötung in 101 Fällen und der fahrlässigen Körperverletzung in 105 Fällen beschuldigt. Wie die Staatsanwaltschaft am Freitag mitteilte, handelt es sich bei zwei Beschuldigten um zwei Mitarbeiter der Deutschen Bahn AG[DBN.UL], von denen einer inzwischen im Ruhestand ist. Der dritte Angeklagte war Abteilungsleiter bei einer Thyssen-Krupp -Tochter, die die Radreifen des ICE hergestellt hatte. Das größte Eisenbahnunglück in der deutschen Geschichte war am 3. Juni 1998 im niedersächsischen Eschede von einem defekten Radreifen ausgelöst worden. <font color="#FF0000">In den Trümmern des ICE Wilhelm-Conrad Röntgen starben 101 Menschen, 105 wurden teilweise lebensgefährlich verletzt</font>.
<font color="#FF0000">Die Anklage geht davon aus, dass die Ingenieure für die Konstruktion, Erprobung und Zulassung eines nicht geeigneten Radtyps verantwortlich waren</font>. Gutachten hatten frühzeitig belegt, dass der defekte Radreifen das Entgleisen eines Wagens auslöste, der an einer Brücke in Eschede zerschellte. Die Bahn hatte bisher stets eine Mitschuld des Unternehmens zurückgewiesen. Zur Anklage wollte das Unternehmen am Freitag keine Stellung beziehen."Es handelt sich um eine laufendes Verfahren", sagte eine Sprecherin. In früheren Stellungnahmen hatte die Bahn erklärt, sie gehe davon aus, dass die Zulassung der Räder damals durch Ingenieure getestet worden sei und dass sie dem Stand der Technik entsprochen hätten.
<font color="#FF0000">Die Lüneburger Anklagebehörde kommt nach Darstellung von Oberstaatsanwalt Jürgen Wigger zu dem Ergebnis, dass die Bahn den Radreifentyp für den ICE ungenügend getestet, vorschnell eingeführt und mangelhaft gewartet hat</font>. Der für den Unfall verantwortliche Radreifen war den Ermittlungen zufolge zu weit abgefahren und hätte längst ausgetauscht werden müssen. Die beiden heute 66 und 56 Jahre alten angeklagten Ingenieure <font color="#FF0000">seien im ehemaligen Bundesbahnzentralamt Minden für die sicherheitstechnische Beurteilung und Zulassung von Radsätzen verantwortlich gewesen</font>, heißt es in der Anklageschrift. Ihnen werde vorgeworfen, dass sie das Grenzmaß für den Betrieb des Radreifens nicht vertretbar niedrig festgesetzt hätten. Der dritte, heute 54 Jahre alte Angeklagte war bei den früheren Vereinigten Schmiedewerken Bochum (VSG) <font color="#FF0000">für die Berechnung der Festigkeit des Radreifens zuständig</font>. Der bei VSG entwickelte Radreifentyp hatte nach Erkenntnissen der Staatsanwaltschaft <font color="#FF0000">nicht die angeblich vorhandene Dauerfestigkeit</font>.
Der Anwalt von 73 Hinterbliebenen der Opfer von Eschede, Reiner Geulen, wertete die Anklageschrift als Beleg für die Mitverantwortung der Bahn."Sie widerlegt die seit Jahren von ihrem Vorstandsvorsitzenden vorgetragene Schutzbehauptung, dass der Unfall ohne Verschulden der Bahn verursacht worden sei", sagte Geulen. Der Anwalt vertritt die Hinterbliebenen in dem Strafverfahren als Nebenkläger. Zugleich klagen die Hinterblieben vor dem Landgericht Berlin gegen die Bahn und Thyssen-Krupp auf Zahlung eines Schmerzensgeldes an die Hinterbliebenen von mindestens 250.000 Mark pro Person. <font color="#FF0000">Zum ersten Verhandlungstermin Ende Februar sei das Erscheinen von Bahnchef Hartmut Mehdorn angeordnet worden, sagte Geulen</font>.
Ein Termin für den Strafprozess vor dem Landgericht Lüneburg steht noch nicht fest. Oberstaatsanwalt Wigger rechnet <font color="#FF0000">angesichts der rund 20.000 Seiten umfassenden Ermittlungsakten nicht mehr in diesem Jahr mit einer Entscheidung über die Prozesseröffnung. Wigger hat 45 Zeugen benannt</font>.
amr/kps
Quelle: http://www.sharper.de[/b]
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