- Sozialhilfeempfänger die Schmarotzer der Nation? - marsch, 15.11.2001, 13:18
- Re: Sozialhilfeempfänger die Schmarotzer der Nation? - Euklid, 15.11.2001, 14:07
- Re: Sozialhilfeempfänger die Schmarotzer der Nation? - Sascha, 15.11.2001, 18:37
- Re: Sozialhilfeempfänger die Schmarotzer der Nation? - mguder, 15.11.2001, 17:02
- Re: Sozialhilfeempfänger die Schmarotzer der Nation? - Hörbi, 15.11.2001, 17:32
- Sozialhilfeempfänger die Schmarotzer der Nation? / Meine Meinung mvT - Sascha, 15.11.2001, 19:13
- Re: Sozialhilfeempfänger die Schmarotzer der Nation? - Euklid, 15.11.2001, 14:07
Sozialhilfeempfänger die Schmarotzer der Nation? / Meine Meinung mvT
Hi mguder!
Du hast Recht und ich bin auch der Meinung, daß man mit solchen Urteilen aufpassen muß. Sozialhilfeempfänger sind nicht generell als Schmarotzer der Nation anzusehen. Viele sind durch die hohe Arbeitslosigkeit ohne Eigenverschulden in solch eine Lage geraten.
Ich denke das Problem liegt an einer anderen Stelle. Es ist heute durch die enorm hohen Steuerabgaben die praktisch seit dem Zweiten Weltkrieg langsam aber doch eben mit einer starken Kontinuität gestiegen sind eine Situation eingetreten in der viele Erwerbstätige am Existenzminimum leben. Bei Berufen wie Maurer, Bauarbeiter, Maler und vielen anderen Handwerksberufen verdient man oftmals gerade noch soviel, daß nach Steuerabgaben nicht mehr viel mehr bleibt als dem Sozialhilfeempfänger.
Besonders bei Familien mit ein oder zwei (oder noch mehr Kindern) wird dieses Problem noch deutlicher. Denn das Kindergeld oder der Kinderfreibetrag ersetzt in der Tat<font color="#FF0000"> BEI WEITEM</font> nicht die Aufwendungen und Kosten die bei der Erziehung eines Kindes wirklich anfallen. Es gibt Studien nach denen die Erziehung eines Kindes 500.000 DM (oder waren es US-Dollar) kostet. Dabei ist natürlich alles einberechnet. Denn ein Kind braucht was zu essen, muß irgendwo auch Taschengeld bekommen, braucht was zum Anziehen, braucht ein Zimmer, das Zimmer muß beheizt werden, das Kind braucht Lehrbücher, Schulmaterial, vielleicht gibt's auch Nachhilfekosten, das Kind braucht ein Weihnachtsgeschenk auch wenn's nicht unbedingt was pompöses riesengroßes sein muß, das Kind muß auch zum Frisör, für das Kind fallen auch mal Medikamentenzuzahlungen an wenn man in die Apotheke geht, das Kind braucht eine Fahrkarte um zur Schule zu kommen, ein normales Kind hat heute auch ein Fahrrad,...
Ich denke ich brauche die Liste nicht fortzusetzen um deutlich zu machen, daß der"Witzbetrag" von 300 oder 400 DM (oder wie hoch ist das Kindergeld?) bei weitem nicht ausreicht. Im Grundgesetz steht irgendwas von besonderem Schutz und der Förderung der Familie. Aber von einer besonderen Förderung kann ja hier lange nicht mehr die Rede sein wenn noch nicht mal die tatsächlich anfallenden Kosten übernommen werden.
Es hat m.E. schon seine Gründe warum heute nicht mehr soviele Kinder zur Welt kommen als noch früher und warum wir im demographischen Modell des Übergangs in Stufe 5 angelangt sind was soviel heißt wie Geburtenrate unter der Sterberate und damit negative Wachstumsziffer mit der Folge des Bevölkerungsrückgangs, einer ungesunden Überalterung der Gesellschaft und einem auf uns zukommenden Rentenkollaps. Es hat nicht nur mit neuere Verhütungsmethoden (Pille etc) und der Emanzipation und dem Karrierestreben der Frauen zu tun. Damit auch! Ja! Aber auch damit, daß Kinder heute kaum noch finanzierbar sind.
Aber um auf das eigentliche Thema zurückzukommen. Wir waren beim Vergleich eines Arbeiters mit Kind oder Kindern zum Sozialhilfeempfänger. Als Arbeitnehmer bekommt man das Kindergeld als Sozialhilfeempfänger Kindergeld + Zusatzbetrag (abhängig vom Alter des Kindes) den ich aber nicht genau auswendig weiß (liegt aber auch so im Bereich 150 bis 300 DM).
Der Unterschied: Und durch dieses Problem erlangen heute Erwerbstätige mit einem oder zwei Kindern gerade mal noch das Niveau eines Sozialhilfeempfängers. Bei einem Lohn von 2000 bis 4000 brutto bleibt nicht mehr viel übrig wenn man noch ein Kind ernähren muß. Gerade wenn man dann einberechnet, daß der Erwerbstätige oft noch Fahrtkosten (Benzin etc., Abnutzung und Wertverlust des Autos, Reparaturkosten, Inspektionskosten,...) aufwenden muß und die Medikamente selbst zuzahlen muß und wenn er ins Stadion geht einen höheren Betrag an der Kasse zahlen muß.
Rechnet man das alles zusammen (aber das ist ja nichts neues) so geht der Unterschied des"Einkommens" zwischen Sozialhilfeempfänger und vielen Erwerbstätigen in so manchem Beruf praktisch gegen Null. Der große Unterschied der bleibt: Der eine muß jeden Tag aufstehen und hat nen Chef im Kreuz sitzen.
Nicht das man mich falsch versteht. Ich bin absolut gegen ein amerikanisches System bei dem es heißt, daß man in seinem Leben insgesamt für 3 Jahre Sozialhilfe in Anspruch nehmen kann und das man ab dann sozusagen unter der Brücke schlafen kann. Jedoch kann das derzeitige System auch nicht DIE Lösung sein.
Also fasse ich zusammen: Wir haben das Problem, daß der Sozialhilfeempfänger fast das gleiche Einkommen zur Verfügung hat wie so mancher Erwebstätige.
Problem das es zu lösen gilt: Der Einkommensunterschied bzw. der Unterschied im Lebensstandard muß erhöht werden zwischen der Sozialhilfe und dem Erwerbstätigen.
1. Lösung: Man kürzt beim Geld das der Sozialhilfeempfänger erhält. Das ist m.E. nicht die richtige Lösung da man mit Sozialhilfe zwar leben kann aber bestimmt keine großen Sprünge machen kann. Sozialhilfe ist etwa das Existenzminimum.
2. Lösung: Man muß dafür sorgen, daß jemand der jeden Tag seine Arbeit ordentlich macht noch etwas mehr übrig hat als der Sozialhilfeempfänger. Dieses"mehr" muß angemessen sein und kann nicht nur 100 DM oder 200 DM sein. Denn sind wir mal ehrlich: Wer für 100 oder 150 DM mehr im Monat jeden Tag aufsteht und zur Arbeit pilgert ist wohl ein armes Schwein der wirklich jeden Pfennig drei- und viermal umdrehen muß (vielleicht um seine Familie zu ernähren).
Das es so nicht bleiben kann ist klar. Denn ich kann irgendwie auch die Leute verstehen die wegen 100 DM mehr im Monat eben nicht arbeiten und dann doch lieber zum Sozialamt gehen. Die Reaktion ist nur verständlich. Denn wer ist in Zeiten, in denen die Schwarzarbeit als Kavaliersdelikt gilt, wirklich noch so <font color="#FF0000">ehrlich</font> und sagt sich:"Ich gehe aus Prinzip nicht auf die Sozialhilfe und arbeite auch wenn ich nur 100 DM mehr bekomme".
Diese Menschen würde ich daher nicht als Schmarotzer bezeichnen da sie nur ihren Menschenverstand einsetzen und sie auch menschlich handeln wenn sie abwägen zwischen dem Mehrwert wenn sie arbeiten gehen (+100 DM in meinem Beispiel hier) und dem Verlust (20 mal im Monat aufstehen und arbeiten gehen in meinem Beispiel) und dann zum Entschluß kommen doch lieber auf's Sozialamt zu gehen. Das Problem ist hier die Gesetzgebung.
Dennoch gibt es natürlich Schmarotzer. Das sind DIE Sozialhilfeempfänger die das sog."Erschleichen von Sozialleistungen" in <font color="#FF0000">großem Ausmaß betreiben sozusagen jeden Monat ihre Kohle vom Sozialamt abholen und meinen"Null Bock auf Arbeit" und gleichzeitig irgendwo ihren KOMPLETTEN Monatslohn regelmäßig jeden Monat schwarz einkassieren. Das ist dann auch kein Kavaliersdelikt mehr. Das ist für mich sowohl <font color="#FF0000"> SCHWERER BETRUG als auch gleichzeitig"schmarotzen"</font>.
Viele Grüße
Sascha
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