- Schuldenhannes - mit Vollgas in den Staatsbankrott... (mit Spiegel-Artikel) - Tobias, 01.12.2001, 18:47
- Resultat des staatl. Schuldenmachens: Arbeitslosigkeit steigt rapide (mA) - Tobias, 01.12.2001, 18:56
Schuldenhannes - mit Vollgas in den Staatsbankrott... (mit Spiegel-Artikel)
... werden wir von unseren Politikern geritten - allen voran schreitet derzeit der Schuldenhannes, der zwar stets vom Sparen redet, aber mitsamt der Mehrheit im Parlament Tag für Tag das Gegenteil tut. ER macht neue, zusätzliche Schulden in exorbitanter Höhe. Das Staatsschulden-Gaspedal bleibt weiterhin voll bis zum Anschlag durchgetreten. Und HIER liegt das Übel: (Staats-) Schulden, Schulden, Schulden. JEDER Termin bzgl. 'ausgeglichenem Haushalt' etc. wurde bislang nach hinten verschoben - in die Zukunft. Wenn wir gerade lesen konnten, das Argentinien mit 50% Staatsverschuldung"Probleme" hat und die Anleihen entsprechend krachen, dann muss man wissen, dass unsere Politker unseren Schuldenstand auf >60% v. BIP geritten haben. Um uns steht's also schlechter, weil der Schuldenberg absolut+relativ viel höher ist, von dem wir runtergucken. Andererseits - könnte man einwenden - haben wir im Vergleich zu Japan natürlich noch viel Luft nach oben und könnten das 'Problem' noch prolongieren. Aber das geht ja wg. der Maastricht-Kriterien nicht - oder doch ;-)?
Spiegel-Artikel:
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STAATSHAUSHALT
Aus der Traum
Deutschland bekommt seine Schulden nicht unter Kontrolle und gefährdet womöglich, kurz vor dessen endgültiger Einführung, die Stabilität des Euro. Finanzminister Hans Eichel schiebt sein Ziel, die öffentlichen Haushalte auszugleichen, immer weiter nach hinten.
REUTERS
Finanzminister Eichel: Auf den letzten Platz zurückgefallen
Es war eine ebenso mutige wie kraftvolle Vision. Spätestens 2004, verkündete Bundesfinanzminister Hans Eichel im Juni vergangenen Jahres voller Hoffnung, werde Schluss sein mit dem staatlichen Schuldenmachen: Zum ersten Mal seit 1989 würden Bund, Länder, Gemeinden und Sozialversicherungen dann einen ausgeglichenen Haushalt vorlegen.
Die Vision war zu schön, um wahr zu werden. Die bittere Realität ereilte den obersten Haushälter der Republik am vorvergangenen Freitag bei den deutsch-französischen Regierungskonsultationen in Nantes. Während der Bundeskanzler mit Frankreichs Staatschef Jacques Chirac über das Für und Wider einer europäischen Verfassung diskutierte, kämpfen Eichel und sein französischer Kollege Laurent Fabius mit den Niederungen der Haushaltspolitik.
Die Reiselektüre, die ihm seine Beamten für den Frankreich-Trip mitgegeben hatten, musste selbst einem hartgesottenen Zahlenmann wie Eichel auf die Stimmung schlagen: der Entwurf für das deutsche Stabilitätsprogramm, also den Zustandsbericht über die Staatsfinanzen, den die Bundesregierung jedes Jahr an die EU-Kommission liefern muss. Was der Finanzminister dort auf 43 Seiten zu lesen bekam, ließ ihn sofort zum Handy greifen.
DER SPIEGEL
Entwicklung des gesamtstaatlichen Defizits laut Stabilitätsprogramm
Wenn er schon seine Zahlen nach unten korrigieren müsse, dann solle doch wenigstens eine so unschöne Vokabel wie"Risikoszenario" aus dem Text verschwinden, ließ er seine Statthalter in Berlin wissen. Die reagierten umgehend: Streiche"Risikoszenario", setze"Szenario mit deutlich geringeren Wachstumsannahmen". Hört sich schon weniger düster an.
Am Mittwoch legt Eichel den - zumindest sprachlich optimierten - Bericht dem Bundeskabinett vor. Spätestens dann ist amtlich, was schon seit Wochen vermutet wurde: Die kraftvolle Vision des Finanzministers hat sich in Luft aufgelöst.
Bund, Länder und Gemeinden werden weiter Schulden machen - 2004 und auch 2005. Besonders bitter für den Kanzler und seinen Finanzminister: Ihr erklärtes Ziel, spätestens 2006 einen ausgeglichenen Bundeshaushalt vorzulegen, werden sie wohl auch kaum erreichen. Aus der Traum.
Zehn Monate vor der Bundestagswahl muss der Kanzler damit erneut eines seiner zentralen Versprechen kassieren. Weder wird es die Regierung schaffen, die Zahl der Arbeitslosen auf 3,5 Millionen zu drücken, noch werden die Sozialabgaben unter 40 Prozent des Bruttolohns fallen.
Jetzt rächt sich, dass die Regierung 1999 und im Boomjahr 2000 vor einschneidenden Strukturreformen und zusätzlichen Kürzungen zurückgeschreckt ist. Die weltweite Wirtschaftsflaute, die sich nach den Terroranschlägen noch verschärft hat, trifft Deutschland nun besonders hart.
Dem Staat brechen die Steuereinnahmen weg, gleichzeitig steigen die Ausgaben für die Arbeitslosigkeit. Der einzige Ausweg aus dem Dilemma: neue Schulden.
In keinem Land der Euro-Zone ist die Staatskasse in einem so schlechten Zustand wie in Deutschland: nicht in Spanien und auch nicht in Belgien. Selbst Italien, früher als Meister des Schuldenmachens berüchtigt, steht inzwischen finanzpolitisch solider da. Ex-Vorbild Deutschland ist auf den letzten Platz zurückgefallen.
Vier Wochen vor dem endgültigen Start des Euro gefährdet ausgerechnet Deutschland Ansehen und Erfolg der Gemeinschaftswährung. Dabei waren es doch die Deutschen, die mit dem"Stabilitäts- und Wachstumspakt" die früheren Weichwährungsländer auf Sparkurs zwangen.
"Viele, die monströse Hinrichtungsmaschinen entwerfen, fallen diesen zuweilen selbst zum Opfer", spottet der angesehene"Economist". Eichels Stabilitätsprogramm für die EU-Kommission enthält zwei Szenarien: Eine optimistische"Standardvariante" sieht nach wie vor einen ausgeglichenen Haushalt bis 2004 vor. Doch so viel Optimismus ist selbst dem Finanzminister fremd.
DER SPIEGEL
Schlusslicht Deutschland
Die sehr viel realistischere"Risikovariante" dagegen ist mehr als düster: Fällt das Wachstum in den nächsten Jahren tatsächlich schwächer aus,"ließe sich der dargestellte Defizitabbau nur durch schärfere Einschnitte auf der Ausgabenseite erreichen", heißt es in der Kabinettsvorlage."Ein solches Hineinsparen in einer konjunkturell schwierigen Phase wäre jedoch kontraproduktiv."
Die Folge: Das Staatsdefizit verharrt in diesem und im nächsten Jahr bei 2,5 Prozent des Bruttoinlandsprodukts, der Summe aller produzierten Güter und Dienstleistungen; es sinkt erst 2003 auf 1,5 Prozent und pendelt sich 2004 und 2005 bei einem Prozent ein. Die Zahlen wirken niedlicher, als sie sind: Ein Zehntel Prozentpunkt beim Defizit bedeutet vier Milliarden Mark mehr oder weniger Schulden. Und so werden Bund, Länder und Gemeinden 2004 und 2005 jeweils 40 Milliarden Mark neue Schulden aufnehmen - nicht gerade ein ausgeglichener Staatshaushalt.
Aus der Traum (2)
Zurück zum 1. Teil
Der ist jetzt erst für das Jahr 2006 vorgesehen. Das gewagte Versprechen ließ Eichel in letzter Minute in die Kabinettsvorlage einfügen - nachdem die Brüsseler Eurokraten darauf gedrängt hatten, spätestens 2005 auf eine Null zu kommen. Die EU-Kommission kann schlechte Zahlen aus Deutschland nicht gebrauchen. Das Versagen der größten europäischen Volkswirtschaft, so ihre Angst, werde unweigerlich das Vertrauen in den Euro erschüttern.
Eichel ließ prüfen, ob man die Kalkulation für Brüssel vielleicht doch noch schönen könnte. Ausgeschlossen, meldeten die Experten. Dafür müssten Bund, Länder und Gemeinden allein 2005 etwa 70 Milliarden Mark einsparen oder aber - genauso unrealistisch - die Wirtschaft in den nächsten Jahren drei Prozent wachsen.
DER SPIEGEL
Euroland insgesamt
Die weltweite Konjunkturflaute als einzige Ursache für das deutsche Haushaltsdefizit? Damit wird Eichel bei der EU-Kommission nicht durchkommen."Seit 1999 ist der Konsolidierungsprozess in den drei größten Ländern der Euro-Zone zum Stillstand gekommen", schimpfte Klaus Regling, Generaldirektor bei EU-Finanzkommissar Pedro Solbes, vergangene Woche auf einer Veranstaltung der Friedrich-Ebert-Stiftung in Berlin. Eichels Staatssekretär Caio Koch-Weser saß neben ihm auf dem Podium und schwieg betreten.
Die Spannungen zwischen Berlin und Brüssel sind nicht ohne Komik, denn Regling, der in Brüssel über die Einhaltung des Stabilitätspakts wacht, verdankt seinen Job auch einer Empfehlung Eichels.
Niemand ahnte Mitte der neunziger Jahre, als das Stabilitätsgerüst für den Euro gezimmert wurde, dass ausgerechnet die Deutschen am meisten darunter leiden würden. Damals trieb Theo Waigel und Hans Tietmeyer, Finanzminister der eine, Bundesbankpräsident der andere, die Sorge um, die Euro-Beitrittsländer würden nur so lange sparen, bis sie die strengen Maastricht-Kriterien erfüllt hätten.
Das galt es zu verhindern. So arbeiteten Waigels Experten Ende 1995 den Verhaltenskodex aus, Sanktionen inklusive. Überfallartig konfrontierte Waigel die Partner mit seinem Plan."Das ist nicht unser Konzept von Demokratie", maulte Frankreichs damaliger Premierminister Alain Juppé. Doch auch er hatte keine andere Wahl, als sich dem Diktat des Deutschen zu fügen.
Die Länder der Währungsunion müssen nun selbst in wirtschaftlich ungünstigen Zeiten ihr Defizit unter drei Prozent des Bruttoinlandsprodukts halten. Nur bei schweren Rezessionen oder Naturkatastrophen dürfen sie die Drei-Prozent-Marke überschreiten, sonst sind empfindliche Strafen fällig.
"Seit 1999 ist der Konsolidierungsprozess in den großen Ländern zum Stillstand gekommen"
Wie sehr Deutschland an den eigenen Ansprüchen gescheitert ist, illustriert eine weitere Forderung des Stabilitätspakts. Seit 1999 sollten die Haushalte der Mitgliedsländer in wirtschaftlicher Normallage ausgeglichen sein. Später verschoben die Finanzminister den Termin auf 2002. Immerhin acht Länder der EU werden die Vorgabe im nächsten Jahr voraussichtlich erfüllen, darunter Griechenland. So war es nur folgerichtig, dass ausgerechnet Eichel versuchte, den Stabilitätspakt aufzuweichen. Fern der Heimat, in der lettischen Hauptstadt Riga, dachte er laut nach. Möglicherweise sei es doch sinnvoller, die Staatsausgaben und nicht die Defizite zu begrenzen."Sie können einen Staatshaushalt planen, was die Ausgabenseite betrifft; die Einnahmeseite können Sie aber nicht planen", begründete er seinen Vorstoß. Tatsächlich: Das Auf und Ab der Konjunktur macht es jedem Finanzminister schwer, das Defizit zu kalkulieren.
Der deutsche Finanzminister als Manipulator des Stabilitätspakts? Eichels Vorstoß sorgte für so viel Aufmerksamkeit, dass er eilig zurückruderte. Doch auch in seinem Bericht für die EU-Kommission plädiert er dafür, den Konsolidierungserfolg nicht allein am Etatdefizit zu messen.
Zusätzlich solle auch das so genannte strukturelle Defizit berücksichtigt werden, das anzeigt, wie viel Schulden der Staat macht, wenn die Einflüsse der Konjunktur herausgerechnet worden sind. Eichels Kalkül: Deutschland, das in diesem Jahr besonders hart vom Abschwung getroffen wurde, stünde besser da, die Überschussländer unter Umständen schlechter.
Die EU-Kommission hält von solchen Gedankenspielen nicht viel."Wir bleiben bei den Defizitzielen, so wie sie im Stabilitätspakt verankert sind", wehrt Generaldirektor Regling ab:"Die sind transparent und einfach zu verstehen - auch von Politikern."
CHRISTIAN REIERMANN
Gruß in die Runde
Tobias
<ul> ~ Link - Das Bild lohnt sich</ul>
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