- @dottore: Re: Die Krisenschaukel - Galiani, 09.11.2001, 21:02
- Re: @dottore: Re: Die Krisenschaukel - Boyplunger, 10.11.2001, 09:37
- Wege zur (Text-)'Quelle' - Uwe, 10.11.2001, 10:06
- @Boyplunger: Danke für diesen hochinteressanten Aufsatz! (Sag ich ja: Man - Galiani, 10.11.2001, 10:27
- Re: @dottore: Re: Die Krisenschaukel - Boyplunger, 10.11.2001, 09:37
@dottore: Re: Die Krisenschaukel
Hallo dottore
Habe Ihr Buch jetzt gelesen.
Ein flott geschriebenes, unterhaltsam zu lesendes Werk mit vielen interessanten Gedanken; keinesfalls ein ökonomisches Lehrbuch, sondern eine Schrift, die dem Leser kaleidoskopartig offensichtliche Fehlentwicklungen der heutigen Wirtschaftswelt lebhaft vor Augen führt und mit dem Ihnen eigenen üppigen Ideen- und Faktenreichtum sowie fundierten wirtschaftshistorischen Exkursen immer wieder verblüfft und erfreut. Deprimierend die zweifellos richtige Grundaussage, daß der Staat mit seiner Schuldenorgie unausweichlich auf eine Krise zutreibt, die unser aller Existenz erschüttern wird; nicht, wohlgemerkt, weil er seine Schulden - wie man früher oft gemeint hatte - nicht bedienen können werde, sondern weil er mit seinem in rauen Mengen geschaffenen Geld und den mit der Staatsschuld einhergehenden arbeitslosen Einkommen die produktiven Strukturen überwuchert und lähmt. Ohne Frage, eine sehr bedenkenswerte Diagnose. Wobei angesichts der heute noch bestehenden, gegen Ende der „Krisenschaukel“ aufgezeigten Auswege realistischerweise angenommen werden muß, dass es kaum noch ein Entkommen gibt.
Erst jetzt, nachdem ich das Buch gelesen habe, verstehe ich, wieso Sie sich so trotzig gegen meine Einwände wehren. Andererseits glaube ich nicht, daß Sie sich einen Gefallen tun, wenn Sie Ihre Thesen mit einer recht materialistisch anmutenden (und sicher unzutreffenden) Sicht einer Produktionswirtschaft verquicken, die nur mittels Krediten zu wachsen vermag.
Sie tun das ohne Not! Würden Sie nämlich von der klassischen Wirtschaftstheorie ausgehen, würden Sie ohne weiteres zum gleichen Endergebnis kommen. So aber müssen Sie, um sich selber treu zu bleiben, allzu oft (und zum Schaden Ihres guten Buches) den Blick auf Existenz und Wirkung des Produktionsgütergerüsts in der Wirtschaft vermeiden und die mit der Überwindung der allgemeinen Überproduktionstheorien logisch untrennbar verknüpfte Erkenntnis der Klassik ignorieren, dass sich jedes Angebot seine eigene Nachfrage schafft.
Aber sei's drum! Ungeachtet solcher Details beeindrucken bei der Lektüre des Buches immer wieder Sätze wie die folgenden und haben mich zum Nachdenken veranlaßt:"...der Staat. Er ist der große Schurke im Spiel.... Zwar macht der Staat jede Menge Schulden, aber er sorgt nicht dafür, dass anschließend Prozesse starten, mit deren Hilfe die Schulden bedient und abgearbeitet werden." Vielleicht etwas pointiert ausgedrückt, aber gerade dadurch so aufrüttelnd! Oder: „Staatsschulden schaffen Elendsmassen!“, was mit eindrücklichen Schaubildern belegt wird, und „Das hochgebuchte Nichts“ oder „Die kommende Rentenpleite“. Und dass Sie ein scharfes Auge für geamtwirtschaftliche Entwicklungen haben, zeigt sich nicht zuletzt darin, dass Sie - im Jahre 1998!, also in einer Zeit, zu der die Börse gerade zu ihrem vorläufig letzten grossen Sprung nach oben ansetzt, - das unabwendbar Kommende vorwegnehmen, indem Sie einen Abschnitt mit den Worten überschreiben:"Fallen alle Aktien um 90 Prozent?" Mittlerweile sind sie gefallen. Noch nicht um 90 Prozent. Aber was nicht ist, kann durchaus noch werden. Und heute klingt das keineswegs mehr so fantastisch, wie im Jahr 1998....
Herzlichen Glückwunsch also und beste Grüße
G.
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