- Eichel/Waigel-Waigel /Eichel; Unterschiede? - marsch, 14.11.2001, 18:10
Eichel/Waigel-Waigel /Eichel; Unterschiede?
<font size=4>Eichel bleibt nur noch der Griff in die finanzpolitische Trickkiste</font>
Analyse
Von Rolf Peffekoven
Die Steuerschätzung der vergangenen Woche hat mit aller Deutlichkeit gezeigt, was längst bekannt ist: Der Entwurf für den Bundeshaushalt 2002, der sich noch in der parlamentarischen Beratung befindet, ist weitgehend Makulatur geworden und müsste durch eine neue Planung ersetzt werden. Konjunkturell bedingte Steuermindereinnahmen und Mehrausgaben - vor allem für den Arbeitsmarkt - sowie bereits beschlossene, aber nicht gedeckte Ausgaben in erster Linie für den Familienleistungsausgleich, jedoch auch für die Entwicklungshilfe führen zu einem Fehlbetrag von etwa zehn Mrd. DM. Ein entsprechendes Defizit will der Bundesfinanzminister jedoch nicht akzeptieren, sondern bei dem bisher geplanten Fehlbetrag von rund 41 Mrd. DM bleiben.
Ausweg Steuererhöhung?
Schließt man in dieser Situation ein höheres Defizit aber aus, bleiben als Ausweg Steuererhöhungen über die schon beschlossene Anhebung der Tabaksteuer und der Versicherungsteuer hinaus oder Ausgabenkürzungen. Beides wird von Eichel ebenfalls abgelehnt. In der derzeitigen konjunkturellen Situation mag sogar einiges dafür sprechen. Allerdings sind unter den vielen Subventionen und Transferzahlungen durchaus Posten zu finden, die ohne negative Folgen für die Konjunktur gekürzt werden könnten, weil sie lediglich Mitnahmeeffekte auslösen. Zuschüsse etwa, die den öffentlich Bediensteten zu den vermögenswirksamen Leistungen gezahlt werden, könnten zumindest bei Beziehern hoher Einkommen ersatzlos gestrichen werden, ohne negative Wirkungen auf die Konsumnachfrage befürchten zu müssen. Es lassen sich ähnliche Posten finden, vor allem im Bereich der Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen. Auch in Zeiten einer Konjunkturschwäche müssen die öffentlichen Ausgaben auf Kürzungsmöglichkeiten hin überprüft werden.
Will man in der derzeitigen Situation die Steuern nicht erhöhen, die Ausgaben nicht kürzen, aber auch keine höheren Defizite eingehen, dann bleibt nur noch der Griff in die finanzpolitische Trickkiste.
Ein erstes Beispiel sind die bereits beschlossenen Tilgungsstreckungen beim Fonds"Deutsche Einheit". Im Ergebnis werden dadurch die Ausgaben und damit das Defizit des im Zentrum der politischen Diskussion stehenden Bundeshaushalts verringert, gleichzeitig aber die Tilgungen in einem den Bürgern meist unbekannten Nebenhaushalt verringert. Per Saldo wird also das Defizit des öffentlichen Gesamthaushalts überhaupt nicht verändert. Diese Verschleierungstaktik ist bereits von Theo Waigel mit Hilfe der Tilgungsstreckungen beim Erblastentilgungsfonds praktiziert worden. Die Kritiker aus der damaligen Opposition, allen voran der Finanzexperte der Grünen, Metzger, wollen offenbar nicht sehen, wie sich die Bilder gleichen.
Als nächstes Instrument sollen nunmehr - genau wie weiland bei Theo Waigel - Privatisierungserlöse die Haushaltslöcher stopfen helfen. Es ist sogar das gleiche Verfahren geplant, das bereits von der vorhergehenden Bundesregierung beim Verkauf von Telekom-Aktien praktiziert und vom Bundesrechnungshof zu Recht heftig kritisiert worden ist: Die Post-Aktien werden bei der Kreditanstalt für Wiederaufbau"geparkt", was letzten Endes einer versteckten Kreditaufnahme entspricht.
Es wird auch sicher nicht mehr lange dauern, bis Eichel die Aktion"Goldfinger" von Theo Waigel aus dem Jahre 1997 kopieren wird. Es wird der Vorschlag kommen, Goldreserven der Deutschen Bundesbank entweder neu zu bewerten oder zu verkaufen, um über Bewertungsgewinne einen höheren Bundesbankgewinn ausweisen zu können, der dann in den Bundeshaushalt fließt.
Es bleibt nur zu hoffen, dass sich der heutige Finanzminister genauso wie der damalige bei dieser Aktion eine"blutige Nase" holen wird. Entscheidungen über die Verwendung der Währungsreserven sind anhand währungspolitischer und stabilitätspolitischer Zielsetzungen von der unabhängigen Zentralbank zu fällen; sie stehen nicht zur Disposition des Bundesfinanzministers.
Das Tabu Goldverkauf
Im Übrigen: Für das Problem, die Defizite in den Grenzen zu halten, die der Stabilitäts- und Wachstumspakt festlegt, nutzen diese Tricks nichts: Denn in der dafür relevanten Defizitquote schlagen sich weder die Tilgungsstreckungen noch die Privatisierungsaktionen nieder. Privatisierungen und Goldverkäufe können auch keinen nachhaltigen Konsolidierungseffekt bringen; denn es handelt sich um einmalige Einnahmen, mit denen man auch nur einmal Haushaltslöcher stopfen kann. Mit der von Eichel stets beschworenen nachhaltigen Finanzpolitik hat das alles nichts zu tun.
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