- Autsch-Hankel, wer soll das denn glauben?:( - McMike, 28.11.2001, 22:50
Autsch-Hankel, wer soll das denn glauben?:(
Ein zweiter Heinrich Brüning?
Hans Eichels Sparkurs wird zur Gefahr. Das Warten auf die US-Erholung ist ein politisches Armutszeugnis
Ein ökonomischer Bin Laden hätte es nicht raffinierter planen können: Zeitgleich mit der Einführung des Euro bricht in weiten Teilen von Euro-Land die Konjunktur ein, und das Epizentrum der EU-Krise ist ihre stärkste Volkswirtschaft, die deutsche.
Dass dies weder Zufall noch Schicksal ist, zeigt der Vergleich mit den USA. Zwar ist die Konjunktur auch dort zusammengebrochen, doch aus anderem und einleuchtenderem Grund: Man hatte zu lange zu viel investiert (in New Economics) statt zu wenig. Und nun bereiten Staat und Zentralbank den Boden für den neuen Aufschwung. Der Staat verschuldet sich, damit sich die Wirtschaft entschulden kann, und die Zentralbank lädt zu neuer Verschuldung über billige Kredite ein. Die Leute haben ihren Keynes gelesen und halten ihn nicht für tot.
Ganz anders in Euro-Land. Hier sorgt ein neues Währungsregime dafür, dass eine Inflation bekämpft wird, die weltweit bereits besiegt ist - durch einen globalen Konjunktur-Rückschlag, der weder hohe Ã-lpreise noch exzessive Lohnforderungen zulässt. Jetzt rächt sich, dass die Europäische Zentralbank (EZB) nur ein Ziel kennt: den Schutz vor der Inflation und nicht der weitaus gefährlicheren Deflation. Aber vor unerwünschter Geldentwertung können sich die Menschen zur Not selbst schützen: durch Verlagerung ihrer Ersparnisse in eine andere, härtere Währung. Dagegen sind sie Deflation, Krise und Arbeitsplatzverlust hilflos ausgeliefert: Das"Humankapital" ist gefesselt an die Arbeitschance vor der Haustür.
Statt diese Defizite des Euro-Systems beherzt zu korrigieren, verstärken EZB wie EU-Finanzminister - allen voran der deutsche - sie noch nach Kräften! Die EZB bleibt über den Zinsen des Dollarraums, und Hans Eichel spielt den Heinrich Brüning. Dieser Unglücksrabe deutscher Politik hatte zu Beginn der 30er Jahre durch unsinniges Staats- und Haushaltssparen die damalige Krise zur Katastrophe eskalieren lassen und damit sich und die junge deutsche Demokratie in die Luft gesprengt.
Es wird zur koordinierten Unprofessionalität, wenn ausgerechnet Grüne dem roten Finanzminister aus prinzipiellen Gründen (nachhaltige Währungsstabilität, keine Überschuldung unserer Kinder) ständig raten, ja nicht von seinem Sparkurs abzulassen. Zwar sind Deutschlands Gesetze unendlich viel klüger als seine Politiker: Sie schreiben dem Finanzminister zur Abwehr eines,"gesamtwirtschaftlichen Ungleichgewichts" vor, den Haushalt"konjunkturgerecht" zu führen (Art. 109 Grundgesetz). Denn auch unsere Kinder haben ein Recht auf Demokratie und soziale Stabilität.
Wenn dieser Minister sich aber nicht daran hält, dann müssen auch die Bürger zur Selbsthilfe übergehen, nämlich zur Kapital- und Steuerflucht. Eine EU, die sich nur über die Erholung in den USA aus ihrer selbst gestrickten Krise befreien kann, stellt sich selbst ein Armutszeugnis aus. Sie kann nicht einmal ihre eigenen Defekte beheben. Wie soll das die EU-Bürger begeistern und die, die es noch immer werden wollen? Der alte Kontinent kann mehr leisten, als seine Führungsmannschaft glaubt und weiß - offenbar aber nur mit anderen Leuten und neuen Konzepten.
E-Mail: wilhelm.hankel@woche.de
gruss mcmike
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