- @Yihi - Galiani, 25.11.2001, 13:47
- Re: @Yihi - Pancho, 25.11.2001, 14:04
- Re: @Pancho - Danke! Sollte kein Vorwurf gewesen sein! - Galiani, 25.11.2001, 14:25
- Re: @Pancho - Danke! - Pancho, 25.11.2001, 14:52
- Re: @Pancho - Danke! Sollte kein Vorwurf gewesen sein! / wichtige Postings mT - JÜKÜ, 25.11.2001, 15:21
- Re: @Galiani - vielen Dank für das Reinstellen Deiner Postings, die auch ich - André, 25.11.2001, 18:33
- Re: @Pancho - Danke! Sollte kein Vorwurf gewesen sein! - Galiani, 25.11.2001, 14:25
- Re: Das Thema ist nicht gestorben! - R.Deutsch, 25.11.2001, 18:59
- @R.Deutsch Re: Das Thema ist nicht gestorben! - Galiani, 26.11.2001, 11:33
- Re: Liberalismus - R.Deutsch, 25.11.2001, 22:05
- Re: Liberalismus - Galiani, 26.11.2001, 12:34
- Re: Klarstellung - R.Deutsch, 26.11.2001, 14:10
- Re: Liberalismus - Galiani, 26.11.2001, 12:34
- Re: @Yihi - Pancho, 25.11.2001, 14:04
Re: Liberalismus
Lieber Galiani,
Du schreibst:
Ich habe mir ziemlich viel Zeit genommen, um ein (nicht nur in diesem Forum) weitverbreitetes Mißverständnis zu beleuchten, das man gewöhnlich in dem Satz zusammenfaßt:"Regeln des zwischenmenschlichen Zusammenlebens wurden von Menschen geschaffen und können deshalb auch jederzeit vom Menschen geändert werden!" Dieser Satz ist falsch. Da er aber sinngemäß von einer Autorität wie R.Deutsch im Forum gepostet worden war, schien es mir angebracht und WICHTIG, den Forumsmitgliedern meine bzw. die Gedanken großer Denker wie Ferdinando Galiani und F.A. v. Hayek zu diesem Thema mitzuteilen:
Nämlich, daß dieser Satz nicht nur falsch ist, sondern auch sehr weitreichende gesellschaftliche und auch eminent wirtschaftliche Implikationen hat. Das Thema gehört deshalb meiner Meinung nach durchaus in dieses Forum. Ganz abgesehen davon, daß die in diesem Satz - zwar menschlich verständliche, aber, wenn man es recht bedenkt, doch
selbstgerechte und arrogante Irrmeinung für einige der schlimmsten Katastrophen der Menschheit (mit-)verantwortlich ist.
Das ist natürlich heftig, aber ich denke, dass Du hier zwei ganz verschiedene Ansätze einfach vermischst. Ich will mal versuchen, sie wieder zu trennen und dabei zu zeigen, was ich gemeint habe mit dem Satz:"Lieber Nereus, Du musst Dich mal entscheiden, als was der Mensch zu betrachten ist, als freies, selbstbestimmtes, selbstverantwortliches Wesen, das in
freier Entscheidung sich einer Gemeinschaft anschließt, oder als Teil einer Gemeinschaft, in die er hineingeboren wurde, zu der er gehört und deren Regeln er sich zu unterwerfen hat.
Das sind zwei völlig konträre Menschenbilder. Im ersten Fall entstehen Moral, Gesetze und Gesellschaft in freier Übereinkunft selbstbestimmter Individuen - auch Religionen sind dann so entstanden. Im zweiten Fall wird von einer imaginären übergeordneten Instanz alles verordnet..."
Gegen diese Aussage führst Du das Zitat von Galiani ins Feld:
Ich bin der festen Überzeugung, daß von all den unerhört nützlichen und wunderbaren Einrichtungen unseres bürgerlichen Lebens [G: Darin auch die von Ihnen erwähnte Moral, die Gesetze, die Religion u.s.w.] keine einzige eigentlich das Ergebnis der Weisheit unseres Geistes ist, sondern daß sie uns ausnahmslos von einer wohlgesonnenen, gütigen Vorsehung in einem ganz wörtlichen Sinne geschenkt worden sind.
Hier bin ich nun in der Tat anderer Meinung. Ich glaube, wie Hoimar von Dithfurt es in seinem gleichnamigen Buch sehr schön beschrieben hat, dass der Geist nicht vom Himmel gefallen ist, sondern sich auf eine wunderbare Weise hier auf Erden entwickelt hat. Moral, Gesetze, Religion usw. sind nach meinem Verständnis von Menschen entwickelt worden und nicht von einer gütigen Vorsehung geschenkt. Ich glaube nicht, dass wir von einer Vorsehung gelenkt werden, deren Willen wir vollziehen (in deren Hand wir sind), sondern, dass wir uns durchaus entscheiden können und für unser Handeln verantwortlich sind. Moral, Gesetze und Religion sind in einem langen Prozess entstanden, weil die Menschen sie sich selbst auferlegt haben. Aber daraus folgt natürlich, dass Moral, Gesetze und Religion nicht beliebig sind, und von jedem der neu auf diese Welt kommt geändert werden können. Natürlich werden wir alle zunächst in eine Gemeinschaft geboren, und die uralten kulturellen Erfahrungen dieser Gemeinschaft (Sprache, Sitten etc.) werden uns übertragen, ohne dass wir viel dazu tun. Aber es kommt der Punkt, wo wir uns bewusst entscheiden können, dieses Angebot anzunehmen, es zu verändern, oder auch eine andere Gemeinschaft zu wählen - diese Freiheit haben wir.
Wenn Du dann aber schreibst:
Die Kritiker unserer Marktwirtschaft, denen die Freiheit vielfach kein Anliegen ist, verkennen, daß eine solche Gesellschaftsordnung nur möglich ist, wenn starke Institutionen den Eigenwert des Menschen hochhalten und dafür sorgen, daß niemandem seine Freiheit genommen wird: die Freiheit jedes Menschen, sein eigenes Glück, wie er es versteht, zu suchen
so sind wir damit auf einer ganz anderen Baustelle, wie ich meine. Hier geht es nicht mehr um die Frage, ob uns Moral, Gesetze, Religion von einer außerirdischen Instanz geschenkt, oder ob sie von Menschen entwickelt wurden, sondern um die Frage, ob wir Moral, Gesetze und Religion locker ändern und aufs Spiel setzen können. Hier stimmen wir natürlich wieder überein. Wenn Du mit starken Institutionen so etwas wie Meinungsfreiheit, Pressefreiheit, Rechtsstaat, Parlamentarismus, freie Marktwirtschaft etc. meinst, so bin ich ganz bei Dir. Diese Institutionen sind in einem langen Kampf von Menschen erschaffen worden (nicht von einer Vorsehung geschenkt worden) um - wie Du schön schreibst - jedem Menschen die Freiheit zu gewähren, sein eigenes Glück, wie er es versteht zu suchen und eben nicht nur als Untertan einer Gemeinschaft zu funktionieren.
Diese Institutionen sind uns von unseren Vorfahren"geschenkt" worden, da hast Du recht, die sie auch für uns erkämpft haben. Umso wichtiger ist es, dass wir sie jetzt auch verteidigen, gegen alle möglichen Ottokataloge.
Gruß
Reinhard
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